Im Streit zwischen Eon und den Stadtwerken Castrop-Rauxel deutet einiges daraufhin, dass eine außergerichtliche Einigung vom Tisch ist. Es geht um den Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs. Jens Langensiepen, Chef des Castroper-Rauxeler Energieanbieters, zeigt sich wegen des Vorwurfs allerdings entspannt. Mit der derzeitigen Situation ist er zufrieden.
Ein Rückblick: Im Herbst 2022 kündigten die Stadtwerke aufgrund der stark gestiegenen Preise allen Kunden mit Laufzeitverträgen für Gas und Strom zum Jahresende. 4700 Verträge waren das damals. Der Clou: Wer eine Vollmacht unterzeichnete, dem sagten die Stadtwerke zu, ihn automatisch wieder zurückzuholen, wenn die Preise wieder günstiger würden als beim Grundversorger. Das passiert gerade.
Grundversorger ist Eon. Und der Energieriese zeigte sich wenig begeistert von der Aktion der Stadtwerke Castrop-Rauxel, die bundesweit Aufmerksamkeit bekam. Dr. Filip Thon, Vorstandsvorsitzender von Eon, schrieb Jens Langensiepen einen Brief. Es folgte der rechtliche Schritt. Am 21. März gab es einen mündlichen Termin am Landgericht Bochum. Der Wunsch des Richters: Man möge zu einer außergerichtlichen Einigung kommen.
Urteil könnte im Juni fallen
Doch der Termin der Urteilsverkündung am 13. Juni am Landgericht steht weiter. Auf Anfrage dieser Redaktion schreibt eine Eon-Sprecherin: „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zum aktuellen Stand des laufenden Gerichtsverfahrens nicht äußern möchten.“ Dem Magazin Energie und Management gegenüber äußerte sich das Unternehmen sogar noch konkreter: Man wolle „der schriftlichen Urteilsverkündung durch das Gericht nicht vorgreifen.“
Jens Langensiepen betont, die Stadtwerke hätten zu jeder Zeit die Bereitschaft für eine außergerichtliche Einigung signalisiert. Zur mündlichen Verhandlung im März informiert er: „Hier hat das Gericht durchblicken lassen, dass die Vollmachtslösung per se nicht zur Disposition steht, sondern allenfalls einzelne Formulierungen in der Vollmacht.“
Weiter sagt er: „Vor dem Hintergrund, dass wir bis dahin ca. 2000 Kundinnen und Kunden zu den Stadtwerken zurückgeholt haben werden und mit Blick auf die gerichtliche Einschätzung aus dem ersten Termin, schauen wir mit einer gewissen Gelassenheit auf die Urteilsverkündung und mit der Gewissheit, dass wir im besten Interesse unserer Kundschaft gehandelt haben.“
Gas- und Stromkunden zurückgeholt
Anfang April haben die Stadtwerke Castrop-Rauxel rund 500 ehemalige Gaskunden, die eine Vollmacht erteilt hatten, zurückgeholt. „Ganz aktuell melden wir ca. 1500 ehemalige Stromkunden, die uns ebenfalls eine Vollmacht erteilt hatten, wieder bei uns an, mit dem Ziel, diese zum 1. Juni wieder in die Belieferung zu übernehmen“, so Jens Langensiepen. Der 1. Juni ist der Termin, an dem Eon die Preise in der Grundversorgung deutlich erhöht.
Die neuen Strom-Tarife für Bestandskunden der Stadtwerke Castrop-Rauxel sehen ab Juni so aus: Der Arbeitspreis für Haushaltsstrom beträgt 31,99 Cent pro Kilowattstunde, der Grundpreis beträgt 11,95 Euro pro Monat. Bei Eon werden dann 49,44 Cent statt wie bisher 30,85 Cent berechnet. Der Grundpreis sinkt allerdings von rund 190 auf knapp 150 Euro.
Zulauf wegen neuer Akquisepreise
Auch im Rückblick sieht sich Jens Langensiepen bestätigt: „Ich persönlich bin froh und dankbar, dass es uns mit unserem unkonventionellen Lösungsansatz gelungen ist, unsere Kundinnen und Kunden bestmöglich durch die sehr schwierige Zeit der Energiekrise zu navigieren. Wir erleben aktuell im Kundenbüro täglich, dass dies von den Menschen honoriert wird.“
Aufgrund der neuen Akquisepreise im Strom hätten die Stadtwerke Castrop-Rauxel derzeit einen starken Zulauf im Kundenbüro, so Langensiepen. Ziel in den kommenden Wochen sei es, neben den 2000 Verträgen bisher, auch weitere frühere Kunden wieder zum Unternehmen zurückzuholen.
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