Nina Koch sagt, sie wolle gar nicht über den Energiespar-Plan zetern und schimpfen. „Aufgeregt haben wir uns schon genug“, meint sie und spielt damit auf den Protestzug zur Ratssitzung, aber auch die vielen Diskussionen hinter den Kulissen in den vergangenen Tagen und Wochen an. Sie wolle aufzeigen, was Vereinssport für sie eigentlich bedeutet. Aus der Sicht der Judoka Rauxel, „wobei es bei den anderen Vereinen nicht anders sein wird“.
Die einstige Bundesliga-Judoka, Trägerin des Sport-Ehrenpreises der Stadt Castrop-Rauxel, schreibt in einem Gastbeitrag für unsere Redaktion:
Mit Entsetzen haben wir die Nachricht aufgenommen, dass wir in nächster Zeit im wöchentlichen Wechsel bei nur noch 10 Grad trainieren können. Als erstes kam die Angst auf, dass wir wie schon während der Corona-bedingten langen Schließung der Turnhalle der Waldschule viele Mitglieder verlieren könnten. Wir werden zwar Training anbieten, aber in welchem Rahmen, werden wir sehen; denn keiner von uns hat Erfahrung damit, bei 10 Grad auf die Matte zu gehen.
Aber was bedeutet überhaupt Vereinssport? Das ist viel mehr als nur Sport treiben. Dass Sport wichtig ist, ist jedem klar: um körperlich gesund zu bleiben, um den Geist fit zu halten. Sich in der Schule zu konzentrieren oder auf der Arbeit leistungsfähig zu sein geht besser, wenn man ausgeglichen ist, wenn man keine Rückenschmerzen hat und Stress abbauen konnte.
Im Jahr 1987 gründete sich der Verein unter dem Motto „Wir sind die Judoka Rauxel … bei uns ist jeder willkommen!“ Nina Koch, eine der erfolgreichsten Judoka der Stadt, führt ihn seit Jahren unter Einbezug der ganzen Familie inklusive Ehemann Heinz-Jürgen. Die Turnhalle der Waldschule ist das Zuhause des Vereins. Sie soll nach den Plänen der Stadt ab Weihnachten im wöchentlicher Wechsel nur noch auf 10 Grad / 17 Grad geheizt werden, um Energie zu sparen.
Wir helfen mit dem Judo-Training Kindern und Erwachsenen. Bei Kindern sorgen wir dafür, dass sie sich austoben können. Raufen nach festen Regeln, sich mit anderen körperlich messen, ohne jemandem weh zu tun – wo ist das sonst möglich? Kinder lernen bei uns sich und ihren Körper, ihre Grenzen und Möglichkeiten kennen.
Gerade beim Judo stehen Werte an oberster Stelle: Mut, Höflichkeit, Respekt, Selbstbeherrschung, Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Ernsthaftigkeit, Wertschätzung und Bescheidenheit. Das vermitteln wir den Kindern und Erwachsenen mit viel Herzblut.

Werte, die nicht nur auf der Judomatte, sondern im ganzen Leben sehr, sehr wichtig sind. Sportvereine vermitteln nicht nur sportliche Fertigkeiten, sondern Werte, die in der heutigen Gesellschaft wichtiger sind als je zuvor.
Wir sind die Trainer, die neben Schule, Studium, Ausbildung, Beruf und Familie unsere Zeit in den Verein investieren: Training planen und leiten, Ausflüge und Wochenendfreizeiten anbieten, Wettkämpfer auf Turnieren betreuen, zu Hause die Kasse machen, Prüfungen planen, Versammlungen organisieren und noch so vieles mehr. Diesen Einsatz zeigen wir gerne, denn wir bekommen dafür viel zurück: lachende Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die Spaß haben, persönliche Erfolge feiern, im Verein Freundschaften knüpfen.
„Es steckt viel mehr dahinter“
Aber es steckt noch viel mehr dahinter, denn wir als Verein wären nichts ohne das Engagement unserer Judo-Eltern. Sie engagieren sich, sammeln Spenden, backen Kuchen, planen Aktionen, unterstützen andere Eltern.
Natürlich kann man es nie allen Recht machen. Und dass gespart werden muss, ist allen klar. Aber wenn Turnhallen zu Eishallen werden, dann heißt das nicht nur, dass viele Castrop-Rauxeler einige Zeit keinen Sport machen können. Es bedeutet viel mehr.
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