Gewaltszenen auf offener Straße: Wenn so etwas geschieht, bei Tageslicht und unter den Augen der Öffentlichkeit, dann kochen die Gemüter hoch. So geschehen seit Montag in Castrop-Rauxel. Um 14 Uhr kam es am Hauptbahnhof zu einer Attacke mit einer Eisenstange, erst zwischen zwei bis drei Männern, dann gegen ein Auto. Nun ist der Aufschrei groß, die Kommentare bei Facebook gehen rauf und runter. Und man fragt: Wo ist unser Rechtsstaat?
Es wird ermittelt. Die Polizei sammelt Details, hat ein Video zur Auswertung vorliegen, das seit Montagnachmittag durch WhatsApp und seit Dienstag auf Facebook kursiert. Und hat eine Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung. Vielen, die das in unserem Bericht lasen, reicht das aber nicht.
„So lange sie sich gegenseitig an die Gurgel gehen, ist mir das sowas von egal“, schreibt jemand bei „Du bist Castroper, wenn...“ auf Facebook. Aber er ist in der Minderheit: Viele fordern harte Strafen bis hin zur Abschiebung. Es geht um das Sicherheitsgefühl, um „Es wird immer schlimmer“ und um „härter durchgreifen“. „Wie waren Ihre Worte noch, Herr Kravanja?“, fragt einer und verlinkt ein Video: „Es war kein Problemviertel, es ist kein Problemviertel“, sagte der vor Monaten, als an der Wartburgstraße zwei Gruppen in einer Massenschlägerei aufeinander losgingen.
„Im Rahmen der Ermittlungen zu den Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung werden Zeugen vernommen und die Videosequenzen gesichtet und bewertet“, sagt Corinna Kutschke auf Nachfrage unserer Redaktion, ob „lediglich“ wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt werde. „Sollten sich dabei Hinweise auf weitere Straftaten ergeben, werden diese ebenfalls mit aufgenommen und geprüft.“
Vielen Menschen geht es um mehr. Um eine politische Dimension. Kommunalpolitiker Nils Bettinger (FDP) mischt sich in die Diskussion ein: „Ich sehe da Passanten, der fließende Verkehr ist bedroht. Da muss doch mehr passieren, als eine Anzeige wegen Körperverletzung.“
Der FDP-Fraktions- und Stadtverbands-Vorsitzende meint: „Als Lokalpolitiker kann ich nicht vermitteln, wenn solche Aktionen nahezu straffrei bleiben. Ich hoffe, es kommen mehr Hintergründe zutage. Wen sehen wir da? Welche Staatsangehörigkeit und welchen Status haben die Menschen, die auf Recht und Gesetz und die Unversehrtheit anderer Menschen offensichtlich nicht viel wert legen? Was veranlasst der Rechtsstaat?“
Gerücht um weiteren Einsatz
Einer der Beteiligten hat laut Polizei einen Wohnsitz in Rumänien. Die anderen beiden in Castrop-Rauxel, seien aber ebenfalls rumänischer Herkunft, erklärt Sprecherin Corinna Kutschke schon am Dienstag im Gespräch mit unserer Redaktion. In politischen Kreisen und stadtverwaltungsintern kursierte dieser Fall nach Informationen unserer Redaktion auch Anfang der Woche. Welches Nachspiel er hat, ist zurzeit noch offen.
In zwei der 200 Kommentare der Facebook-Diskussion weisen Nutzer auf eine weitere Eskalation an der Langen Straße in Habinghorst hin. Es habe, ebenfalls am Montag, einen Polizeieinsatz gegeben. Eine „Festnahme“ sei eskaliert. Es seien Flaschen auf Beamte geflogen.
Die Polizei aber sagt, so ein Einsatz sei nicht erfasst. „Wenn eine Festnahme eskaliert und Flaschen fliegen, dann ist uns das in der Pressestelle ganz sicher bekannt“, sagt Sprecherin Corinna Kutschke am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion. Nicht alles, was bei Facebook diskutiert wird, hat offenbar eine faktische Grundlage.
Die Gewaltszenen auf der Bahnhofstraße auf rn.de/castrop
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