
Diese schweren Kipplaster fuhren kürzlich zum ehemaligen Gelände des Dämmstoffe-Herstellers Philippine. Ecosoil will das Betriebsgelände übernehmen. Dagegen regt sich aber vor allem auf Merklinder Seite Protest. © privat
Ecosoil schafft Fakten: Unternehmen ist an Castrop-Rauxeler Stadtgrenze gezogen
Umstrittene Ansiedlung
Es war still um die geplante Ansiedlung von Ecosoil an der Stadtgrenze von Castrop-Rauxel und Bochum. Bis jetzt. Die Firma ist nun schon umgezogen. Unserer Redaktion liegen seltsame Bilder vor.
Einen Bodenaufbereitungsbetrieb? Das wollte in der Nachbarschaft keiner so gern haben. Auch in Merklinde nicht. Anwohner entlang der Gerther Straße und der Stadtteilverein formierten den Protest. Politiker aus ganz Castrop-Rauxel schlossen sich an: Dort würden Dutzende schwere Laster pro Tag rollen, um staubiges Alt-Material zum Ex-Philippine-Standort zu bringen. Und nun? Es rollen offensichtlich schon Laster an.
Alle Klagemöglichkeiten ausschöpfen
Der letzte offizielle Stand war, dass Castrop-Rauxeler Politiker alles versuchen wollten, die geplante Ansiedlung hier – auf Bochumer Stadtgebiet – noch zu verhindern. Es sollten alle Klagemöglichkeiten ausgeschöpft werden, hieß es bei einem einstimmigen Ratsbeschluss Ende November. Auch Anwohner werden nach Informationen unserer Redaktion rechtlich vertreten.
Eine Internetrecherche offenbarte aber am Montag: Die Firma Ecosoil Nord West hat ihren Verwaltungssitz schon an die Bövinghauser Straße verlegt. Anwohner bestätigen, dass hier seit Tagen Fahrzeuge ein und aus fahren. Erst seien es nur Pkw gewesen, vermutlich von Mitarbeitern, die hier ihren Büro-Arbeitsplatz haben. Ein Anruf unserer Redaktion dort bestätigte am Montag: Ja, die Verwaltung sei hierher umgezogen und arbeite nun auch dort. Aber sind damit die aktuellen Fragen unter anderem der FDP beantwortet?

Hier ist die Einfahrt in die Bövinghauser Straße ohne Laster zu sehen. Das Schild an der Zufahrt ist eigentlich nicht zu übersehen. © privat
Schwere Kipplaster der Firma wurden schon auf der recht schmalen Bövinghauser Straße gesichtet. Fotos eines Augenzeugen, die uns die FDP zuspielte, zeigen zwei Lkw, die von der Gerther Straße auf die Zufahrtstraße zum Firmengelände einbiegen. Dabei steht an der Straße ein Schild, das das zulässige Gesamtgewicht auf maximal 10 Tonnen begrenzt.
Sattelzüge bis zu 40 Tonnen schwer
Die Sattelzüge, die auf dem Foto zu sehen sind, haben eine zweiachsige Zugmaschine und einen dreiachsigen Auflieger. Diese Gespanne haben in der Regel schon ein Leergewicht von über 10 Tonnen, eine Nutzlast von rund 25 und ein zulässiges Gesamtgewicht von 40 Tonnen.
Ob sie auch schon Material abgekippt haben? Die Stadt Bochum bestätigt am Nachmittag auf Anfrage: „Tatsächlich wird das Bürogebäude bereits genutzt.“ Der Recyclingbetrieb hingegen laufe noch nicht, so Sprecher Peter van Dyk. „Die Lkw werden dort nicht entladen, sondern nur solange abgestellt, bis sie zu einem der anderen Firmenstandorte gefahren werden“, sagte er.
Ecosoil ist ein Bodenaufbereitungs-Betrieb. Auf der Website heißt es, die Firma hebe unbelastete und kontaminierte Böden und Aushubmaterialien aus, lagere sie zwischen, behandele und entsorge sie. Gereinigte Böden könne man wieder einbauen. „Stoffstrommanagement“ wird das genannt. Dessen Lautstärke- und Staub-Emissionen waren Grund des Protestes, ebenso wie ein großer zu erwartender Lkw-Verkehr über die Gerther Straße.
Das Unternehmen betreibt das Recycling-Centrum am Deininghauser Weg in Ickern (Mittelstandspark Ost) und die Bodenbehandlungsanlage Rensingstraße in Bochum-Riemke. Die muss aufgegeben werden, weil dort ein Lidl-Logistikzentrum entstehen soll. Dass Ansiedlungsinteresse in Gerthe an der Stadtgrenze zu Merklinde und Dortmund-Bövinghausen besteht, ist seit Sommer 2020 bekannt. Im September 2020 und im Juni 2021 gab es Demonstrationen mit Hunderten Teilnehmern.
Stadt: Wir werden gegen eine Genehmigung klagen
Klagen wurden angestrengt. Und die Stadt Castrop-Rauxel wird auch klagen, wenn es eine Betriebsgenehmigung für die eigentlich Arbeit der Firma am Standort geben sollte. Das kündigte Sprecherin Nicole Fulgenzi am Montag auf Anfrage unserer Redaktion an. Die Genehmigung aber lag nach Angaben der Stadtverwaltung bis Ende der vergangenen Woche noch nicht vor.
Für Büro- und Verwaltungsarbeiten, die hier schon laufen, braucht es diese Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg nicht. Und dennoch: „Es kann nicht sein, dass hier entgegen der politischen Beschlüsse und der eindeutigen Beschilderung offenbar Fakten geschaffen werden sollen“, sagt Nils Bettinger, Stadtverbandsvorsitzender der FDP.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
