Dortmund-Ems-Kanal: Dank Hydraulikpresse aus Castrop-Rauxel fahren die Schiffe wieder

© Meike Holz

Dortmund-Ems-Kanal: Dank Hydraulikpresse aus Castrop-Rauxel fahren die Schiffe wieder

rnLöringhofbrücke

Binnenschiffer, Anrainer und Hafenbetreiber befürchteten schon das Schlimmste: Dass der Kanal in Höhe der Löringhofbrücke zwischen Datteln und Waltrop lange gesperrt bleiben könnte. Doch es kam anders.

Waltrop, Datteln

, 25.01.2022, 19:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das Binnenschiff „Lübbenau“ gleitet elegant auf dem Dortmund-Ems-Kanal unter der Löringhofbrücke her. Vor ein paar Tagen noch wäre das nicht möglich gewesen: Zwei von drei Rollenlagern der Brücke waren gebrochen, die Fahrbahndecke sackte um zehn Zentimeter ab. Schnell wurde die Brücke für jeglichen Verkehr gesperrt. Und nicht nur das: Auch der Kanal - nach dem Rhein ist das westdeutsche Kanalnetz der am zweitmeisten genutzte Wasserweg in Deutschland - musste in Höhe der Brücke für die Binnenschifffahrt dicht gemacht werden.

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Unternehmen, die ihren Sitz entlang des Wasserweges haben, und die Betreiber der Häfen ahnten Schlimmes: Sie fürchteten, dass riesige Umwege - alleine zum Dortmunder Hafen etwa 140 Kilometer - verbunden mit höheren Kosten und Versorgungsschwierigkeiten zum Dauerzustand werden könnten.

Eine Presse kann 315 Tonnen heben

Dass es dazu nicht kam und die Schiffe wieder fahren können, das ist maßgeblich dem Unternehmen Send aus Castrop-Rauxel zu verdanken. Geschäftsführer Henrik Send ist beim Termin auf der Baustelle sichtlich stolz, dass das mittelständische Fachunternehmen für Stahl- und Betonbau aus der Nachbarstadt, das auf mehr als 100 Jahre Tradition zurückblickt, kurzfristig und sogar übers Wochenende helfen konnte. Und zwar mithilfe einer hydraulischen Vorrichtung, die nun die Brücke auf Waltroper Seite stützt. Hand in Hand hatte seine Firma mit dem Statik-Büro PSP aus Dortmund gearbeitet, um eine Lösung zu finden, die wieder Schiffsverkehr auf dem Kanal ermöglicht. „Auf einem Gerüst am Brückenpfeiler steht eine Hydraulikpresse, die in der Lage ist, 315 Tonnen anzuheben“, erklärt der Experte. Davon hat die Firma drei Stück. „Weil die Brücke in diesem Bereich etwa 400 Tonnen wiegt, ist es möglich gewesen, sie langsam, Schritt für Schritt, wieder hochzudrücken“, erklärt Send.

Ausschreibung war nicht nötig

Dass die Sache eilbedürftig ist, das war auch den Verantwortlichen beim Kreis Recklinghausen sofort klar. „Hier war Gefahr im Verzug, und so mussten wir die Arbeiten nicht erst ausschreiben, sondern konnten uns direkt mit dem Unternehmen in Verbindung setzen“, sagt Carsten Uhlenbrock, Tiefbau-Fachdienstleiter beim Kreis. Dem Kreis gehört die Brücke (noch).

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Löringhoffbrücke

Die Löringhofbrücke über den Dortmund-Ems-Kanal zwischen Datteln und Waltrop ist am 13. Januar auf Waltroper Seite im Bereich der Widerlager um zehn Zentimeter abgesackt. Der Straßenverkehr wird seitdem umgeleitet, die Schifffahrt ist seit Samstag (22.1.) wieder für die Schifffahrt freigegeben. Über die Arbeiten informierten am Dienstag (25.1.) Carsten Uhlenbrock (Leiter des Fachbereichs Tiefbau des Kreises RE9 i
25.01.2022

Und so wurde fieberhaft gearbeitet - was normalerweise Wochen dauern würde, ging dank der engen Absprachen in ein paar Tagen. Die Durchfahrtshöhe für die Schiffe sei trotz der um ein paar Zentimeter abgesackten Brücke hier nicht der Grund für die Sperrung gewesen, sagt Alexander Weissbecker, zuständiger Mann beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Westdeutsche Kanäle. „Da gibt es auf dem Weg Brücken, die deutlich niedriger sind.“ Es ging vielmehr um die Gefährdung, sollte die Brücke weiter absacken.

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Was die Bürger in Waltrop und Datteln unterdessen wohl mindestens genauso sehr interessiert, ist die Frage, ob und wann wieder Verkehr über die Brücke rollen kann. Auch wenn man von außen keine weiteren Schäden sehe, müsse ein Gutachter das Bauwerk nun auf innere Schäden untersuchen, sagt Carsten Uhlenbrock. „Das ist alles andere als trivial, und das muss ja auch zerstörungsfrei passieren.“ Sprich: Ohne dass man bei der Prüfung unabsichtlich weitere Schäden anrichtet. Wie schnell die Begutachtung abgeschlossen ist, hängt von den Kapazitäten der Büros ab - dass praktisch jeder, der mit der Baubranche zu tun hat, gerade viel beschäftigt ist, das ist kein Geheimnis. Dennoch dürfte bald feststehen, ob die Brücke noch einmal genutzt werden kann, bevor sie, wie ohnehin geplant, außer Dienst gestellt wird. Bekanntlich soll sie neu gebaut werden, das Behelfsbauwerk, das während der Bauphase den Weg über den Kanal ermöglichen soll, steht schon bereit. Allerdings sind noch Ver- und Entsorgungsleitungen umzulegen, bevor das Provisorium in Betrieb genommen werden kann. Auch das: nicht trivial.