DLRG-Drama am Rhein-Herne-Kanal Bootshaus überflutet - nun steht die Zukunft auf dem Spiel

DLRG-Bootshaus am Kanal überflutet – Nun steht die Zukunft auf dem Spiel
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Die Schwimmausbildung: Darauf legt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft in Castrop-Rauxel großen Wert. Die Kreisgruppe Castrop-Rauxel hat Hunderte Mitglieder im Verein, aber noch viele Dutzend weitere Kinder – sogar Erwachsene – in ihren Kursen. Das Seepferdchen oder andere Abzeichen erwerben viele Menschen in Castrop-Rauxel seit jeher bei der DRLG.

Am Samstag (16.11.2024) trafen sich nun gut ein Dutzend Helfer aus dem Vorstand und Jugendvorstand am Kanal. Dort hat die Kreisgruppe ein Vereinsheim, und das seit Jahrzehnten. Doch das wird aufgegeben. Grund: Es ist mehrfach überflutet worden. Die Helfer entrümpeln das Gebäude, das erst 2013 komplett renoviert wurde. Zum Jahresende endet der Mietvertrag. Und dann? Dafür stellt der Verein die Zukunftsfragen.

25 bis 30 Helfer, Jugendliche und Erwachsene, sorgen montags im Hallenbad dafür, dass Hunderte Kinder ins Wasser kommen, die Schwimmtechniken erlernen, Bahnen ziehen, vom Dreier springen, tauchen und mehr. Donnerstags an der Uferstraße in Ickern-End läuft die Vorstufe davon: Eltern sind mit ihren Kindern im Kindergarten-Alter zusammen im Becken bei der Wassergewöhnung. Wer hier herauswächst, geht in der Regel nahtlos weiter ins Hallenbad und kann mit wenigen Einheiten das erste Schwimm-Abzeichen machen, wenn er oder sie es nicht schon vorher geschafft hat.

Bei der Entrümpelung packt am Samstag knapp ein Dutzend mit an. Der Vorstand, der Jugendvorstand und ein paar Altgediente. „Das spricht ja auch Bände“, sagt Christian Emmerich an diesem nasskalten Vormittag am Rhein-Herne-Kanal. Denn insgesamt kommt die DLRG auf 450 Mitglieder in Castrop-Rauxel. Zum aktiven Kreis zählen 60 bis 70 Personen. Trotz eines Aufrufs an alle sind es doch nur 10, 12 Helfer. Was wollen die und die anderen wirklich?

Die DLRG entrümpelt das Vereinsheim an der Kanalstraße: Hier steht das Wasser bei starkem Regen so hoch, dass die Gebäude feucht werden. Mehrfach stand sogar Wasser darin.
Die DLRG entrümpelt das Vereinsheim an der Kanalstraße: Hier steht das Wasser bei starkem Regen so hoch, dass die Gebäude feucht werden. Mehrfach stand sogar Wasser darin. © Tobias Weckenbrock

Laut einem Bericht des WDR können in NRW 20 Prozent aller Grundschulkinder in NRW nicht schwimmen. Deutlich mehr als noch vor fünf Jahren. Daran hatte die Corona-Pandemie ihren Anteil. Denn in den Lockdowns 2020 und 2021 konnte Schwimmausbildung nicht stattfinden.

Die DRLG definiert sich über die so elementar wichtige Schwimmausbildung. Donnerstags kommen gut zwei Dutzend Eltern und Kinder zur Wassergewöhnung ins Lehrschwimmbecken an die Uferstraße. Montags im Hallenbad sind rund 100 Kind und Jugendliche zeitgleich im Wasser.

Doch die DLRG ist mehr: Auch Freizeiten für Jugendliche und Kinder finden statt. Man macht bei der Weihnachtsbaum-Sammelaktion mit, übernimmt die Strandaufsicht im Sommer an der Ostsee-Küste und fährt Wachdienst-Schichten an heißen Tagen auf dem Kanal: Dann wird das Boot ins Wasser gelassen, um bei den vielen Kanalschwimmern hinzuschauen und das gefährliche Bückenspringen zu verhindern. Das eigene Boot am Rhein-Herne-Kanal: Zumindest das steht nun auf der Kippe. Bis Weihnachten sollen alle Mitglieder sich an einer internen Umfrage beteiligen, um ihre Meinung kundzutun: Braucht es den Wachdienst eigentlich noch?

Wasser stand kniehoch im DLRG-Gebäude

Hintergrund der Zukunftsfragen ist ein Drama am Rhein-Herne-Kanal: Das Bootshaus, in dem seit Jahrzehnten Teile des Vereinslebens stattfinden, ist abgesoffen. Vergangenes Jahr stand das Wasser 30 bis 40 Zentimeter hoch im Gebäude. Zuletzt, als es zwei Tage lang regnete, war wieder Wasser-Chaos. Teile des Interieurs sind angeschimmelt. Kühlschränke, Erste-Hilfe-Kästen, Blaulichter, Tragen, Tischtennisplatte, Gasheizung: Die Helfer fahren das Material in Schubkarren nach draußen an den Wendehammer. Der EUV holt es dort zur Entsorgung ab.

„Es hat keinen Zweck“, sagt Michael Trösken. Der Geschäftsführer ist seit Jahrzehnten aktiv. Teile der Gruppe war früher jedes Wochenende hier. Erste-Hilfe- und Rettungs-Kurse, Grillabende, Jugend-Treffs: Hier war früher über den Sommer hinweg immer was los.

Christian Emmerich und Paul Stiller reißen die verschimmelte Küche raus.
Christian Emmerich und Paul Stiller reißen die verschimmelte Küche raus. © Tobias Weckenbrock
Im Jahr 2013 renovierte die DLRG Kreisgruppe ihr Vereinsheim komplett. Gegen den Schimmel ist man hier aber machtlos.
Im Jahr 2013 renovierte die DLRG Kreisgruppe ihr Vereinsheim komplett. Gegen den Schimmel ist man hier aber machtlos. © Tobias Weckenbrock

Das Freizeitverhalten hat sich aber verändert. Und auch die Hilfsbereitschaft in der Schwimmausbildung nehme ab. Darum wolle man im Verein abfragen, was überhaupt in Zukunft gewünscht sei. „Ich denke schon, dass wir ein Vereinsheim brauchen“, sagt Christian Emmerich. Auch der Wachdienst am Kanal, der nicht verpflichtend sei, habe Sinn: „Wir lernen dabei den Umgang mit dem Boot und wie man es zur Rettung einsetzt. Das würde schon fehlen“, sagt der Vorsitzende.

Das Boot steht im Yachthafen des AMC in Pöppinghausen. „Da besteht auch eine Bereitschaft, uns zu helfen“, so Emmerich. Aber auch dort sei die Zukunft unklar wegen der Kanalverbreiterung, die in den kommenden Jahren ansteht. „Vielleicht können wir einen Container für unser Material aufstellen“, meint Michael Trösken. Eine von vielen Ideen, die der Vorstand schon abgewogen hat.

Entscheiden will man das aber gemeinsam. Richtungsweisend ist vermutlich die Mitgliederversammlung im kommenden Jahr. Bis dahin soll die Umfrage ausgewertet und die Ergebnisse diskutiert werden. „In letzter Instanz“, sagt der Vorsitzende Christian Emmerich beim Arbeitseinsatz am Kanal am Samstag, „steht auch die Zukunft der Kreisgruppe auf dem Spiel.“ Und damit vielleicht auch die Schwimmausbildung.

Mit EUV und Bürgermeister Rajko Kravanja habe man schon gesprochen. Aber eine Vereinsheim-Lösung sei dabei nicht herausgesprungen, sagen Michael Trösken und Christian Emmerich. Vorstands-Kollege Andreas Neuhaus packt derweil den Kickertisch auf den DLRG-Hänger. Der wird ins „Römerlager“ gebracht: An der Römerstraße, nicht weit von hier, hat die DLRG einen kleinen Lagerraum privat angemietet. Viel passt da nicht mehr rein. Aber immerhin ist es dort trocken.

Bilder aus dem Vereinshaus und ein Interview mit dem Vorsitzenden auf rn.de/castrop