
© Ronny von Wangenheim
iPads, Apple-TV, Soundsystem: Digitale Zukunft ist am EBG angekommen
Digitalisierung an Schulen
Boris Alexander treibt am Ernst-Barlach-Gymnasium (EBG) den Einsatz von iPads voran. Für Schüler der 7. Klassen ist die Arbeit mit dem Tablet Alltag. Einblicke in eine neue Schul-Welt.
Boris Alexander unterrichtet am Ernst-Barlach-Gymnasium (EBG) Französisch und Sport. Nicht unbedingt die notwendigen Voraussetzungen für einen Digitalisierungsbeauftragten. Genau diese Stelle besetzt Boris Alexander aber. Und das mit Freude. So digital wie er sind sicher nicht alle Lehrer an der Schule unterwegs. Aber er zeigt, wohin die Reise am EBG geht.
Für den 37-Jährigen ist der Umgang mit dem iPad und dem Apple-Pencil alltäglich. In der Schule und zu Hause. Was er überhaupt noch auf Papier schreibt? Er überlegt kurz. „Den Einkaufszettel“, sagt er und lacht, den würde er aber auch wieder abfotografieren, um ihn seiner Frau zu schicken. „Notizen, Erinnerungen, mein komplettes Leben findet auf dem iPad statt.“ Der Apple-Pencil übrigens, der gehört für ihn notwendigerweise zum iPad dazu. „Ohne Stift würde es keinen Sinn machen.“ Ach ja, im Sportunterricht, da kann er das iPad noch nicht einsetzen. Ein Monitor für die Turnhalle ist aber schon angeschafft.
Schnell mal eine Idee notieren oder Anmerkungen zu den Aufgaben seiner Schüler machen – mit dem Stift ist alles schnell digital aufgeschrieben. So machen es auch seine Schüler, vorzugsweise die der Jahrgangsstufe 7. Diese vier Klassen sind seit dem Sommer die ersten iPad-Klassen.
Per Beamer werden Aufgaben, Ergebnisse, Kommentare für alle sichtbar
Jeder Siebtklässler hat ein iPad, mit dem er in allen Fächern arbeiten kann und muss. Alexander und seine Kollegen können per Beamer die Aufgaben auf die Tafel werfen, können die Ergebnisse einzelner Schüler zeigen, direkt Kommentare schreiben oder Fehler unterstreichen, alles für alle sichtbar.

Boris Alexander unterrichtet in einer iPad-Klasse Französisch. © Ronny von Wangenheim
Im Unterricht selbst wird zwar noch mit Schulbüchern gearbeitet, Schüler dürfen auch handschriftlich Aufgaben machen. Bei längeren Texten ist das Schreiben auf dem iPad nicht optimal, so Alexander. Jeder Lehrer kann entscheiden, wie die Ergebnisse entstehen.
Am Ende der Stunde aber muss es digital festgehalten werden. Zumindest mit einem Foto, das dann in der digitalen Mappe des Siebtklässlers landet. Boris Alexander tippt kurz auf sein iPad und zeigt auf die digitalen Hefte der Schüler. Hier kann er genau sehen, was jeder gelernt hat. Heft vergessen – diese Ausrede funktioniert nicht mehr.
In der Schule sind auf den iPads nicht notwendigen Apps gesperrt
Ein Blick in den Klassenraum einer siebten Klasse: Die Schüler haben ihre Französischbücher offen vor sich liegen, manche arbeiten mit dem iPad. Sie sollen ihren Stammbaum aufschreiben und daraus ein kleines Video machen. Die Einwilligung, dass wir Fotos von ihnen machen dürfen, hat Boris Alexander übrigens als kurze Nachricht den Schülern aufs iPad geschickt, die Eltern haben zu Hause mit dem Pencil ihrer Kinder unterschrieben.
Und schreiben die Schüler nebenbei WhatsApp-Nachrichten oder spielen? Nein, sagt Boris Alexander. Während der Schulzeit sind alle Apps gesperrt, außer denen, die bewusst freigegeben werden. 20 bis 25 seien das. Alexander kann aber auch im Unterricht reagieren und einzelne iPads und einzelne Apps sperren oder neue Inhalte zugänglich machen.
So verpflichtend ist der Umgang mit dem iPad nur in den siebten Klassen. Fünftklässler dürfen noch kein Tablet nutzen, in der 6. Jahrgangsstufe ist es unter Umständen möglich. Hier wird noch viel Wert auf handschriftliches Arbeiten gelegt. In den höheren Klassen ist es erlaubt, aber nicht gefordert. In einer 9. Klasse, so Boris Alexander, würden 80 bis 90 Prozent bereits mit dem iPad arbeiten. „Da entsteht schon ein gewisser Gruppenzwang“, gesteht er ein.
Digitale Schulbücher sind noch keine Alternative
Schulbücher nutzt Boris Alexander. Nicht unbedingt aus Überzeugung, das vermittelt er im Gespräch. Aber erstens sind die Schulbücher nun mal da, zweiten seien die digitalen Schulbücher noch nicht gut. Es habe außerdem Vorteile, wenn man mit Buch und iPad nebeneinander arbeiten könne, sagt der Lehrer. Er selbst fotografiert Seiten oft ab und wirft sie dann vom iPad über Apple-TV und Beamer an das Whiteboard.
In Zukunft aber, da ist er überzeugt, wird es auch Schulbücher vorwiegend digital geben. „Die Vorteile des digitalen Schulbuchs überwiegen“, sagt er. Zum Beispiel kann er beim Französischunterricht gleich Hördokumente abspielen. Oder mitten im Unterricht einzelne Aufgaben auf die Tafel schicken. Die digitalen Medien werden alltäglicher werden, sagt Alexander. Irgendwann hätten Eltern bestimmt keine Lust mehr, für beides, also Schulbuch und digitales Medium zu zahlen.
Wie könnte sich der Unterricht noch ändern? „Es kann kreativ sein, die Klassenzimmermentalität aufzubrechen“, sagt Boris Alexander. „Man kann freiere Lernarrangements finden.“ Wenn Kinder zum Beispiel gleichzeitig Videos aufnehmen wollen, ist das Klassenzimmer nicht mehr geeignet.
Auch am EBG fehlt noch technische Ausstattung
Aber das ist noch Zukunftsmusik. Noch müssen auch am EBG technische Grundlagen gelegt werden. Es gibt WLAN, aber kein schnelles. Das wird kommen und ist notwendig, wenn Jahr für Jahr mehr Schüler im Unterricht darauf zugreifen. Lehrer werden über ein Beschaffungsprogramm eigene Arbeitsgeräte bekommen. Boris Alexander möchte davon aber keines, sagt er. Sein privat angeschafftes iPad könne einfach noch mehr als die Standardmodelle, die erwartet werden.
Die digitale Welt macht Boris Alexander Spaß, das ist spürbar. Auch wenn es viel Arbeit bedeutet habe, auch in der Freizeit. Dazu gehörten für den Digitalisierungsbeauftragten technische Fragen, das Vorbereiten der Geräte und extrem viel Kommunikation mit Eltern und den Kollegen. Wenn sich alles eingespielt hat, werde es aber Recherche und Organisation viel einfacher machen.
Das Ernst-Barlach-Gymnasium ist bei der Digitalisierung in Castrop-Rauxel Vorreiter. Beamer, Apple-TV und Soundsystem sind in jedem Klassenzimmer vorhanden. Davon träumen andere Schulen. Begonnen hat man mit dem Konzept schon lange vor Corona, auch wenn „uns Corona in die Karten gespielt hat“, wie Boris Alexander sagt. So habe sich die Schule schon vor eineinhalb Jahren ganz bewusst für die iPad-Klassen beginnend mit den 7. Klassen entschieden. Jedes Jahr kommt also ein Jahrgang dazu.
Konzept für Homeschooling kann bei einem erneuten Lockdown helfen
Die Entscheidung sei im Kreis der Kollegen durchaus kontrovers diskutiert worden. Später dann galt es, auch bei den Eltern der ersten betroffenen Klasse zu werben. Boris Alexander spricht von einem immensen Planungsaufwand. Wer künftig sein Kind am EBG anmeldet, weiß, dass ab der siebten Klasse das iPad gefordert wird.
Auf einen eventuellen zweiten Lockdown sei man am EBG „super vorbereitet“. Nicht nur, weil es inzwischen die Lernplattform gibt. Es wurde außerdem ein Konzept entwickelt, wie das Homeschooling ablaufen soll, das verpflichtend für alle Kollegen sei. „Es kann nicht mehr jeder Lehrer es machen, wie er möchte“, so Boris Alexander.
Hat er Wünsche für die Zukunft? Ja, sagt er: „Dass die ganze Beschaffung, die Installation, die Instandhaltung von den Schultern der Lehrer genommen wird. Dass eine gute technische Ausstattung zur Normalität wird, um die man sich nicht mehr groß kümmern muss.“ Und noch eins sagt er, der die digitalen Möglichkeiten in der Schule vielleicht mehr schätzt als andere Kollegen. „Die Präsenz vor Ort in der Schule kann nicht ersetzt werden.“