Der heute 82-jährige Helmut Orwat hat in den 70er- und 80er-Jahren als Standfotograf Tatort-Filme mit Götz George und von Hans Dieter Schwarze begleitet. © Thomas Schroeter

Erinnerungen

Zwei bekannte Gesichter: Der Tatort-Regisseur und der Tatort-Fotograf

Die Tatort-Reihe im Fernsehen hat für zwei Männer, die lange in Castrop-Rauxel arbeiteten, große Bedeutung: Den ehemaligen WLT-Intendanten Hans Dieter Schwarze und den Fotografen Helmut Orwat.

Castrop-Rauxel

, 22.11.2020 / Lesedauer: 4 min

Offiziell hat in der jetzt 50-jährigen Geschichte der Tatort-Reihe in der ARD Castrop-Rauxel nie eine Rolle gespielt. Kein Ruhrgebiets-Ermittler hat, so weit bekannt, jemals einen Fuß in die Europastadt gesetzt.

Das gilt für den Essener Kommissar Heinz Haferkamp, den Hansjörg Felmy von 1974 bis 1980 in 20 Episoden verkörperte, ebenso wie für Horst „Schimmi“ Schimanski, die legendäre Duisburger Tatort-Figur, oder den aktuellen Dortmunder Ermittler Peter Faber, gespielt von Jörg Hartmann.

Trotzdem sind so manche Szenen aus Tatorten in der Europastadt gedreht worden. Und trotzdem haben zwei Männer, die in der Castrop-Rauxeler Öffentlichkeit vor der Jahrhundertwende bekannt waren wie bunte Hunde, eng mit so manchem Tatort-Dreh im Ruhrgebiet zu tun gehabt. Und beide Männer kannten sich gut.

Ein WLT-Intendant und ein freier Fotograf

Die Rede ist von Hans Dieter Schwarze, der von 1968 bis 1973 Intendant des Westfälischen Landestheaters (WLT) in Castrop-Rauxel war und hier mit dem sogenannten „Volkstheater im Revier“ Theatergeschichte geschrieben haben soll. Und die Rede ist von Helmut Orwat, der vielen Castrop-Rauxelern als langjähriger Fotograf der Ruhr Nachrichten in Erinnerung ist, der zuvor aber bereits lange Jahre als freier Fotograf im Ruhrgebiet tätig war.

Ein Orwat-Foto von 1968 zeigt den neuen WLT-Intendanten Hans Dieter Schwarze (Mitte) vor der Erin-Kulisse mit den Autoren Erwin Sylvanus (l.) und dem Schriftsteller Max von der Grün während der Dreharbeiten zum Spielfilm „Flächenbrand“. © LWL-Medienzentrum

In Ausübung ihrer jeweiligen Berufe lernten sich Orwat und Schwarze denn auch kennen, wie sich der inzwischen 82-jährige Helmut Orwat erinnert. „An das Jahr kann ich mich gar nicht mehr erinnern, aber der Schwarze, das war schon ein Großer.“ Zu tun hatten der Fotograf und der Intendant die meiste Zeit aber nicht etwa mit der Theaterarbeit des 1926 in Münster geborenen und 1994 verstorbenen Schwarze, sondern bei dessen Regie-Arbeiten für das Kino und das Fernsehen.

Denn Schwarze war kein reiner Theatermann, sondern auch als Schauspieler und Regisseur an zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen beteiligt, so auch an drei Tatort-Filmen. Da ist einmal der für den Hessischen Rundfunk produzierte „Der Fall Geisterbahn“, der komplett in Castrop-Rauxel gedreht wurde und bei dem neben Schwarze etwa auch die am WLT tätige Schauspielerin Ursula Herking auf der Besetzungsliste stand. Bei dem Film führte Schwarze nicht nur Regie, sondern schrieb auch am Drehbuch mit.

Ein Foto aus Helmut Orwats Arbeitsraum: Hier hängt ein Szenenfoto mit Claus Biederstaedt in einer Szene aus dem Schwarze-Film „Gefährliche Neugier“, gedreht in der legendären Castroper Kneipe „Vatikan". © Thomas Schroeter

Bei den Dreharbeiten zu diesem Tatort, aber auch zu anderen Krimis und Fernsehfilmen Schwarzes wie der Böll-Verfilmung „Ende einer Dienstfahrt“ war Helmut Orwat am Drehort Dauergast. „Ich habe damals auch für eine Berliner Produktionsfirma gearbeitet, die für Filme Standfotos herstellte. Da war ich oft am Drehort und bin auf Schwarze getroffen. Der konnte ganz schön rabiat werden, wenn man im Weg stand“, erinnert sich Orwat an Filmaufnahmen in der kleinen Wohnung der Schauspielerin Angela Winkler in Castrop-Rauxel.

Noch zwei weitere Tatort-Filme gedreht

Mit Winkler und Claus Biederstaedt in den Hauptrollen drehte Schwarze auch den Film „Gefährliche Neugier“ fürs ZDF in Castrop-Rauxel. Darin sind Winkler und Biederstaedt, ebenfalls am WLT tätig, etwa auf dem Altstadtmarkt und am Brunosee zu sehen. Oder in einer berühmten Castroper Kneipe, dem „Vatikan“.

Schwarze spielte 1976 selbst noch eine Rolle im Tatort „Fortuna III“ mit Hansjörg Felmy und drehte als Regisseur 1981 den Tatort „Das Zittern der Tenöre“ nach einer Krimivorlage von Hansjörg Martin, in dem der Schauspieler Erik Schumann ein einziges Mal den Kommissar Grewe in Schleswig-Holstein spielte. In diesem Film spielte übrigens auch Schwarzes Ehefrau mit, die Schauspielerin und Malerin Karin von Wangenheim, gut bekannt mit dem Castrop-Rauxeler Künstler Jan Bormann.

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Helmut Orwat war da schon an die Seite eines anderen Kommissars gewechselt. Für die Berliner Produktionsfirma hatte er in den 80er-Jahren nämlich Standfoto-Einsätze bei fünf Streifen aus der Schimanski-Produktion, die Götz George als damaligen „Schmuddel-Polizisten“ berühmt machte.

Immer wieder war Orwat an den Drehorten in Duisburg und Umgebung. „Das hat mal nur 15 Minuten gedauert, manchmal aber auch einen halben Tag. Das hat sich dann kaum noch für mich gelohnt, weil ich ein Festhonorar bekam“, erinnert sich der 82-Jährige.

Fünf Tatort-Filme mit Götze George (r.) und Eberhard Feik hat Helmut Orwat als Standfotograf begleitet. © Helmut Orwat

Eines der Schimanski-Fotos zierte 2012 auch einen der vielen Kalender, die Orwat inzwischen mit seinen Ruhrgebiets-Fotos bestückt hat. Ein echtes Erinnerungsstück für den in Obercastrop lebenden Orwat ist auch ein Foto, auf dem Götz George in seiner Schimanski-Rolle, die er in 29 Filmen verkörperte, zusammen mit dem früh verstorbenen Eberhard Feik (als „Christian Thanner“ Georges Ermittler-Partner im Tatort) in einer Tatort-Szene zu sehen ist.

„Der Eberhard Feik hatte damals Mitleid mit mir“, so Orwat. Darum sagte er einmal zur Beschleunigung des Fotoshootings in Duisburg zu George: „Jetzt halt doch die Knarre mal eben hierüber und mal da rüber, dann kann der Junge abhauen“.

Übrigens: Einmal kam Orwat in einem Film von Hans Dieter Schwarze selbst vor die Kamera. In einer Rolle, die ihm durchaus lag: Als Zeitungsverkäufer an einem Kiosk. „Ich habe versucht, dabei besonders deutlich zu sprechen“, erzählt Orwat heute: „Da hat Schwarze gesagt, ich soll den Blödsinn lassen. Der Film spiele eh im Rheinland und meine Stimme würde dafür synchronisiert.“ Den Filmtitel weiß Orwat selbst nicht mehr, der Filmwelt sei der aber auch nicht in Erinnerung geblieben.

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