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Corona schränkt Hausärzte ein: „Nicht gut, wenn wir den Kontakt verlieren“
Coronavirus
Die Corona-Pandemie bringt einige Einschränkungen für Ärzte mit sich. Sie haben weniger Zeit, weniger Personal - und weniger Kontakt zu ihren Patienten.
Fatih Kizil spricht ruhig, klar und offenbar wohlüberlegt. Als er auf die Pandemie und all die dadurch bedingten Veränderungen zu sprechen kommt, verlangsamt er einmal mehr. Dann sagt er: „Ich vermisse die Zeit vor Corona.“ Sowohl was seine Arbeit in der Castrop-Rauxeler Arztpraxis anbelangt als auch privat.
„Es fehlt der Ausgleich - die Freizeitgestaltung ist völlig limitiert. Man ist sehr, sehr eingeschränkt. Und klar, auch in der Praxis läuft vieles anders als noch vor mehr als einem Jahr.“ Es könnten weniger Patienten vor Ort sein, erklärt der Arzt. Darunter leide die Betreuung. Zudem sei die Belastung ungleich höher. Für ihn und seine Mitarbeiter.
„Und wenn mal einer oder eine Kontakt zu einer infizierten Person hatte, fällt er oder sie direkt zwei Wochen weg. Das hatten wir bestimmt schon drei- oder viermal.“ Man müsse spontan reagieren können, sagt Kizil - „seit Monaten bereits“.
Seiner Praxis, die in Henrichenburg am Alten Kirchplatz 4 liegt, gelinge das ganz gut und immer besser. „Im vergangenen Jahr, als die Pandemie noch völlig neu war, waren wir natürlich nicht so gut organisiert“, sagt Kizil. Dennoch würden verschiedene Probleme bleiben.

Fatih Kizil, Facharzt für Innere Medizin, vermisst „die Zeit vor Corona“. © Praxis Kizil
Inzwischen sei die Angst vor dem Virus zwar nicht mehr so immens wie noch im vergangenen Jahr. Einige Patienten kämen trotzdem nur noch selten. „Der Kontakt zu unseren Patienten ist nicht mehr so eng. Ich kann nicht sehen, wie es ihnen geht, wenn sie sich keinen Termin bei uns geben lassen“, sagt Kizil.
Sorgen mache er sich zudem um jene, „die beispielsweise an Depressionen leiden. Menschen, die in einem Loch stecken und die wir eigentlich wieder motivieren müssten“. Dazu gehörten alte, einsame Leute und chronisch Kranke. „Den Kontakt zu ihnen nur sehr unregelmäßig zu haben, ist nicht gut“, bemerkt Kizil.
„Die unsichere Lage verkompliziert die Arbeit“
All die Einschränkungen und Mehrbelastungen zu verpacken, die das Coronavirus gebracht hat, sei für seine Arztpraxis „kein Ding der Unmöglichkeit. Wir passen uns ja an - aber es ist anspruchsvoll“.
So sieht es auch Dr. Alexander Senge, seinerseits Ärztesprecher aus Castrop-Rauxel. „Wir alle haben uns nach und nach an die Situation gewöhnt“, meint er. „Zudem sind inzwischen einige Leute geimpft. Im zweiten Quartal 2020 war Angst noch das bestimmende Element. Die Behandlungszahlen waren damals auch deutlich geringer - es kamen schlicht und ergreifend weniger Patienten.“

Ärztesprecher Dr. Alexander Senge bietet in seiner Praxis keine Impfungen an. Zu groß ist der logistische Aufwand. © privat
Mittlerweile bessere sich die Lage stetig, sagt der Ärztesprecher. Einschränkungen registriert allerdings auch er. „Die Raum- und Personalkapazität ist nach wie vor gering. Nur wenige Personen dürfen schließlich in die Praxis kommen. Und den Ärzten fehlt die Planungssicherheit.“
Das beschränkt sich nicht nur auf die Mitarbeiteranzahl, die sich fix für mehrere Wochen reduzieren kann, sondern zum Beispiel auch auf die zur Verfügung stehenden Impfdosen. „Die unsichere Lage, wie viel Impfstoff denn nachgeliefert werden kann, verkompliziert die Arbeit für die Ärzte“, sagt Dr. Senge.
Ob Praxen mit dem ganzen Aufwand rund um die Corona-Impfungen gut klarkämen, macht der Castrop-Rauxeler Ärztesprecher von der Struktur der jeweiligen Praxis abhängig. „Als große Arztpraxis mit mehreren Ärzten ist es möglich, einen Arzt nur für das Verimpfen abzustellen. Als kleine Praxis natürlich nicht.“
Hinzu kämen die Beschwerden von Patienten, die auf ihre Impfung drängten und „nicht verstehen, warum ‚der, aber nicht ich‘ eine Impfung erhält“, schildert Dr. Senge. Mitarbeiter in Impfzentren bekämen diesen Frust ab. Und natürlich Ärzte in ihren Praxen. Ärzte wie Fatih Kizil.
Schreibt seit 2015. Arbeitet seit 2018 für die Ruhr Nachrichten und ist da vor allem in der Sportredaktion und rund um den BVB unterwegs.
