
© Tobias Weckenbrock
Corona-Impfung kommt in die Schule: Hunderte Lehrer und Mitarbeiter geimpft
Coronavirus
Hunderte Lehrer, Erzieher, OGS-Mitarbeiter, Sozialarbeiter und Hausmeister sind Freitag in Castrop-Rauxel mit AstraZeneca geimpft worden. Der Kreis Recklinghausen geht dabei einen Sonderweg.
Freitagmittag, 12.30 Uhr: Die Kinder sind nicht mehr da. Zeit für 46 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Marktschule Ickern, sich impfen zu lassen. Dr. Holger Knapp ist da, mit ihm eine Arzthelferin und 46 Dosen des Impfstoffes AstraZeneca. Die Schulleiterin, die Lehrerinnen und Lehrer, die Betreuer der Offenen Ganztagsschule: Sie alle sind erleichtert und froh, dass dieser Tag gekommen ist.
Impfungen in Grundschulen: Das ist ein weiterer neuer Bestandteil der Impfkampagne gegen das Coronavirus Sars-CoV-2, die nun an verschiedenen Stellen doch Fahrt aufgenommen hat. Ganz bewusst habe sich der Kreis Recklinghausen entschieden, die Lehrer und Erzieher vor Ort zu impfen.
„Das hat das Verfahren beschleunigt“, sagt Svenja Küchmeister auf Anfrage unserer Redaktion: „So können wir sehr schnell sehr viele Menschen erreichen.“ Andere Städte und Kreise haben eigens für diesen Personenkreis temporäre Impfzentren eingerichtet.

Ute Lüdke, Rektorin der Marktschule, hatte im Vorfeld der Impfaktion einiges an Organisations-Arbeit. Aber sie verfügt über gute Kontakte zu Hausarzt Holger Knapp. © Tobias Weckenbrock
„Ich bin froh, dass der Kreis Recklinghausen es auf diese Weise löst“, sagt Ute Lüdke, Leiterin der Marktschule in Ickern. Freundinnen hätten ihr aus dem Sauerland erzählt, dass es dort ein regelrechtes Wettrennen um die Impftermine in einem Impfzentrum gegeben habe. „Und das hat in manchem Kollegium für richtig böses Blut gesorgt, weil die jungen Lehrer schnell übers Handy sogar noch im Unterricht Termine für sich gemacht haben, die älteren dagegen, die erst nachmittags zu Hause die Benachrichtigung gesehen hatten, kamen dadurch erst viel später dran“, so Lüdke.
3733 Menschen für den 12. März eingeladen
Geimpft wird immer freitags. An diesem 12. März, dem ersten Termin, wurden im gesamten Kreisgebiet 3733 Impfberechtigte eingeladen. 46 an der Marktschule, Hunderte in Castrop-Rauxel an insgesamt neun Standorten: Darunter Elisabethschule, Cottenburgschule, Lindenschule, Schule Am Busch und Am Hügel, Grundschule Alter Garten, Waldschule. Weitere kommen nächste Woche dran, sagt Stadtsprecherin Nicole Fulgenzi.
Dran kommen Sonderpädagogen, Schulsozialarbeiter, Betreuungskräfte, Schulsekretärinnen, Hausmeister und Reinigungskräfte. In Kitas und heilpädagogischen Kindertagesstätten werden neben Erziehern auch Küchenpersonal, Hauswarte und Reinigungskräfte geimpft.
Impfung für elf Einrichtungen an neun Standorten
Der Kreis ist für die Bestellungen und Lieferungen des Impfstoff an die Schulen und Kindergärten verantwortlich. Organisiert wird die Impfaktion von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL).

Eine Arzthelferin zog die Spritzen mit dem Impfstoff von AstraZeneca auf. Die Verabreichung der Spritzen dauerte dann nur ein paar Sekunden. © Tobias Weckenbrock
Den Kontakt zum Arzt stellte die Schulleitung selbst her. Am 4. März kam die Nachricht vom Ministerium bei Ute Lüdke an, sie möge einen solchen Impftermin vorbereiten möge. Der Draht zur Praxis von Allgemeinmediziner Dr. Holger Knapp am Marktplatz war schon lange geknüpft: Er war zu PCR-Tests vor Ort, bietet aktuell Schnelltests für die Lehrerinnen einmal wöchentlich an. Und kennt das Impfen, weil er in Pflegeheimen und im Impfzentrum des Kreises schon im Einsatz war.
Der Freitagstermin wurde ganz bewusst gewählt. Zum einen haben viele Ärzte Freitagnachmittag die Praxen geschlossen, zum anderen haben Lehrer am Nachmittag frei. Dazu kommt der Nebeneffekt, dass die Geimpften das Wochenende Zeit haben, um eventuelle Begleiterscheinungen der Impfung auszukurieren.
Aufklärung in Zehner-Gruppen
„Dann kuriere ich mich ganz in Ruhe aus“, sagte Miriam Frankel (28), seit einem Jahr Referendarin an der Marktschule. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen waren guter Laune, auch wenn Knapp beim Aufklärungsgespräch in Zehnergruppen auf die möglichen Impfreaktionen und die neuesten Erkenntnisse hinwies.

Sylke Arzbach, seit 20 Jahren Lehrerin an der Marktschule in Ickern, brachte ein kleines Getränkchen zum Anstoßen auf die AstraZeneca-Impfung für die Kollegen mit. © Tobias Weckenbrock
Die Stimmung in Ickern war trotzdem gelöst. Sylke Arzbach, seit 20 Jahren Lehrerin an der Marktschule, hatte 30 Dosen des Hamburger Kiez-Biers „Astra“ für ihre Kollegen besorgt und mit einem netten Briefchen verziert. „Ich begegne hier täglich 150 Leuten“, sagte Rektorin Ute Lüdke. „Die Gefahr lauert immer, sich anzustecken.“ Darum gab es auch kaum Kollegen, die sich nicht impfen ließen. Nur Schwangere und Stillende sowie die, die aktuell an andere Schulen abgeordnet sind, waren Freitag nicht da.
Wann die anderen Einrichtungen dran sind, darüber informiert der Kreis Recklinghausen nicht. Aus Sicherheitsgründen, wie Sprecherin Svenja Küchmeister sagt. „Wir kennen Fälle, in denen Schulleiter, die offen mit dem Thema umgegangen sind, unmoralische Angebote für Restimpfdosen bekommen haben“, sagt sie.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
