Es sind seine letzten Operationen, es sind die letzten Babys, denen er auf die Welt hilft: Der Leiter der Klinik für Frauenheilkunde am Castrop-Rauxeler St. Rochus Hospital verabschiedet sich in dieser Woche in den Ruhestand. Oder besser gesagt: Der 63-Jährige verbringt seine letzten fünf Jahre als Chefarzt in der „passiven Phase der Altersteilzeit“. Er bekommt einen Teil seines Gehalts noch ausgezahlt, muss dafür aber nicht mehr arbeiten.
Am Freitag (12.5.) hat er seine letzte Schicht. Ab 1.6. kümmert sich sein Nachfolger um Glaßmeyers Aufgaben und Patienten: Dr. Christoph Hemcke, derzeit noch Chefarzt in der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am St. Josefs Hospital in Dortmund-Hörde, und Dr. George-Gabriel Jianu aus Dorsten übernehmen gemeinsam für den Castrop-Rauxeler Arzt. Einem Mann, dem viele Frauen vertrauen.
Glaßmeyers Gründe für die Rente
Zu diesem Schritt entschied sich Glaßmeyer schon vor über drei Jahren. Irgendwann sei einfach genug, meint er. Seit 38 Jahren behandelt er Frauen bei Unterleibserkrankungen und hilft ihnen, Kinder auf die Welt zu bringen. Nun reicht es ihm.
„Die Kinder wissen ja nicht, dass sie mitten in der Nacht kommen. Dazu die nächtlichen Komplikationen, Wechselschichten, arbeiten am Wochenende“, zählt er Gründe für seine Entscheidung auf.
Der 63-Jährige freut sich jetzt darauf, mehr Freizeit zu haben, sagt er. Langweilen werde er sich jedenfalls nicht. Er will weiterhin Gutachten für die Kommission der Ärztekammer und für private Versicherungen in problematischen Behandlungsfällen schreiben.
Außerdem ist der bald ehemalige Chefarzt nicht nur Mitglied in einem Ritterorden, sondern auch im Rotary Club Castrop-Rauxel. Auch dort sind sein Wissen und sein Engagement offenbar nachgefragt: „Da haben die Ersten schon angeklopft und für die ein oder andere Position angefragt“, sagt er mit einem Schmunzeln.
Ruhestand ohne Langeweile
Glaßmeyer will sich engagieren, aber manchmal auch einfach mal „nichts tun“, sagt er. Worauf er sich am meisten freut? „Ich habe zwei alte Hunde, einen Weimeraner und einen Mops. Ein bisschen morgens mit meiner Frau frühstücken und den Garten genießen, auch außerhalb von Urlaub und Wochenende.“
Und noch etwas verrät Glaßmeyer über sein Privatleben: „Ich bin ein Fußball-Verrückter.“ Wann der VfL-Bochum-Fan das letzte Mal bei einem Weizenbier ein Spiel an einem Sonntagabend genießen konnte, ohne mit einem Notfall in der Klinik rechnen oder am nächsten Tag fit sein zu müssen, das wisse er schon gar nicht mehr.
Auch wenn Kollegen und Patienten ihm all das gönnen, wird der Abschied wohl nicht leicht. Auch für den 63-Jährigen nicht. „Es ist das Ende einer Geschichte“, sagt er. Trotzdem ist er sich sicher, den perfekten Zeitpunkt gewählt zu haben. „Man muss gehen, wenn mindestens 50 Prozent der Mitarbeitenden es schade finden, dass man geht. Nicht erst, wenn sie denken: Hoffentlich ist der Alte bald weg!“
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