Die meisten Unfälle passieren im Haushalt, heißt es in einer bekannten Redensart. Aus ihrem Berufsalltag kann das Dr. Julia Anna Droste bestätigen. Sie ist Chefärztin der Zentralen Notaufnahme im Evangelischen Krankenhaus (EvK) in Castrop-Rauxel. Im Alltag lauern aber noch mehr Gefahren. Die Ärztin gibt Tipps, wie sich Unfälle vermeiden lassen.
Am häufigsten kommen Menschen in die Notaufnahme, wenn sie sich Finger quetschen, umknicken, hinfallen oder sich etwas prellen, sagt Dr. Julia Anna Droste. Unter den Patienten sind alle Altersgruppen von Jung bis Alt vertreten. Da jeder Mensch einen Ort zum Leben braucht, sind gerade Haushaltsunfälle verbreitet.
Im Haushalt lauern Gefahren
Eine Gefahr im Haushalt, die Dr. Julia Anna Droste sofort in den Sinn kommt, ist die Leiter. Besonders wenn Menschen nicht mit festem Schuhwerk, sondern mit locker sitzenden Hausschuhen auf Leitern steigen, komme es häufig zu Stürzen und Unfällen. „Viele Menschen machen das im Haushalt: mal eben da oben Staub putzen, mal eben die Gardinen aufhängen oder im Garten mal eben irgendwo ein Ästchen abschneiden“, sagt 44 Jahre alte Ärztin.
Gerade wer schnell etwas Kleines erledigen will, bedenkt die Risiken oft zu wenig. Auch „mal kurz“ auf Küchenablage oder ein Sitzmöbel zu klettern, ist meist keine gute Idee. Menschen fallen aber nicht nur von Leitern oder Möbeln, sondern oftmals auch Treppen rauf oder runter. Auch Teppiche bieten kleine Fallkanten.
Nicht in Steckdosen pulen
Auch in Duschen oder Badewannen rutschen Patienten manchmal aus. Unfälle mit Wasser und Strom, dass etwa ein Föhn in die Wanne fällt, kommen aber nur extrem selten vor, sagt die Ärztin. Auch der flächendeckende Einbau von FI-Schutzschaltern für Badezimmer könnte einen Anteil daran haben. Trotzdem bleibt Strom eine unterschätzte Gefahr im trauten Heim. Dr. Julia Anna Droste rät: „Fassen Sie nicht in Steckdosen. Versuchen Sie nicht, in Steckdosen herumzupulen, auch nicht mit mal eben mit einem Lappen. Das kann böse enden.“
Wenn die Menschen unterwegs sind, greifen sie gern auf Verkehrsmittel zurück. Dass mit dem Auto Unfälle passieren können und Alkohol am Steuer keine gute Idee ist, ist allgemein bekannt. Aber auch auf dem Beifahrersitz sollte man vorsichtig sein: Wer seine Beine auf das Armaturenbrett legt, trägt bei starker Bremsung oder Unfall schwere Verletzungen davon, weiß die 44-Jährige.

Radfahrer sind im Straßenverkehr ebenfalls gefährdet. „Es ist niemals gut, ohne Fahrradhelm zu fahren – vor allem, weil es in dieser Jahreszeit immer dunkler, nasser und glatter wird“, sagt Dr. Julia Anna Droste. Um auch im Dunkeln besser gesehen zu werden, empfiehlt sie, beim Radfahren eine Warnweste zu tragen.
Im Bereich der gängigen Sportarten komme es hingegen relativ wenig zu Verletzungen, sagt die Chefärztin. Jeder kenne die gängigen Verletzungen für die eigene Sportart, sodass die Leute entsprechend vorsichtig seien.
Vorsicht beim Heimwerken
Wenn es um handwerkliche Arbeiten geht, fällt eine Unfallursache in der Zentralen Notaufnahme des EvK besonders auf: das Teppichmesser, auch als Cuttermesser bekannt. Die Ärztin erzählt: „Viele schneiden sich mit einem Cutter, weil sie ihn zu sich hinziehen. Das gibt immer Verletzungen im Handbereich. Davon haben wir sehr viele.“
Sägen oder andere Maschinen, die sich von selbst bewegen, sind ebenfalls gefährlich. Dr. Julia Anna Droste rät, eng anliegende Kleidung zu tragen und lange Haare zusammenzubinden. „Es gibt wirklich viele Menschen, die in Maschinen geraten“, erzählt die 44-Jährige. „Wenn das Haar oder der Pullover hineingelangt oder plötzlich auch die Hand halb mit hineingezogen wird, tut das richtig weh.“
In Handwerksbetrieben wird meistens darauf geachtet, dass Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden. Ob jeder zu Hause im heimischen Keller darauf achtet, ist hingegen eher fraglich. Aber egal, ob zu Hause oder im Betrieb: Wer gerade handwerklich tätig ist, sollte nicht überrascht und erschreckt werden, sagt Dr. Julia Anna Droste.
In verschiedensten Lebenssituationen kann es trotz aller Vorsicht zu Unfällen kommen. Ein Zusammentreffen von ungünstigen Umständen kann zu besonders schlimmen Unfällen führen. Die Chefärztin der Notaufnahme erzählt: „Ein Mann ist im Haushalt einmal so ungünstig gefallen, dass er mit dem Kopf und der Nase auf eine Zimmerantenne gefallen ist. Die Antenne ist dann durch die Nase nahezu bis ins Gehirn gekommen.“
Ein anderer Unfall geschah auf einer speziellen Bahnstrecke, auf der Hobby-Lokführer fahren dürfen. „Ein Herr hatte sich dort bei der Fahrt aus dem Fenster gelehnt, aber leider war draußen ein Pfosten. Das war wirklich eine schlimme Verletzung“, erinnert sie sich.
Jeder kann helfen
Weil es immer und überall zu Notsituationen kommen kann, rät Dr. Julia Anna Droste dazu, nicht nur einmalig für den Führerschein, sondern in regelmäßigen Abständen einen Erste-Hilfe-Kurs zu besuchen. „Ein Rettungsdienst braucht einige Minuten, bis er eintrifft. Für jemanden, der plötzlich zusammenbricht und wiederbelebende Maßnahmen benötigt, sind diese Minuten sehr wertvoll“, sagt die Chefärztin. „Wer schnell mit einer Druckmassage beginnen kann, kann Menschenleben retten.“
Bei Wiederbelebungsmaßnahmen gilt das Prinzip „Prüfen, Rufen, Drücken“, erklärt die 44-Jährige. Erst prüfen, ob derjenige wirklich bewusstlos ist. Dann Hilfe rufen und schließlich anfangen zu drücken. „Wir haben das neulich mit Schülern in der siebten Klasse im Gymnasium gemacht, ihnen kurz die Theorie erklärt und sie dann an den Puppen üben lassen“, erzählt Dr. Julia Anna Droste. „Die haben das richtig, richtig gut gemacht. Ich glaube, das kann jeder, wenn er das immer mal wieder wiederholt.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 15. Oktober 2024.