
Eine Familie steht unter Schock: In der Nacht legte jemand ein Feuer unmittelbar an ihrem Wohnhaus in Habinghorst. © Lydia Heuser
Familie entgeht Tragödie: „Ich dachte, hier explodiert gleich alles“
Mülltonnen in Brand
In der Nacht zu Mittwoch brannte wieder eine Mülltonne, wie Anfang September mehrfach. Hasibe Kilic bemerkte den Brand an ihrem Haus und fürchtete das Schlimmste. Der Staatsschutz ermittelt nun.
Hätte Hasibe Kilic nicht noch am Nachmittag Kaffee mit ihren Freundinnen getrunken, hätte sie nicht bis fast 4 Uhr morgens noch im Wohnzimmer ferngesehen, weil sie nicht schlafen konnte: Die Nacht wäre wohl anders ausgegangen.
Die Habinghorsterin wäre nicht erst weit nach Mitternacht rauf in den ersten Stock in Richtung Schlafzimmer gegangen. Sie hätte nicht das Flackern draußen gesehen, das sie zunächst nicht zuordnen konnte. Vielleicht wäre ihr Haus abgefackelt.
„Hier an der B235 passiert ja dauernd nachts etwas“, sagt sie am Mittwoch, am Tag nach dieser Schreckens-Nacht, die in einer Tragödie hätte enden können. Denn das Flackern, das Hasibe Kilic sah, war das Flackern von Flammen. Und zwar direkt vor ihrem Haus.
Explodiert gleich der Öltank?
Als die gebürtige Türkin das begriff, kam ihr gleich der Öltank in den Sinn. Sofort weckte sie ihren Mann und wählte den Notruf. „Die haben gesagt, wir sollen alle schnellstmöglich aus dem Haus gehen. Ich dachte, hier explodiert gleich alles“, erzählt Hasibe Kilic, der man den Schrecken der vergangenen Nacht am nächsten Tag noch deutlich ansieht.
Ihr Sohn lebt mit der Familie im Vorderhaus. Um die machte sich die zweifache Mutter besonders große Sorgen. „Wie soll ich die jetzt wach kriegen, hab ich mich gefragt. Die stellen nachts wegen der Kleinen immer die Schelle ab und haben die Rollläden unten.“
Sie schaffte es rechtzeitig, ihren Sohn und dessen Familie zu wecken. Draußen konnten sie sich dann ansehen, was passiert war: An der Hausfassade brannten die Mülltonnen. Das Haus aber brannte nicht.
Am Morgen danach sind die Spuren noch deutlich sichtbar. Ein Flatterband der Polizei sperrt den Bereich rund um die Mülltonnen-Abstellfläche ab. Auch eine Limousine, die in der Einfahrt steht, ist beschädigt. Der hintere Kotflügel ist durch die Hitze geschmolzen. Von den zwei Restmülltonnen, der gelben und der Papiertonne ist gar nichts mehr übrig.

Von den Mülltonnen, die hier brannten, ist nichts mehr übrig. © Lydia Heuser
Verdacht auf Wiederholungstat
Wie hoch der Schaden ist, konnte die Polizei am Mittwoch (12.10.) noch nicht abschätzen. Sie teilte aber mit, dass sie noch in der Nacht einen Verdächtigen festnehmen konnte: ein 21-Jähriger, wohnungslos, der auch mit ähnlichen Straftaten Anfang September in Verbindung gebracht wird.
Als Hasibe Kilic das hört, ist sie schockiert. „Wenn der obdachlos ist, hätte er klingeln können. Ich hätte ihm was zu essen gegeben“, sagt sie in einer spontanen Antwort. „Aber sowas macht man nicht.“
Die Habinghorsterin wirkt zugleich erleichtert, dass die Polizei jemanden festnehmen konnte. Dass es wohl keine persönlich oder fremdenfeindlich motivierte Tat war, sondern vermutlich ein Mann, der einfach wahllos Mülltonnen anzündet.
Staatsschutz in Ermittlungen eingebunden
Es hätten ja auch Neonazis sein können, denkt sie. So wie 1993 in Solingen, als fünf Menschen in einem Zweifamilienhaus Opfer eines Brandanschlags wurden. Polizeisprecherin Corinna Kutschke sagt auf Anfrage der Redaktion, dass der Staatsschutz tatsächlich eingebunden sei. Von einer fremdenfeindlichen Tat gehe man aber nicht aus.
Den Einsatzkräften ist Hasibe Kilic dankbar. „Die kamen sehr schnell und wir durften im Auto warten, damit wir nicht frieren.“ Nach etwa einer Stunde konnten die Familien zurück ins Haus. Doch an Schlafen war nicht mehr zu denken. „Ich bin immer wieder aufgewacht, weil ich schlecht geträumt habe“, erzählt Tochter Ayse Kilic.
Die Familie muss nun erstmal zur Ruhe kommen und hofft, dass sich Zeugen bei der Polizei melden, damit sich der Anfangsverdacht gegen den 21-Jährigen erhärten lässt. Für die zweifache Mutter zählt indes nur eins: „Gott sei Dank sind wir alle noch am Leben.“
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
