Aus dem Kongo nach Castrop-Rauxel Jetzt lernt Victoire Makambu (17) schwimmen

Aus dem Kongo nach Castrop-Rauxel: Jetzt lernt Victoire Makambu (17) schwimmen
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Das Gesicht im Wasser, die Arme voraus. So schwimmt die 17-jährige Victoire Makambu im Hallenbad in Castrop-Rauxel auf ihre Schwimmlehrerin Dagmar Baak zu. Vor rund einem halben Jahr kam das Mädchen aus dem Kongo nach Deutschland, nun lernt sie schwimmen. Warum sie sich für den Kurs entschieden hat? „Weil ich nicht schwimmen konnte“, ist die einfache Antwort der 17-Jährigen. In ihrer Heimat könne fast niemand schwimmen.

Manche Teilnehmenden am Schwimmkurs für Jugendliche und Erwachsene wollen nur an ihrer Technik feilen, viele fangen aber wie Victoire Makambu bei null an. Dann beginnen sie im Nichtschwimmerbecken. „Hier gibt es eine Eins-zu-Eins-Betreuung“, erklärt Martin Baak von der DLRG. Er leitet den Schwimmkurs.

„Beim ersten Mal hatte ich Angst“

Mit 17 Jahren ist Victoire Makambu eine der jüngeren Teilnehmerin beim Schwimmkurs. „Unsere älteste Teilnehmerin war schon weit über 70, aber wollte einfach schwimmen lernen“, sagt Martin Baak.

Dagmar Baak von der DLRG Castrop-Rauxel bringt Victoire Makambu das Schwimmen bei.
Dagmar Baak von der DLRG Castrop-Rauxel bringt Victoire Makambu das Schwimmen bei. © Luca Füllgraf

„Beim ersten Mal hatte ich Angst“, sagt die 17-Jährige. Auch Martin Baak erinnert sich: „Sie hat sich nicht getraut, mit der Nase ins Wasser zu gehen.“ Ein weiteres Problem damals: Die Sprachbarriere. „Wir haben wirklich überlegt, ob wir bei der DLRG jemanden haben, der Französisch spricht“, erzählt Martin Baak. Doch das legte sich von Training zu Training immer mehr. „Wenn man langsam mit mir spricht, verstehe ich vieles“, sagte Victoire Makambu. Nur das Reden falle ihr noch etwas schwer. Ob ihr der Kurs Spaß macht? „Ja“, antwortet das Mädchen und nickt.

3,6 Millionen Nichtschwimmer

In einer Forsa-Umfrage der DLRG von 2022 gaben fünf Prozent der über 14-Jährigen an, nicht schwimmen zu können. Das bedeutet, 3,8 Millionen der Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland sind Nichtschwimmer. „Menschen mit Migrationshintergrund können doppelt so oft nicht schwimmen (9 Prozent) wie Menschen ohne diesen (4 Prozent)“, schreibt die DLRG in der Auswertung dieser Statistik.

Seit 40 Jahren bringt Martin Baak von der DLRG Castrop-Rauxel erwachsenen Menschen das Schwimmen bei.
Seit 40 Jahren bringt Martin Baak von der DLRG Castrop-Rauxel erwachsenen Menschen das Schwimmen bei. © Luca Füllgraf

Erwachsenen Menschen das Schwimmen beizubringen ist etwas ganz anderes als bei Kindern, weiß Martin Baak: „Wenn man Kindern etwas sagt, dann machen die es blind. Bei Erwachsenen muss das erstmal durch den Kopf.“

Jeden Montagabend können die Schwimmanfänger für eine halbe Stunde ins Hallenbad in Castrop-Rauxel kommen und lernen. Die Becken teilen sie sich dann mit anderen Gruppen. Die 90 Minuten Schwimmzeiten der DLRG pro Woche sind knapp bemessen.

„Mach die Hüfte gerade“

Kursteilnehmer Halkawt Ali schwimmt im tiefen Becken. Als der Familienvater im vergangenen Jahr im Ägypten-Urlaub war, fiel die Entscheidung, endlich richtig schwimmen zu lernen. „Dort gibt es so eine schöne Welt unter dem Wasser. Alle waren tauchen und ich konnte sie nur von oben sehen“, erzählt er. Zurück in Castrop-Rauxel machte er sich online auf die Suche nach einem Schwimmkurs für Erwachsene und stieß auf den DLRG-Kurs. Das ist etwa elf Monate her und seitdem war er fast 30-mal im Hallenbad. Angst vor dem Wasser oder Scham, dass er nicht schwimmen kann, hatte er nie. Aber neben der Arbeit regelmäßig zum Kurs zu kommen, sei anfangs schwer gewesen, sagt er. „Aber das Lernen macht mir Spaß.“

Anfangs traute sich Victoire Makambu nicht, beim Schwimmen den Kopf ins Wasser zu stecken. Doch sie hat in den vergangenen Monaten viel gelernt.
Anfangs traute sich Victoire Makambu nicht, beim Schwimmen den Kopf ins Wasser zu stecken. Doch sie hat in den vergangenen Monaten viel gelernt. © Luca Füllgraf

„Mach die Hüfte gerade!“ oder „Finger zusammen!“, ruft Martin Baak ihm und anderen Schwimmanfängern im tiefen Becken vom Beckenrand aus zu. Was schiefläuft, sehe er nach über 40 Jahren Erfahrung gleich auf den ersten Blick. „Unser Ziel ist, dass alle sicher schwimmen und nicht, dass sie gleich Meisterschaften gewinnen“, sagt er. Viele der Teilnehmenden kommen nicht mehr wieder, wenn sie einmal schwimmen können. Das sei zwar schade, aber verständlich, sagt Martin Baak. Es gibt aber auch andere Fälle. Ein junger Mann, der 2015 aus Syrien flüchtete und in Castrop-Rauxel das Schwimmen lernte, ist inzwischen Rettungsschwimmer bei der DLRG.

Achtmal war Victoire Makambu schon beim Schwimmtraining und möchte nun ihre Zehnerkarte verlängern. Danach könne sie es ins tiefe Becken schaffen, ist sich Martin Baak sicher. „Ich habe die Hoffnung, dass Victoire noch länger bei uns bleibt.“

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