Als Lehrerin ist Indra Krebs selten sprachlos. Aber zu dem, was ihr und ihrer Klasse auf der Rückfahrt vom Besuch des Movie Parks in Bottrop widerfuhr, fehlten ihr die Worte. Was war passiert?
Die Klasse 8d des Ernst-Barlach-Gymnasiums in Castrop-Rauxel hatte am letzten Montag viel Spaß im beliebten Freizeitpark gehabt und befand sich auf der Heimfahrt im Regionalexpress der Deutschen Bahn. „Plötzlich kam eine völlig aufgelöste Schülerin zu meiner Kollegin. Der DB-Kontrolleur hatte sie aufgefordert, ein Bußgeld von 60 Euro zu zahlen“, so die Lehrerin. Was war der Hintergrund? Sie hatte bei der Fahrscheinkontrolle ihr Schoko-Ticket gezeigt, allerdings verlangte der Schaffner auch ihren Schülerausweis, den sie nicht dabeihatte.
Dazu Indra Krebs: „Wir haben uns sofort entschuldigt und bestätigt, dass die Schülerin zu unserer Klasse gehört. Der Kontrolleur ließ sich auf nichts ein, mit der Begründung, dass er seinen Job gewissenhaft ausführen würde. Auch unser Angebot, dass die Eltern der Schülerin unverzüglich ein Foto des Schülerausweises zuschicken könnten, wurde strikt abgelehnt. Er habe dafür keine Zeit, schließlich müsse er den ganzen Zug noch kontrollieren, so der DB-Mitarbeiter.“

Schoko-Ticket ohne Ausweis
Die Personalien der Schülerin wurden aufgenommen und ein Bußgeld von 60 Euro verhängt. Sobald die Familie den Nachweis erbringt, dass das Mädchen im Besitz eines Schoko-Tickets und Schülerin des EBG ist, wird das Bußgeld erlassen und lediglich eine Bearbeitungsgebühr von 7,50 Euro erhoben.
Damit war aber die Begegnung mit dem ‚gewissenhaften‘ Kontrolleur noch nicht vorüber. Indra Krebs schildert die nächsten Minuten: „Er wollte die Tickets der anderen Schüler sehen, die ich ihm vorzeigte. Nachdem er diese begutachtet hatte, erklärte er süffisant: ‚Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie: die gute ist, Sie haben alle Fahrscheine, die schlechte ist, die sind nicht gültig, da sie nicht entwertet sind!‘“
Die EBG-Lehrerin fiel aus allen Wolken: „Das war natürlich meine Schuld, aber bei dem Trubel, der vor der Hinfahrt am Rauxeler Bahnhof herrschte, ist uns das völlig untergegangen. Wir haben uns sofort entschuldigt und ihn nett gebeten, ob er die Karten nicht abstempeln könne. Das wurde konsequent abgelehnt, da es schließlich nicht seine Aufgabe sei.“
Aussteigen oder Zahlen
Stattdessen machte der Zugbegleiter das Angebot: „Sie können jetzt aussteigen oder zahlen.“ 360 Euro verlangte der Mitarbeiter der Deutschen Bahn – für die Tickets der 27 Schüler. Auf die verblüffte Nachfrage der beiden Lehrerinnen, ob das sein Ernst sei, verwies er wieder auf seine Vorschriften, machte aber kurz darauf den Vorschlag: „Ich darf ja nicht so einfach eine ganze Schulklasse aus dem Zug werfen. Daher können Sie an der nächsten Haltestelle aussteigen und die Tickets entwerten.“
In Buer-Süd verließen dann die EBGler den Zug, um schnell die Fahrscheine zu entwerten. Indra Krebs war völlig überrascht: „Der ganz Bahnsteig war eine große Baustelle, es war weit und breit kein Entwertungsapparat zu sehen. Als der Lokführer aus dem Fenster schaute, habe ich ihn nach einem solchen Apparat gefragt. Mit den Worten ‚Das weiß ich auch nicht, das ist nicht meine Aufgabe.‘ schloss er das Fenster und setzte die Fahrt fort.“ Die verblüffte EBG-Klasse musste auf dem Bahnsteig zurückbleiben.
Verständnisvoller Mitarbeiter
Indra Krebs wählte kurz entschlossen die DB Hotline, um zu erfahren, wie die Fahrt fortgesetzt werden könne. Sie erinnert sich: „Nach mehreren Anläufen hatte ich einen Mitarbeiter am Apparat, der sehr verständnisvoll war und sich entschuldigte mit den Worten ‚Das ist ein Unding, so kann man Sie nicht behandeln‘. Sollte keine zügige Verbindung nach Castrop-Rauxel möglich sein, könnten wir ein Taxi nehmen und die Kosten würden erstattet.“ Die Lehrerin wunderte sich: „Ein Taxi für 27 Schüler?“
Inzwischen hatten Lehrer und Schüler nach den nächsten Verbindungen gegoogelt. Mit der Straßenbahn ging es zum Gelsenkirchener Hauptbahnhof, natürlich nicht ohne vorher die Tickets abgestempelt zu haben. Schließlich erreichten Schüler und Lehrer den Rauxeler Bahnhof mit einer Stunde Verspätung.
Indra Krebs wandte sich schließlich noch an die Beschwerdestelle der Deutschen Bahn: „Die Reaktion der Mitarbeiterin war kurz und knapp: ‚Das ist doch Ihre Schuld.‘ Damit hatte sie natürlich völlig Recht, aber ich bin der Meinung, dass das Verhalten des Kontrolleurs völlig unangemessen war.“
Reaktion der Deutschen Bahn
Auf Anfrage der Redaktion erklärte ein Bahnsprecher: „Unser Mitarbeiter hat sich entsprechend der geltenden Richtlinien korrekt verhalten. Das Fahren ohne gültigen Fahrausweis zieht üblicherweise eine Fahrpreisnacherhebung von 60 Euro pro Kunde nach sich. Die Fahrscheine hätten vorher entwertet werden müssen. Dies sollte die Lehrerin wissen. Oder sie hätte sich vorher informieren müssen.“
Weiterhin geht der Bahnsprecher davon aus, dass der Kontrolleur nicht darüber informiert war, dass am Bahnhof in Buer-Süd keine Entwertungsautomaten zur Verfügung standen. „Im Gespräch mit ihm werden wir ihn sensibilisieren, künftig besonders auf Bauarbeiten in Bahnhöfen zu achten und gegebenenfalls alternative Bahnhöfe in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus werden wir den Sachverhalt auch in kommenden Teamsitzungen des Zugpersonals zur Sprache bringen und gemeinsam erörtern.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 16. Oktober 2024.
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