Binden und Tampons für Mädchen und junge Frauen, kostenlos und auch scham- und barrierefrei zur Verfügung gestellt: Das war das Ziel der Initiatoren, als im Frühjahr 2023 die Castrop-Rauxeler Politik diskutierte. Eine zum Teil schräge Debatte und ein ganzes Planungs-Jahr später stehen die Menstruationsartikel nun an verschiedenen Stellen, vor allem an den weiterführenden Schulen, bereit.
Im spielerischen Jugendrat der Schulen der Stadt Castrop-Rauxel bei einer Sitzung am 19. September im Ratssaal kam das Thema wieder auf die Agenda: Was ist denn nun daraus geworden, wollten die Schülerinnen und Schüler von der Verwaltung wissen. Es hieß: Das Material und die Spender sind bei der Stadt eingetroffen.
Rückblende: Unsere Redaktion recherchierte das Thema im März 2023 bei Unternehmen. Dein seit August 2022 können Frauen in Schottland in die Apotheke oder ins Rathaus gehen und bekommen kostenlose Tampons und Binden. Eingeführt wurden die kostenlosen Menstruationsprodukte dort, um gegen die sogenannte Perioden-Armut vorzugehen.
Wir fragten also in der Castrop-Rauxeler Unternehmerschaft an: Stellen Sie ihren Beschäftigten Binden und Tampons auf den Damen-Toiletten zur Verfügung? Das Ergebnis: keine Antworten oder kein Bedarf. „Meines Wissens ist noch nie ein entsprechender Wunsch aus der Mitarbeiterschaft geäußert worden“, sagte zum Beispiel Holger Böhm, Sprecher des Rochus-Hospitals.
„Menstruationssozialismus“
Die Jusos und die Grüne Jugend nahmen das zum Anlass, über ihre Fraktionen im Rat einen Antrag zu stellen: Im Bürgerbüro, im Jugendamt und anderen städtischen Einrichtungen sowie weiterführenden Schulen sollte es zukünftig kostenlose Menstruationsartikel geben. Sowohl die vandalismussichere Bereitstellung als auch ein barrierefreier Zugang, also ohne jemanden fragen zu müssen, waren dabei Kriterien.
Die Debatte darüber wurde zum Teil wild geführt: Michael Fritsch von der CDU sprach von einem „Menstruationssozialismus“ und verglich den Antrag mit einem, der „Freibier für alle“ fordere. Notburga Henke, die in der Corona-Pandemie bei den Grünen rausflog, weil sie die Maskenpflicht bewusst verweigerte, forderte auf der Basis auch Gratis-Kondome.
Am Ende gab es aber Zustimmung mit der Mehrheit der Koalition. Und nun heißt es rund sieben Wochen nach einer Anfrage unserer Redaktion an die Stadtverwaltung: „An jeder weiterführenden Schule werden inzwischen Damen-Hygieneartikel kostenlos angeboten. Die Befüllung der Spender bzw. die Ausgabe der Artikel wird vom jeweiligen Sekretariat organisiert.“
Stadtsprecherin Nicole Fulgenzi erklärt, es gebe an vier von sechs Schulen Spender auf den Mädchen-Toiletten, bei der Realschule auch in der Sporthalle und sonst immerhin im Sekretariat. An den zwei Standorten der Martin-Luther-King-Förderschule (Ickern-End / Bahnhofstraße) seien die Artikel im Erste-Hilfe-Raum erhältlich.