Während die Einwohnerzahl der Stadt sinkt, kommen mehr Neubürger aus dem Umland. Für Bürgermeister Kravanja eine Bestätigung, weiter Wohngebiete auszuweisen. Den Bedarf sieht nicht jeder.
Seit Jahren sinkt in Castrop-Rauxel die Einwohnerzahl - nur 2015 war es umgekehrt. Doch langfristig scheint auch die Zuwanderung von Flüchtlingen, die 2015 ihren Höhepunkt erreichte, den Bevölkerungsrückgang nicht stoppen zu können. Aktuell leben laut Stadt 75.498 Menschen in Castrop-Rauxel (Stand: 31. Juli). Das sind bereits 300 Bürger weniger als zum Ende des Vorjahres.
Mehr Zuzüge aus den Nachbarstädten Dortmund, Bochum und Herne
Deutlich positiver stimmt da eine andere Entwicklung: Unter dem Strich sind im Vorjahr mehr Dortmunder zugezogen, als Castrop-Rauxeler in die Nachbarstadt abwanderten. Die Stadt Dortmund sucht sogar schon mit einer Arbeitsgruppe nach den Gründen.
Ähnlich sieht der Wanderungstrend bei den umliegenden Städten Bochum und Herne aus. Laut Stadtsprecherin Maresa Hilleringmann zogen 666 Dortmunder 2017 nach Castrop-Rauxel, 287 aus Bochum und 269 aus Herne. Nach Dortmund wanderten hingegen 439 Castrop-Rauxeler ab, 222 nach Herne und 173 nach Bochum.
Wie will die Stadt das Potenzial nutzen?
Mit Blick auf die großen Städte im direkten Umland zeigt die Bilanz also das komplette Gegenteil: ein deutliches Plus. „Die Zahlen beweisen, dass wir mit unseren Beschlüssen und Bestrebungen, neues Wohnbauland auszuweisen, auf dem richtigen Weg sind“, sagt Bürgermeister Rajko Kravanja dazu auf Anfrage. „Vor allem zeigen sie aber auch, dass wir dank dieser Zuzüge dem Trend des demografischen Wandels etwas entgegen setzen können.“
Die Bestätigung für neues Wohnbauland kann Thomas Krämerkämper, NRW-Vorstandsmitglied im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), nicht nachvollziehen. „Das Angebot ist da. Sie finden heute problemlos über 100 Mietwohnungen.“ Und im Vergleich zu den Nachbarstädten sei Castrop-Rauxel sehr gut aufgestellt. „Das alles deutet überhaupt nicht darauf hin, dass wir einen angespannten Markt haben“, erklärt Krämerkämper. Neuer Wohnraum würde eher zu Leerständen und „ineffizienter Nutzung“ führen.
Stadt rechne mit „irrelevanten“ Zahlen
Von den Zuzügen aus dem Umland sollte man sich nicht blenden lassen. „Es hilft nicht“, so Krämerkämper. Schließlich ist das gesamte Saldo weiterhin deutlich negativ. Das erkennt auch die Stadt. „Jedoch ist die Einwohnerzahl in den letzten Jahren nicht so stark geschrumpft wie die Prognosen es ursprünglich vorhergesehen hatten und wie es vielleicht in manch anderer Ruhrgebietsstadt der Fall ist“, sagt Hilleringmann.
Das Castrop-Rauxel im Vergleich zu denen gut da stehe, könne man laut Krämerkämper als „Fabel“ bezeichnen. Generell rechnet er mit den per Gesetz amtlichen Einwohnerzahlen der Landesdatenbank NRW statt mit den Zahlen der Stadt: „Die unkorrigierten Melderegisterdaten sind keine Politikgrundlage.“ Nicht registrierte Abmeldungen ließen die städtischen und offiziellen Zahlen immer weiter auseinanderlaufen. Im vergangenen Jahr gab es eine Abweichung von fast 2000 Bürgern.