„Das ist ganz schön starker Tobak“, warnt mich ein Kollege am Morgen, bevor ich mich auf den Weg zur Aula des Adalbert-Stifter-Gymnasiums mache. Hier findet für knapp 150 Schüler der Fridtjof-Nansen-Realschule der Crash Kurs NRW statt, um sie für die Verkehrssicherheit zu sensibilisieren.
Rettungskräfte erzählen von ihren Erfahrungen mit schweren Verkehrsunfällen. Die Vortragenden berichten sachlich, nüchtern, mitunter auch sehr detailreich von ihren Erlebnissen. Es geht um Unfallursachen und darum, welche Folgen ein Verkehrsunfall haben kann – für Verunglückte, Angehörige und Rettungskräfte. Die Geschichten haben es in sich.
Klaus Ahrmann, ehemaliger Polizeihauptkommissar, erzählt, wie es ist, als erster am Unfallort einzutreffen. Feuerwehrmitarbeiter Michael Brudek erzählt, wie sich das Leben eines jungen Kollegen durch seinen ersten Rettungseinsatz verändert hat. Bei dem Autounfall, zu dem die beiden gerufen wurden, kamen drei Freunde des jungen Kollegen ums Leben.
Jörg Hansmeyer, leitender Notarzt im Kreis Recklinghausen, erklärt, was mit den Menschen bei einem Autoaufprall passiert. In Notfallsituationen muss er entscheiden, wem man als Erstes helfen muss; wem man überhaupt noch helfen kann. Notfallseelsorger Peter Rutz erzählt von Eltern, die er begleitet hat, nachdem ihr Sohn bei einem Autounfall gestorben ist.
Auch ohne die Fotos im Hintergrund sind das Geschichten, die unter die Haut gehen. Deswegen wird die Veranstaltung von mehreren Seelsorgern begleitet. Einige Schüler verlassen während der Vorträge den Saal.
Die Veranstaltung macht Eindruck bei den jungen Menschen. „Das bringt wirklich was“ und „das war eine gute Veranstaltung“, sagen die Schüler danach. Aber es gibt auch Sorge und Angst, nachdem man die schlimmen Folgen gesehen hat, die Verkehrsunfälle haben können.
Prävention durch Angst – ist das der richtige Weg? Bei mir hinterlässt die Veranstaltung ein sehr mulmiges Gefühl, als ich auf dem Rückweg eine Straße überquere. Schließlich hat die Veranstaltung eines gezeigt: Verkehrsunfälle können jeden treffen – auch vermeintlich unbeteiligte Fußgänger.
Jetzt, direkt nach den Vorträgen, sind diese Bilder noch sehr lebhaft im Kopf. Aber ob die Geschichten auch noch in zwei Wochen, zwei Monaten oder zwei Jahren so präsent sein werden? Ich frage mich, wie wirksam die Veranstaltung langfristig ist.
Die Vortragsreihe wird von der Universität Köln wissenschaftlich begleitet, sagt Michael Brudek. Da gebe es nachweisbare Daten, dass die Veranstaltung einen Mehrwert hat, also die Unfallzahlen sinken.
Zum Crash Kurs NRW gehört auch eine Nachbereitung, die in den Klassen stattfindet. Hier soll das Erfahrene ausgewertet werden. Außerdem geht es um konkrete Handlungen, um Verkehrsunfälle zu verhindern. Denn eines ist nach dieser Veranstaltung sehr präsent: der Wunsch nach Sicherheit.
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