Drei Grad unter Null: Es ist kalt an diesem Donnerstagmorgen. Vor dem Betriebshof der DSW21 an der Bahnhofstraße lodern Flammen aus einer Tonne, aus der „Ver.di“ und „10.5%“ ausgefräst wurde. Es ist ein stiller Protest, der von hier aus den Berufs- und Schulbusverkehr in Castrop-Rauxel in Teilen lahmlegt. Von den 140 Beschäftigten am Standort Engelsburgplatz arbeitet keiner. Einige tragen Westen. Sie streiken.
Ein paar Hundert Meter weiter ist das Ernst-Barlach-Gymnasium. Hier laden Tag für Tage viele Busse Schüler ab. Sie kommen unter anderem mit den Linien 480 bis 482 aus der ganzen Stadt angefahren. Diese Linien sind den ganzen Tag über nicht unterwegs. Der Warnstreik der DSW21 wirkt sich aus: Mehr Schüler als sonst kommen zu Fuß oder werden gebracht. Auf der schmalen Lunastraße wird es gegen 8 Uhr eng, noch ein bisschen enger als sonst schon.
Warnstreik führt zu „Fällt aus“
An der Anzeigetafel am Europaplatz leuchtet hinter fast jedem der Busse, die hier fahren sollen, ein „Fällt aus“ auf. Doch die drei Schüler, die hier um 7.35 Uhr warten, steigen einfach in die Linie 237 ein. Die bringt sie zur Fridtjof-Nansen-Realschule, wo um 8 Uhr der Unterricht beginnt. Schulleiter Ulrich Gerdesmeyer hatte schon im Vorfeld „seine“ Schüler per Aushang über den Warnstreik informiert und angekündigt, dass wohl auch Schüler fehlen würden.
An der Schule selbst läuft es gegen 7.45 Uhr aber wie üblich: Schüler trotten in den Haupteingang, Eltern lassen sie an der Germanenstraße oder der Langen Straße aus dem Auto aussteigen. Andere kommen mit Bussen von HCR, Bogestra oder Vestische. Deren Busfahrer streiken nicht. Sie werden es vermutlich aber in der kommenden Woche tun.

„Wir streiken nicht nur für uns“, sagte Busfahrer Thomas Vorschütz. Er macht diesen Job seit über 30 Jahren und sagt uns im Interview am Betriebshof, dass die Arbeit schwerer geworden sei. Mehr Anfeindungen, wechselnde Dienstzeiten von einem auf den anderen Tag: Das schlauche. Und dann noch die Inflation, die jetzt auf den Schultern manch eines Geringverdieners schwer laste; die Tariferhöhung um 10,5 Prozent, die Verdi für die Beschäftigten im Nahverkehr fordert, sei absolut gerechtfertigt.
„Aber auch für Krankenschwestern, Erzieherinnen und andere“, meint Vorschütz und erhält Zustimmung von Martin Mürmann. Der ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei der DSW21, arbeitet eigentlich in seinem Büro Dortmund, ist aber an diesem Morgen auch in Castrop, um die Aktion zu unterstützen.
Ahnungslose Berufspendler
Als wir unseren Arbeitstag beginnen, treffen wir an der Haltestelle Grimbergstraße auf Schwerin um 7 Uhr zwei junge Leute an: eine Frau und ein Mann warten hier auf einen Bus. Nichts weist sie auf den Ausfall der Busse hin, die sonst hier fahren. Kein Schild, keine Live-Anzeige. „Oh, danke für den Hinweis, sonst hätte ich hier jetzt noch länger gestanden“, sagt die Frau, als unser Reporter sie informiert. Und jetzt? „Ich gehe nach Hause und fahre mit dem Auto zum Bahnhof“, erklärt sie.
Rund 200 Beschäftigte haben sich am Vormittag in Dortmund am Opernhaus versammelt. Sie ziehen mit Verdi-Westen, -Banner und -Fahnen durch die Innenstadt und machen auf ihren Protest aufmerksam. „Wir arbeiten nich für‘n Appel und‘n Ei“ steht auf einem Banner. Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 500 Euro im Monat für bundesweit 2,5 Millionen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst. Es gehe ihnen um nicht weniger als den Lebensunterhalt.
Ende Februar steht die zweite Verhandlungsrunde in Potsdam an. Die erste davon Ende Januar verlief ergebnislos.
Fotos vom Morgen an Schulen und am Busdepot und ein Interview mit zwei DSW-Beschäftigten auf rn.de/castrop
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