Deininghausens Dieter Mertens ist tot Pionier der Stadtteilvereine ließ Verwaltung keine Ruhe

Deininghausens Dieter Mertens (†89) ist tot
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Es war im Spätwinter 2017, als Dieter Mertens seinen Abschied auf Raten manifestierte. Er beendete seine Arbeit als Vorsitzender des Stadtteilvereins „Bürger für Deininghausen e.V.“, übernahm den stellvertretenden Vorsitz, aber nur noch, um Andrea Arnken bei der Weiterführung zu unterstützen. Heute, acht Jahre später, ist der Verein nicht mehr aktiv. Und Dieter Mertens gestorben. Am 23.12.2024 machte der dreifache Vater und Träger des Bundesverdienstkreuzes im Alter von 89 Jahren ein letztes Mal und für immer die Augen zu.

„Mister Deininghausen“ nannten ihn einige, unter anderem Manfred Herold, etwas jüngerer Vertreter derer, die sich seit Jahrzehnten für die Siedlung am Stadtrand von Castrop-Rauxel engagieren.

2014 feierten sie 10 Jahre "Bürger für Deininghausen" (v.l.): Dieter Mertens, Julius Rümenapp und Wolfgang George.
2014 feierten sie zehn Jahre "Bürger für Deininghausen" (v.l.): Dieter Mertens, Julius Rümenapp und Wolfgang George. © Peter Wulle (2014)

Dass dieses Deininghausen Liebe und Kümmerer brauchte, ist bekannt, seit es die in den 60er-Jahren entstandene Siedlung gibt. Wer ihre Entwicklung verfolgte, der weiß auch, dass der Kümmerbedarf über die Jahre nicht kleiner, sondern größer wurde. Und wo die finanziell eng ausgestattete Stadtverwaltung nicht selbst ran konnte und Projekte wie die „Lokale Agenda 21“ nicht wie gehabt weiter geführt wurden, da übernahmen Menschen wie Dieter Mertens das Heft des Handelns. Mertens, der bei Straßen.NRW in Bochum arbeitete und dort 1995 in Ruhestand ging, lebte hier mit seiner Familie: seit 1967 an der Erfurter Straße.

Er stieg 1984 in eine Umweltgruppe der Evangelischen Kirchengemeinde ein. Beim geplanten Bau einer Umgehungsstraße teilte Mertens dort seine Sachkenntnis aus dem Straßenbau. So fand man zu umweltgerechteren Lösungen. Aus der Gruppe mit rund 30 Mitstreiterin wurde eine „Stadtteilinitiative“. Sprecher: Mertens. Im Frühjahr 2004 gründete sich hieraus der Bürgerverein. Vorsitzender: Mertens.

Im Herbst 2004 war er Deininghausen-Lobbyist beim Besuch des NRW-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück in einer der ersten Offenen Ganztagsgrundschulen. Der stellte selbst fest, dass er „auf solchen Stühlen schon vor 50 Jahren gesessen“ habe und die Toiletten „unzumutbar“ seien. Mertens drückte Steinbrück das bereits erstellte „Integrierte Handlungskonzept“ in die Hand: ein Projektplan für Deininghausen, in dem auch viele seiner Ideen steckten.

Emine Kinac, die den Frauentreff am Freitag im DeinTreff Punkt leitete, und Dieter Mertens, Vorstandsmitglied im Stadtteil-Bürgerverein, im Gespräch über die Grünpflege in Deininghausen.
Emine Kinac, die den Frauentreff am Freitag im DeinTreff Punkt leitete, und Dieter Mertens, Vorstandsmitglied im Stadtteil-Bürgerverein, im Gespräch über die Grünpflege in Deininghausen. © Tobias Weckenbrock (2017)

„Er kümmerte sich um seinen Ortsteil und ließ Politik und Verwaltung keine Ruhe“, beschreibt Herold die Lobby-Arbeit von Dieter Mertens. So war er gegenüber anderen auch schon mal unbequem, wirkte gegenüber manch einem rechthaberisch, starrköpfig – aber eben allein für die gute Sache, für sein Deininghausen.

Dass das Projekt „Soziale Stadt“ verwirklicht werden konnte, war ganz sicher sein Verdienst. Es war wie der Stadtteilverein das erste Projekt seiner Art in Castrop-Rauxel. Habinghorst und Merklinde folgten später mit „Soziale Stadt“. Stadtteilvereine gibt es heute in Ickern, Rauxel, Habinghorst, Merklinde und auf Schwerin. Der Start des Vereins „Dein TreffPunkt“ mit einer Begegnungsstätte für den ganzen Stadtteil in seinem Zentrum am Bärenplatz 2008 belobigte Mertens mit den Worten „Ein Traum ist wahr geworden“.

Andrea Arnken übernimmt 2017 den Vorsitz des Bürgervereins von Dieter Mertens.
Andrea Arnken übernahm 2017 den Vorsitz des Bürgervereins von Dieter Mertens. © Mario Bartlewski

2004 versprach Peer Steinbrück beim Abschluss-Bier in der Vorgänger-Kneipe „Bummelzug“, er werde sich kümmern. Als 2006 bekannt wurde, dass die Bezirksregierung Gelder freimacht für den Schulhof-Umbau, da jubelte Mertens: „Das bürgerschaftliche Engagement für die nachhaltige Veränderung des Ortsteils seit mehr als einem Jahrzehnt hat sich gelohnt.“ Hunderttausende von Euros, die nur aufgrund seiner Initiativen, Ideen und Vorschläge hierher gelotst wurden. „Es gibt viele Anekdoten, Begegnungen, Projekte, die mit seinem Namen verbunden sind“, sagt Manfred Herold, der selbst als Quartiersmanager haupt- und ehrenamtlich vor Ort involviert war und es bis heute ist.

Ende 2010 verlieh Landrat Kay Sübercrüb Dieter Mertens das Bundesverdienstkreuz am Bande. „Ein wichtiges Anliegen ist ihm die Verständigung zwischen Menschen verschiedener Herkunft und Kulturen“, sagte der damals in seiner Laudatio. Deutsch-Sprachkurse, Kinderbücherei, Stadtteilbüro, Imagekampagne, ein Stadtteilfest, eine interreligiöse Gesprächsrunde nach dem 11. September 2001 und mehr: Alles Vermächtnisse von Dieter Mertens. Nicht alles davon ist bis heute geblieben, aber vieles hat Spuren hinterlassen.

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