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Die Briefwahl ruiniert den Wahlkampf und die Demokratie in Castrop-Rauxel
Meinung
In Castrop-Rauxel haben Tausende Wähler Briefwahl beantragt und stimmen bereits Wochen vor der Wahl ab. Sie verpassen eine wichtige Phase im Wahlkampf, findet unsere Kommentatorin.
Früher war die Briefwahl die Ausnahme. Sie war eine Notlösung für Leute, die am Wahltag im Urlaub waren, arbeiten mussten oder nicht mobil sind. Seit Corona mausert sich die Briefwahl zum neuen Standard. Es ist ja vermeintlich auch viel bequemer, sein Kreuz auf der Couch zu machen, statt am Wahltag zur nächsten Grundschule zu latschen.
Aber so wird ein wichtiger Teil der Meinungsbildung einfach übersprungen. Der Wahlkampf ist die Phase, in der sich die Kandidaten präsentieren und vorstellen. Gerade bei den Direktkandidaten ist es da mit einem „Ich wähle eh immer Partei X“ nicht getan.
Die Direktkandidaten sind unsere Vertreter, auch menschlich. Noch wichtiger als das Parteibuch sollte die Frage sein: Wer tut am meisten für Castrop-Rauxel? Welcher der Kandidaten ist mir sympathisch?
In den letzten Wochen vor der Wahl kann es noch Skandale geben, die die Meinung beeinflussen. Politik sollte nicht nur an ihren Leistungen der vergangenen Jahre gemessen werden, sondern auch an ihren Ideen für die Zukunft.
Und die gibt es oft erst im Wahlkampf, bei Podiumsdiskussionen (auch unserer Redaktion), Interviews oder Ständen auf dem Markt. Die Briefwähler überspringen diese Zeit einfach, mittlerweile meist aus Bequemlichkeit. Für unsere Demokratie ist das vor allem eines – schade.
Jahrgang 2000. Ist freiwillig nach Castrop-Rauxel gezogen und verteidigt ihre Wahlheimat gegen jeden, der Witze über den Stadtnamen macht. Überzeugte Europäerin mit einem Faible für Barockmusik, Politik und spannende Geschichten.
