Breitbandversorgung: Wie schnell ist Ihr Internet?
Daten, Fakten, Umfrage
Laut einer Studie ist die Breitbandversorgung in Castrop-Rauxel ziemlich gut. Wirklich? Wir schauen auf Ergebnisse, Schwachstellen und Pläne - und fragen Sie: Ist Ihr Internet wirklich so schnell, wie der Anbieter angibt? Machen Sie einen Speedtest!
Versorgung in der Fläche
„Aktuell gelten im Stadtgebiet 94 Prozent der Anschlüsse als versorgt.“ So umschreibt die Wirtschaftsförderungsgesellschaft WiN Emscher Lippe die Situation in Sachen Breitbandausbau in Castrop-Rauxel, nach deren Definition ein Anschluss als „versorgt“ bezeichnet ist, der eine Download-Geschwindigkeit von mehr als 30 Mbit erreicht: Das ist erst einmal ein ganz ordentliches Ergebnis.
Bis 2019 profitiert Castrop-Rauxel zudem von einem absehbar geplanten Ausbau des Breitband-Netzes durch die Telekom in Becklem. Das brächte weitere zwei Prozentpunkte. „Somit stehen zukünftig an 18.896 Anschlüssen 30 bis 100 Mbit/Sekunde zur Verfügung“, heißt es. Und: Die Zahl der unterversorgten Anschlüsse sinkt bis 2018 auf 743. In vielen bewohnten Bereichen liegt die maximale Download-Rate bei über 100 Mbit/Sekunde.
Die Werte
Für Privatanwender sagt man grundsätzlich, dass 16 Mbit im Download reichen, um an einem Gerät einen Film in HD-Qualität zu streamen. Allerdings gibt es einen Trend zu Ultra-HD; und in einem Heim-W-Lan laufen meist nicht nur ein Gerät, sondern auch Telefon, Tablets, Smartphones, PC und mehrere Fernsehgeräte über ein und dieselbe Leitung. Darum sagt man: 50 Megabit pro Sekunde sind gut; die Angebote gehen heute aber auch schon zu bis zu 200 Megabit pro Sekunde.
Und Achtung: Es geht dabei um den Download. Die Upload-Raten liegen bei fast allen Anbietern deutlich darunter – man spricht darum von asymmetrischem DSL. Das ist für Privatanwender in der Regel kein Problem. Aber für Unternehmen schon: Sie tauschen Datenmengen mit anderen Unternehmen und Kunden aus und sind daher oft auf symmetrische Anschlüsse angewiesen, bei denen der Upload genauso schnell geht wie der Download.
Bedenken muss man auch, dass Unternehmen in der Bewerbung ihrer Produkte die Werte meist als „bis zu“ angeben: „Erreichbar sind bis zu 50 Mbit/S im Download“ heißt in der Regel: Der Verteiler ist über Glasfaser angeschlossen, bis zu den Hausanschlüssen liegt Kupfer. Die Leistung hängt am Ende davon ab, wie lang das Kupferkabel bis zum Hausanschluss ist. Ob also wirklich 50 Megabit ankommen, ist offen.
Wie viel wirklich bei den Menschen ankommt, wollen wir wissen und fragen Sie deshalb: Wie schnell ist Ihr Internet wirklich? Machen Sie hier den Speedtest und tragen Sie dann Ihre Ergebnisse in unser Formular ein. Wenn genügen Menschen mitmachen, werten wir die Ergebnisse dann aus.
Der technische Hintergrund
Breitband funktioniert eigentlich nur über Glasfaserkabel. Entscheidend ist meist der Endausbau: Weil nicht in allen Straßenzügen Glasfaserkabel, sondern vor allem Kupfer-Telefonkabel liegen, kommt es zu geminderten Werten. In Teilen der Stadt – wie in anderen Städten auch – werden die dennoch guten Werte durch eine Übergangstechnologie erreicht, die sich Vectoring nennt. Dabei werden die üblichen Störungen aus den Kupferkabeln unter den Straßen und Gehwegen technisch herausgefiltert. Möglich ist das da, wo immerhin der Verteilerkasten in einem Straßenzug per Glasfaserkabel an die zentrale Versorgung angeschlossen ist. Auch das ist nicht flächendeckend der Fall. Problem beim Vectoring: Nur ein einziger Telefon- und Internetanbieter kann über ein Vectoring-Gerät in einem solchen Verteilerkasten schnelles Internet über Kupferkabel in einem bestimmten Straßenzug anbieten. Er hat dort also praktisch ein Monopol. Ziel ist, den Endausbau von den Verteilerkästen bis zu den Hausanschlüssen in den Straßen mit Glasfaser zu forcieren.
Die Schwachstellen
Anhand der Karte von Castrop-Rauxel sind sie zu erkennen: Besonders ganz im Norden der Stadt sind deutliche Schwachstellen zu erkennen: In Teilen Henrichenburgs gibt es Straßenzüge, die nur bis zu 16 Mbit/s erreichen. Das gilt auch für das Gewerbegebiet und Teile Becklems. Im Süden betrifft der unterversorgte Bereich vor allem das Gewerbegebiet Merklinde, im Westen das Gewerbegebiet Emscherschnellweg. Zudem ist Rütgers Chemicals und der Standort des Evangelischen Krankenhauses demnach unterversorgt; bei Rütgers ist laut der Studie aber nicht ganz klar, ob womöglich eine eigene gesonderte bessere Versorgung vorhanden ist.
Der regionale Vergleich
„Die Versorgungslage in Castrop-Rauxel ist insgesamt besser als im nördlichen Regionsgebiet“, heißt es in der Studie, die unserer Redaktion vorliegt und die am Dienstagabend im Ausschuss für Wirtschaftsentwicklung vorgestellt wurde. Beim Gewerbe in Castrop-Rauxel erreichen 59 Prozent der Anschlüsse mehr als 100 Mbit/s. Das ist weniger als Recklinghausen (knapp 70 Prozent) und Gelsenkirchen (etwas über 60 Prozent). Haltern am See und Dorsten kommen hier nur auf rund 25 Prozent, Waltrop und Datteln knapp 35 Prozent.
Es gebe aber eine Diskrepanz zwischen dem Angebot und der Nachfrage, sprich: Die Nachfrage ist größer als das aktuelle Angebot. Bis 2019 sinkt die Zahl der Anschlüsse, die nur 16 Mbit/s erreichen, auf zwei Prozent.
Die Wünsche vor Ort
Bei der Befragung nach den Wünschen in den Unternehmen Castrop-Rauxels äußerten die Firmen zu rund zwei Drittel den Wunsch nach mindestens 100 Mbit/s im Download. Für rund 75 Prozent der Betriebe bestand aber Bedarf an ebenso hohen Bandbreiten im Upload, sprich einem symmetrischen DSL-Angebot.
Der Ausblick
Die WiN veranstaltete gestern eine Exkursion mit den Tiefbauämtern der Städte, in der es um mindertiefe Verlegung von Glasfaser geht: Wie schaffen wir es, kostengünstige Ausbauten zu erreichen, ohne die Gehwege zu weit aufbuddeln zu müssen? Zudem werden Städte angehalten, bei Kanalbauarbeiten Leerrohre zu verlegen, in die Telekommunikationsfirmen nachträglich Glasfaserkabel praktisch minimalinvasiv „schießen“ können, ohne buddeln zu müssen. Es soll Vorgespräche mit der niederländischen Firma „Deutsche Glasfaser“ geben, die selbst aktuell sehr aktiv im Glasfaser-Ausbau ist. Es soll kommunale Breitbandbeauftragte geben und regionale Breitbandkoordinatoren ab Mai dieses Jahres. Zudem stellt der Kreis Recklinghausen einen Infrastruktur-Förderantrag für unterversorgte Gebiete auch in Castrop-Rauxel.
Die Stimmen
Georg Fischer von der WiN Emscher-Lippe prophezeite am Dienstag im Ausschuss noch einen Vorteil für Castrop-Rauxel: „Die Förderung, die es gäbe, wird wegen des Stärkungspaktes eine 100-Prozent-Förderung sein.“ Thomas Ratte von der Wirtschaftsförderung der Stadt meinte: „In Castrop-Rauxel sind die ‚weißen Flecken‘ nicht so groß. Nichtsdestotrotz haben die Bürgermeister im November Kooperationen angestoßen, um Fördermittel bei Bund und Land zu beantragen.“
Eine Fachfirma aus Greven untersuchte von April bis Oktober in der „NGA-Studie 2016“ die Region. Neben der Untersuchung des Ist-Zustandes ging es auch darum, für Gewerbegebiete, Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und Verwaltungsstandorte eine Planung zu entwickeln, wie der Breitbandausbau vonstatten gehen kann. Das Projekt ist gefördert durch das Wirtschaftsministerium NRW.