Boxspringbett statt Schleiflack-Schick Das Schlafzimmer wird immer mehr zum zweiten Wohnraum

Boxspringbett statt Schleiflack-Schick: Das Schlafzimmer wird zum zweiten Wohnraum
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Rund acht von 24 Stunden verbringen wir im Bett. Ein Drittel unseres Lebens also. Trotzdem widmeten sich viele Menschen diesem Ort der Wohnung nur sehr spärlich. Das Bett war lange Zeit, wie das gesamte Schlafzimmer, ein echtes Stiefkind in Sachen Einrichtung. Kalt und nüchtern ging es hier zu im weißen oder eierschalfarbenen Schleiflack-Schick.

Bis man aber überhaupt an diesem Punkt war, hatte der Körper schon all die billigen Matratzen, vererbten Bettgestelle und von gefühlten Generationen durchgelegenen WG-Schlafsofas hinter sich, auf die man als junger Mensch sein mehr oder minder müdes Haupt einst bereits gebettet hat. Kein Wunder, dass der marode Rücken jeden zweiten Menschen unserer Tage plagt.

Dabei predigen Bettenfachverkäufer wie Orthopäden nicht umsonst immer wieder mantramäßig: Eine gute Matratze und ein anständiges Bett sind maßgeblich für gesunden Schlaf, aus dem man ohne Gelenkschmerzen erwacht. Und gesunder Schlaf ist die Voraussetzung für einen Arbeits- oder Familientag mit all den Anforderungen, die uns plagen.

In der Jugend steckt man das miese Bett oft noch weg. Spätestens ab 30 aber wächst so langsam das Interesse an der heimischen Komfortzone. Das Bett dient dabei heute zum Glück nicht mehr nur der Nachtruhe, es ist für immer mehr Menschen zur Wellnessoase geworden. Früher war das Schlafzimmer bei Hausführungen Tabu-Ort. Wie das Bad ein Nutzraum ohne jeden Schick und jeden Charme.

Heute stecken die Menschen ein Vermögen in immer größer werdende Bäder und Designobjekte im Schlafzimmer. Spätestens mit dem ungebrochen anhaltenden Siegeszug des Boxspingbetts ist der Schlafraum auch zum Wohnraum geworden. War das Boxspringbett erst noch für Normalsterbliche unbezahlbarer Luxus, ist es heute „massentauglich“ geworden.

Wer nicht permanent im eigenen Saft oder irgendwann auf schimmeligen Matratzen liegen will, sollte allerdings beim Kauf eines Boxspringbettes nicht allzu geizig sein, raten Experten. Denn ohne das sonst übliche Lattenrost und den Luftraum darunter sind die Matratzen der Boxspringbetten längst nicht so gut belüftet wie herkömmlich aufgebaute Betten.

Beim Boxspringbett werden übrigens zwei Varianten unterschieden: das amerikanische Boxspringbett und das skandinavische Boxspringbett. Der Unterschied besteht darin, dass die skandinavische Variante einen Topper besitzt, die amerikanische hingegen nicht. Bei der amerikanischen Variante wird die Matratze klassischerweise nicht mit Stoff bezogen, sondern wie bei einem „normalen“ Bett in ein Bettlaken gehüllt. Bei der skandinavischen Variante erhält die Matratze einen Stoffbezug, da der Topper oben auf der Matratze aufliegt und nur der Topper mit einem Bettlaken bezogen wird.

Die Beliebtheit der Boxspringbetten liegt in ihrer kuscheligen, bequemen und gemütlichen Aura, hervorgerufen durch die charakteristische hohe und gepolsterte Rückwand aus Leder oder Stoff. Und natürlich durch ihre komfortable Höhe. Waren höhere Bettgestelle früher als „Seniorenbetten“ verpönt, ist alles zwischen 50 und 70 Zentimetern inzwischen heiß begehrt. Zumal bei Menschen, die im Bett nicht nur schlafen möchten, sondern mit dem Laptop oder dem Fernseher am Fußende das Bett und damit das Schlafzimmer zum neuen Wohnraum machen. In dem wir ja auch viel mehr Zeit pro Tag verbringen als im eigentlichen Wohnzimmer...

In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.

Hinweis der Redaktion: Diese Kolumne erschien ursprünglich am 10. August 2024.