Boostern bald beim Zahnarzt und Apotheker? „Können wir nicht stemmen“

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Boostern bald beim Zahnarzt und Apotheker? „Können wir nicht stemmen“

rnCorona-Impfung

Um die Impfquote zu erhöhen, sollen künftig auch Zahnärzte und Apotheker Impfungen gegen das Virus vornehmen dürfen. Der Vorschlag spaltet Castrop-Rauxeler Apotheker und Zahnärzte.

Castrop-Rauxel

, 04.12.2021, 17:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Bund-Länder-Chefs wollen, dass auch Apotheker und Zahnärzte gegen Corona impfen. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe geht von mehr als 200 zusätzlichen Impfstellen im Verbandsgebiet aus. Vorher muss der Bund aber noch rechtliche Vorgaben ändern.

Die Mitarbeiter der Zahnarztpraxis am Münsterplatz stehen dem Vorhaben positiv gegenüber. „Wir haben starkes Interesse, bei der Impfaktion mitzuhelfen“, erzählt Zahnarzt Dr. Thomas Dördelmann. Aktuell plant die Praxis außerhalb der regulären Sprechzeiten zu impfen, um den laufenden Betrieb nicht einzuschränken. „Natürlich ist das mehr Arbeit, aber man weiß ja wofür“, so Dördelmann.

Viele offene Fragen müssen noch geklärt werden

Eine zeitnahe Umsetzung sei aber nach Einschätzung des Zahnarztes nicht möglich. Grund dafür seien administrative Hürden. So sei beispielsweise die Lagerung und Bereitstellung von entsprechenden Geräten noch nicht geklärt.

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„Die Zahnärzte-Kammer war auf die Pläne nicht vorbereitet“, erklärt Dördelmann. Es könne nach Einschätzung des Zahnarztes daher noch Wochen dauern, bis in seiner Praxis die erste Spritze gesetzt wird. Mithelfen möchte Dördelmann trotzdem. Er hat vor, sich mit Hausärzten zusammenzuschließen, um dann in deren Praxen zu impfen.

Apotheker sieht sich in Verantwortung

Auch der Castrop-Rauxeler Apotheker Christoph Riesner steht schon in den Startlöchern. „Ich habe im Kopf schon die Vorbereitungen getroffen“, sagt der Inhaber der Flora-Apotheke an der Langen Straße. Räume habe er zur Verfügung im Haus, die Logistik müsse allerdings noch aufgebaut werden.

Christoph Riesner möchte in seiner Apotheke in Habinghorst impfen, sobald es möglich ist.

Christoph Riesner möchte in seiner Apotheke in Habinghorst impfen, sobald es möglich ist. © Christian Lukas

„Ich sehe mich in der Pflicht, mit anzupacken. Das höhere Ziel ist es doch, die Pandemie in den Griff zu kriegen“, meint Riesner.

„Auch wir sind am Limit“

Recep Durmus, Leiter der Lavendel-Apotheke in der Altstadt, sieht die Pläne der Politik hingegen kritisch. „Wenn wir jetzt noch impfen würden, wäre das schwierig zu stemmen.“ Ähnlich sieht es Benjamin Lieske von der Ickerner Markt-Apotheke: „Nicht nur die Ärzte sind ausgelastet, auch wir sind am Limit.“

Der Apotheker stellt mit seinem Team täglich 50 bis 100 digitale Impfzertifikate aus und testet Menschen auf Corona – all das sind zusätzliche Aufgaben, die er als Pharmazeut in der Pandemie übernommen hat.

Apotheker hinterfragt Sinnhaftigkeit des Vorhabens

Hinzu kommt die derzeitige Impfstoffknappheit – zumindest bei Biontech. Aus seiner Sicht mache es gar keinen Sinn, dass Apotheken jetzt zusätzlich in Impfaktionen einsteigen. Sie würden dann quasi den Ärzten den Impfstoff „klauen“. Recep Durmus: „Man sollte lieber die Lieferprobleme lösen, anstatt noch Apotheker mit ins Boot zu holen.“

Wenngleich Benjamin Lieske selbst momentan keine Corona-Impfungen anbieten möchte, steht er dem Vorstoß der Politik „prinzipiell offen gegenüber“. Trotzdem macht er einen Vorschlag, der die Kompetenzen vom Arzt und Apotheker besser bündeln könnte. Denn: Wer als Apotheker künftig impfen will, muss vorher noch eine Schulung absolvieren – was wieder Zeit frisst.

Versiert sind Apotheker aber in der Beschaffung der Impfpräparate und in der Vorbereitung der Spritzen. Der Großhandel liefert den Impfstoff nicht fertig aufgezogen in Spritzen aus, sondern in Glasfläschchen, sogenannten Vials (Phiolen). Deshalb hält Lieske es für sinnvoller, wenn Apotheker bei den Impfvorbereitungen helfen.

Im Impfzentrum des Kreises und in den Impfstellen, in denen die KoCis des Kreises impfen, sind Apotheker immer mit von der Partie: Sie leisten die Vorarbeit im Hintergrund, damit der Impf-Arzt stets genügend gefüllte Spritzen auf dem Tablett liegen hat.