
© Thomas Schroeter
Arno Kindermann war ein Macher und bleibt ein Macher
Ein Porträt
Auch in der Karriere nach der Karriere bleibt Arno Kindermann ein Macher. Früher erfolgreich in der Versicherungsbranche unterwegs, schließt er bald sein Kunststudium ab. Mit großen Plänen.
Er hat sich nie stoppen lassen. In der Schule nicht, in seiner ersten Ausbildung, bei der Bundeswehr, im Studium und in seiner Versicherungskarriere nicht. Warum also jetzt? Auch nach dem Ruhestand wird dieser Mann nicht ruhig. Arno Kindermann, Becklemer, macht weiter. Jetzt im Kunststudium.
Nicht an der Altenakademie etwa, nein, an der Freien Akademie der bildenden Künste in Essen. Nicht als Hobby nebenbei und ohne großen Anspruch. Nein, das käme bei Arno Kindermann nicht in die Tüte. Er gibt Vollgas, hat den Anspruch an sich, etwas Wahres abliefern zu können, von Profis ernst genommen zu werden. Und zu managen. Natürlich.
Der junge Arno sollte bei der Ruhrkohle anfangen
Aber fangen wir vorne an. Arno Kindermann wurde am 23. Februar 1954 in Waltrop geboren und wuchs in der Nachbarstadt Datteln in einer Zechensiedlung auf. Opa Bergmann, Vater Bergmann. Erst unter, später über Tage. Da sollte auch der junge Arno bei der Ruhrkohle untergebracht werden. Keine Frage. Gymnasium? Kein Thema.
Es ging auf die Volksschule, dann Handelsschule, dann Ausbildung als Industriekaufmann. Natürlich bei der Ruhrkohle. Arno Kindermann landete in Dortmund im Rechnungswesen. Musste aber schnell zur Bundeswehr. Wurde Funker. „Da fiel die Entscheidung: Industriekaufmann? Das kann es nicht gewesen sein“, so Kindermann.
Fachabi und Designstudium folgten
Am Ende der Dienstzeit wurde gekündigt. Kindermann machte Fachabi und schrieb sich in Dortmund (die Stadt wurde er in seinem Berufsleben nie wieder los) für Design ein. Das Studium fluppte, er tauchte ein in die Praxis und stellte wieder fest: „Da muss es noch was anderes geben.“ Das entspreche eh seinem Naturell, so Kindermann: „Ich zeige immer als Erster auf, wenn es um etwas Neues geht, wenn etwas ausprobiert werden soll.“
Er versuchte sich eine Zeit lang (erfolgreich natürlich) im Anzeigengeschäft für Bundeswehr-Standortbeilagen. Denn er war inzwischen Ehemann, wurde später Vater von drei Töchtern. Da war auch (finanzielle) Sicherheit gefragt.
Irgendwann dann stieß er zufällig auf eine Stellenausschreibung: Die Signal Iduna suchte einen Vorstandsassistenten. Kindermann hatte keine Ahnung, worum es ging, bewarb sich, landete im Traineeprogramm. Kindermann: „Da ging es erst mal an die Schüppe, Basiserfahrungen sammeln, Versicherungen verkaufen.“ Drei Jahre später saß er als Assistent tatsächlich im Versicherungsvorstand.
Kindermann war da, wo er hinwollte
Und dann ging es im Konzern richtig los. Die Karriere rollte, Kindermann war da, wo er hinwollte. Ein Macher eben, später zehn Jahre lang als Filialdirektor (in Dortmund) an den Schalthebeln, voll vernetzt in der Stadt, im Cityring, im Unternehmerverband auf Du und Du mit den Entscheidern in der Wirtschaft. „Das war der Hammer“, klingt das in seiner Selbsteinschätzung. Dann folgte noch die Vertriebsdirektion „und dann war Ende der Fahnenstange, dann kam die Altersteilzeit.“

Arno Kindermann will sein Studium im Herbst abschließen und seine Bilder dann ausstellen und „natürlich auch verkaufen“. © Thomas Schroeter
Hört ein Macher so auf? Eben. Mit 40 hatte er schon mal die Gitarre komplett neu für sich entdeckt und das Gitarrenspiel mit aller Macht gelernt (unter anderem beim Ickerner Gitarristen Uli Krause). Kindermann konzentrierte sich dabei - natürlich - auf Blues- und Rocksolos, castete später selbst (der Macher lässt grüßen) Musiker für eine Band. Die Musik begleitet ihn seither, reichte ihm aber nicht als Erfüllung für die Zeit diesseits des Arbeitslebens.
Wenn schon Kunst, dann mit richtigem Studium
Nach seinem Motto „Wenn ich anfange, dann richtig“ stürzte er sich dann aus einer Bauchentscheidung heraus auf das Kunststudium. Als Designer in seinem ersten Leben hatte er malen/zeichnen müsse, was andere haben wollten. Nix für den Macher Kindermann. Jetzt wollte er das malen, was er will, in sich trägt, in sich fühlt. Da kam ein VHS-Kurs nicht in Frage, es musste eine Akademie sein.
Düsseldorf, Münster, Kassel, Essen? Kindermann fuhr mit seiner alten Design-Mappe und ein paar neuen Skizzen nach Essen, sprach vor, überzeugte, fing an. Seit Oktober 2014 absolviert er das Studium der Malerei an der Freien Akademie der bildenden Künste bei Prof. Wolfgang Hambrecht. „Da stand ich auf einmal wie ein Bubi mit roten Backen im Atelier und wusste nicht, was anzufangen ist“, erinnert sich der 65-Jährige.
Der Zustand blieb nicht lange. Kein Wunder, wenn man sich länger mit dem Becklemer unterhält, weiß man, was er auch unumwunden sagt: „Ich stelle mein Licht nicht unter den Scheffel. Ich bin keiner, dem man sagt: Mach das und das. Ich bin einer, der zu andern sagt, was sie machen sollen.“ Er erzählt von seiner neuen Profession, als bewege er sich darin seit Jahrzehnten, spricht von Pigmenten, Malgründen und Konsistenzen, als habe er nie mit Policen, oder Versicherungsrisiken zu tun gehabt.

Alle Ballerinen haben einen Bezug zum Jupiter, hier als weißer Punkt am Sternenhimmel zu entdecken. © Thomas Schroeter
Und so hat er sein Studium im Griff, ist mit seinem Prof „fast schon befreundet“, organisiert für sich und seine Mitstudenten Ausstellungsmöglichkeiten. Er arbeitet gerade an einer Serie mit Ballerinen. „Ballerinen kann ich gut“, kommentiert er das. Noch hat er keine eigene Ausstellung gehabt, noch ist sein Studium nicht beendet (das ist für Herbst 2019 geplant), da sind die Zukunftspläne klar.
Kindermann will natürlich auf die Bühne, in die Galerie
Kindermann will natürlich auf die Bühne, in die Galerie. Er bereitet das vor, plant, was er noch malen muss bis zur Prüfung. Die Zeit danach? Kindermann arbeitet längst an einem Kunstkatalog mit seinen Werken. Den will er Galeristen zukommen lassen. „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich für meine Bilder keine Galerie finde“, so Arno Kindermann selbstbewusst. Wo das ist, weiß er noch nicht. „Vielleicht gründe ich auch einfach mein eigenes Kunsthaus. Boing.“
Der Katalog mit seinen Bildern soll übrigens auch an Balletfreaks gehen. Denn ebenfalls klar ist: Kindermann will nicht nur zeigen, nur ausstellen. Er will auch verkaufen: „Klar will ich das. Auch wenn es schwer ist, sich von Bildern zu trennen.“ Musik machen im Keller, Malen im eigenen Atelier: das ist ok. Aber wer in der Vorstandsetage ein und ausgegangen ist, der muss ans Licht. Dafür malt er, dafür arbeitet er. Und das schafft er. Garantiert.
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
