Anti-Terror-Einsatz in Castrop-Rauxel NRW-Behörden wussten schon früher von Anschlags-Plänen

Terrorverdacht: NRW-Behörden wussten schon früher von Anschlags-Plänen
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NRW-Innenminister Herbert Reul hatte noch am Donnerstag (19.1.) Politikern des Innenausschusses Rede und Antwort gestanden. Einige Details verriet er nur im nichtöffentlichen Teil. Jetzt sieht er sich Kritik gegenüber aus den Reihen der Opposition. Die Sicherheits-Behörden von NRW sollen bereits früher als bisher bekannt Hinweise auf einen Terroranschlag bekommen haben. Reul selbst erfuhr offenbar erst später davon.

Derweil erhärtet sich der Verdacht nach Ansicht der Ermittler gegen die beiden Brüder Jalal und Monir J. aus Castrop-Rauxel. Es wurde ein neuer Haftbefehl gegen den 32 Jahre alten Monir J. erlassen, der auch die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat umfasst, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf am Freitag (20.1.).

Bei seinem 25 Jahre alten Bruder Jalal sei ein entsprechender Haftbefehl beantragt worden, darüber werde wohl kommende Woche entschieden. Die ursprünglichen Haftbefehle galten der Verabredung zu einem Verbrechen, nämlich Mord. Die Verteidiger der beiden Iraner hatten Haftprüfungen beantragt, die am Donnerstag und Freitag stattfinden sollten, diese aber wieder zurückgezogen. Beide Männer sind also weiter in Untersuchungshaft.

Reul zu spät informiert?

Für Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag NRW, werfen neue Erkenntnisse „ein schlechtes Licht auf Innenminister Reul.“ Nach Berichten der Funke-Mediengruppe vom Freitag (20.1.) erhielten Sicherheitsbehörden in NRW schon am 31. Dezember Hinweise vom Bundeskriminalamt, dass es Pläne zu einem Terroranschlag zu Silvester in NRW gebe.

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, vor Beginn einer Sitzung des Innenausschusses des Landtages.
Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, vor Beginn einer Sitzung des Innenausschusses des Landtages. © dpa

Die konkrete Adresse eines Verdächtigen in Castrop-Rauxel wurde allerdings laut BKA erst am 6. Januar bekannt. Innenminister Reul hatte berichtet, dass er am 7. Januar über die Terrorgefahr informiert wurde. In der Nacht vom 7. auf den 8. Januar wurden im Castrop-Rauxeler Stadtteil Habinghorst dann Monir und Jalal J. festgenommen.

Für Christina Kampmann ergeben sich Fragen: „Warum hat die Landesregierung dem schriftlichen Bericht für den Innenausschuss des Landtags NRW zufolge vor dem 7. Januar 2023 offenbar nichts veranlasst, obwohl das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt schon viel frühzeitiger über die Terrorpläne informiert worden ist? Wie kann es sein, dass der Innenminister angesichts eines solchen Bedrohungsszenarios von den eigenen Behörden erst eine Woche später informiert wird?“ Sie kritisiert, dass diese Informationen der Öffentlichkeit bislang vorenthalten bleiben würden.

Bericht für Innenausschuss

Die entscheidenden Hinweise hatte das Bundeskriminalamt am 6. Januar bekommen, vor allem auf eine IP-Adresse, über die im Messenger-Dienst Telegram zu den Plänen kommuniziert wurde. Laut Bericht des NRW-Innenministeriums für den Innenausschuss und dessen Sitzung am 19. Januar erfuhr zu dem Zeitpunkt das BKA, „dass der Nutzer des Telegram-Accounts bekundet habe, aufgrund von Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Grundstoffe den Anschlag am Silvesterabend nicht durchführen zu können. Gleichwohl halte er an seinen Tatplanungen fest. Er habe im Internet den letzten notwendigen Grundstoff (,,lron Powder“ - Eisenpulver) für die Herstellung von Toxinen erworben und erwarte dessen Zustellung am 6. Januar 2023.“

Nach einem entsprechenden Bericht des Vizepräsidenten des Bundeskriminalamtes, Jürgen Peter, vor dem Innenausschuss des Bundestages in Berlin hatte sich der Castrop-Rauxeler Bundestagsabgeordnete Michael Breilmann im Gespräch mit unserer Redaktion geäußert.„Die IP-Adresse ergab dann tatsächlich Treffer“, so Breilmann. Die Daten seien zur Zeit der Anfrage des BKA 6,5 Tage alt gewesen. Nach sieben Tagen wären sie gelöscht worden, so der Abgeordnete.

Für Breilmann zeigt dies, dass man gesetzliche Regelungen zur Verbindungsdatenspeicherung der IP-Adressen schaffen müsse, auch um aus der Abhängigkeit ausländischer Nachrichtendienste herauszukommen. Ohne klare gesetzliche Pflicht würden die Telekommunikationsunternehmen ihre Daten aktuell unterschiedlich lange speichern, so der CDU-Politiker. Mit dieser Forderung liegt er auf Kurs des Bundeskriminalamts, das ebenfalls eine einheitliche Regelung der Mindestspeicherung von Telekommunikationsdaten anmahnt.

mit Material von dpa

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