
© Marius Paul
Ansturm auf Apotheken: Nicht überall gibt es noch Gratis-FFP2-Masken
Coronavirus
Seit Mitte Dezember gibt es FFP2-Masken kostenlos für Menschen ab 60. Manche Apotheken haben keine Masken mehr, andere warten auf die Lieferung. Mitarbeiter mussten im Ansturm einiges aushalten.
Viele Tausende von FFP2-Masken gingen seit Dienstag (15.12.) über die Theken der Apotheken in Castrop-Rauxel. Vor allem an den ersten Tagen war der Ansturm riesig. Dabei zeigen sich große Unterschiede. Nicht in jeder Apotheke gab es sofort Masken, in anderen waren sie schnell vergriffen. Das führte zu viel Unmut.
Die Aktion der Bundesregierung wurde prinzipiell von den Apothekern begrüßt. Wie das Ganze aber ablief, wie kurzfristig sie angekündigt wurde, das kritisieren Apotheker wie auch Kunden. Wie die Masken abgegeben werden, wie viele Masken jede Apotheke später bezahlt bekommt, wie lange sie in Vorkasse treten müssen – diese Informationen gab es zu Beginn noch nicht.
Claus Ehrensberger, Sprecher der Castrop-Rauxeler Apotheken, spricht deshalb auch von „einem mutigen Schritt“, wenn er über die Bestellung der Masken spricht. Und da seien einige Kollegen eben mutiger als andere gewesen. Was letztlich auch mit der Liquidität der Apotheken zusammenhänge. „Da muss man schon Geld im Hintergrund haben“, so Ehrensberger. Wir haben in drei Apotheken exemplarisch nachgefragt und drei verschiedene Situationen angetroffen.
Peter Schäfer brauchte drei Stunden, bis es beim dritten Versuch klappte
Doch zuerst zu Peter Schäfer. Der Castrop-Rauxeler ist 72 Jahre alt und hat seine Erfahrungen zusammengefasst. Beim ersten Versuch, so berichtet er, habe die Flora-Apotheke in Habinghorst weder Pass, Führerschein oder Versichertenkarte der Krankenkasse akzeptiert, sondern bestand auf dem Personalausweis. Den hatte der Castrop-Rauxeler nicht dabei.
Den zweiten Versuch startete er in der Apoland-Apotheke in Habinghorst. „Die Abgabe erfolgt nur in der Stammapotheke, hieß es da. Ich habe hier wohl zu wenig eingekauft. Die Masken gab es nicht“, berichtet er. In seiner Stammapotheke Glückauf auf Schwerin war Peter Schäfer die Menschenschlange zu lang.
Erfahrungen in einer Collage künstlerisch verarbeitet
In der Elefanten-Apotheke auf Schwerin erhielt er schließlich seine Masken gegen Vorlage des Reisepasses. „Ein erfolgreicher Vormittag ging nach drei Stunden zu Ende“, sagt er. Zuhause hat er dann die Erfahrungen in der Collage „Wasserebenen Corona“ künstlerisch umgesetzt.

Peter Schäfer hat seine Erfahrungen bei dem Versuch, kostenlose Masken zu erhalten, in einer Collage umgesetzt. Der Mensch fühlt sich alleine, das ist eine der Aussagen. © Peter Schäfer
Claus Ehrensberger zählt mit seiner Glückauf-Apotheke an der Dortmunder Straße zu denjenigen, die zum Start nicht genügend Masken vorrätig hatten. Am Mittwoch (9.12.) habe er erstmals von der Aktion gehört, einen Tag später gleich bestellt. Aber erst am Mittwoch (16.12.) erhielt er 500 Masken, die waren nach einer Stunde weg. Am Donnerstag kamen noch mal 4500 Masken. „Die hat der Lieferant vom Niederrhein mit dem Lastwagen direkt zu uns gebracht und nicht den Umweg über DHL gemacht. Das fand ich unglaublich“, sagt er.
In der Glückauf-Apotheke sind noch Masken vorrätig
Die Bestellung von 5000 habe er „ins Blaue“ gemacht. Erst später erfuhr er, für wie viele Masken er eine Erstattung vom Bund bekommt. Die Zahl berechne sich nach Größe der Apotheke und Daten aus dem dritten Quartal, so Ehrensberger. Bei ihm habe es gepasst. „Das war Glück“, sagt er. In seiner Apotheke sind weiter FFP2-Masken kostenlos zu bekommen, wenn man über 60 Jahre alt ist oder bestimmte chronische Erkrankungen hat. „800 sind noch da“, sagt er am Tag vor Heiligabend.
FFP2-Masken hat auch noch Winfried Radinger, Inhaber der Altstadt-Apotheke am Markt. Kostenlos gibt es sie aber nicht mehr bei ihm. „Ich hatte gleich zu Beginn 4500 Masken“, berichtet er. Man habe sich ja auf die Situation einstellen können. Genauso viele werden ihm refinanziert. Sie waren nach drei Tagen weg. Wer jetzt kommt, erhält keine Maske mehr kostenlos.
„Wir sind überrannt worden“, sagt er. „Jeden zweiten Kunden kannte ich nicht.“ Einige berichteten ihm freimütig, sie würden sonst in Versandapotheken einkaufen. Das hat ihn schon geärgert, sagt Winfried Radinger. Andere kamen zu ihm, weil viele Apotheken in den ersten Tagen noch keine Masken gehabt hätten: „Aus Dortmund, Herne, Recklinghausen, das waren richtige Wanderschaften.“
In der Pallas-Apotheke wird nach einer Woche noch auf Lieferung gewartet
Darunter könnten sich auch Kunden befunden haben, die in der Pallas-Apotheke in Rauxel nicht bedient werden konnten. Als am 15. Dezember die Aktion begann, hatte Joachim Bücker keine FFP2-Masken vorrätig. Auch eine Woche später wartet er auf eine bereits zugesagte Lieferung von 5000 Masken. Über andere Wege hat er sich ein kleineres Kontingent besorgt. Stammkunden, die anfangs vergeblich vorbeikamen, werden jetzt informiert. „Wir liefern sie auch nach Hause“, erzählt Joachim Bücker.
Fehlende Informationen, gerade auch zur Finanzierung hatten Bücker zögern lassen, so berichtet er. Auch vom Verband seien die Informationen nur scheibchenweise gekommen. Erst seit Beginn dieser Woche wisse er, wie viele der Masken er bezahlt bekomme. „Es geht immerhin um ein paar tausend Euro“, sagt er. „Gerade am Ende des Jahres überlegt man sich das schon.“ Jetzt seien die Zahlungen schneller eingetroffen, als er vermutet hatte. „Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich vielleicht früher bestellt.“
Viele Kunden waren unfreundlich oder sogar beleidigend
Fehlende Masken, lange Schlangen vor den Apotheken – eine Erfahrung haben die Apotheker alle gemacht: „Es waren nicht alle Kunden freundlich“, formuliert es Claus Ehrensberger vorsichtig, der seinen Mitarbeitern ein großes Lob ausspricht. Joachim Bücker sagt es deutlicher: „Die Kunden wurden beleidigend, auch sehr persönlich. Das zerrt an den Nerven.“
15 Masken bis Februar
- Laut Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums sollen pro Person 15 Masken ausgegeben werden. In einem ersten Schritt sind es drei Stück. „Die Anspruchsberechtigten haben bis zum 6. Januar 2021 Zeit, sich drei Schutzmasken in der Apotheke ihrer Wahl abzuholen“, so das Bundesgesundheitsministerium.
- Im zweiten Schritt werden für die Monate Januar und Februar nochmals je sechs Masken ausgeteilt. Dafür schicken die Krankenkassen zwei fälschungssichere Coupons zu.
- Gegen einen Coupon und eine Eigenbeteiligung von je 2 Euro erhalten die Risikopatienten sechs Masken. Die Kassen verschicken die Coupons zeitlich gestaffelt: zunächst an 75-Jährige und älter, danach an 70plus und chronisch Kranke, am Ende an alle zwischen 60 und 70 Jahren.