
© Ronny von Wangenheim
Anrufen, mailen, klopfen: In Castrop startet Einkaufen mit Termin
Einzelhandel und Corona
Click and meet, call and meet, klopf and collect: In der Castroper Altstadt hat der Einkaufsbummel am Montag viele Namen. Viele Kunden zögern noch, das Personal in den Läden hat Fragen.
Die Tür ist abgeschlossen. Heike Stemmer, Filialleiterin von Tom Tailor am Markt, öffnet eigens für ihre Kundin. Eine halbe Stunde hat sie jetzt Zeit, sich umzusehen, anzuprobieren und vielleicht auch etwas zu kaufen. Sie ist an diesem Montagvormittag, dem ersten seit Wochen, an dem der Einzelhandel wieder öffnen kann, die einzige im Geschäft. Denn in Scharen haben sich die Castrop-Rauxeler noch nicht auf den Weg gemacht.
Vielleicht wollen sie erst einmal abwarten, vielleicht vermissen sie noch genauere Informationen. Diese Vermutungen werden laut bei unserem Rundgang durch die Altstadt. Auch die Verkäuferinnen haben Fragen, wissen teilweise nicht, wie es die Läden in der Nachbarschaft handhaben. Einig sind sie sich in einem: „Es ist toll, wieder da zu sein.“ So sagt es zum Beispiel Heike Stemmer.
Überall gilt: Ohne Anmeldung geht es nicht. Überall müssen die Kontaktdaten hinterlassen werden. Doch die Anmeldung kann in einem Laden nur online laufen, im anderen telefonisch. Und wenn nichts los ist, kann man oft auch spontan klopfen oder eintreten und einen Spontantermin buchen.
Einige Ladentüren werden abgeschlossen, andere nicht
Doch sonst herrscht noch Unsicherheit. Bei Tom Tailor und Street One nebeneinander am Markt bleiben die Ladentüren prinzipiell abgeschlossen. Bei Gerry Weber beispielsweise stehen sie weit offen und bei Schuhe Große-Kreul lassen sie sich aufdrücken. Nein, abschließen wollen sie nicht, schon aus Sicherheitsgründen, sagen Sabine Wagner und Birgit Wieler. Auch sie bieten Spontantermine an, weisen das sogar extra aus.

Sabine Wagner im Schuhgeschäft Große-Kreul : Hier kann man auch Spontantermine bekommen. © Ronny von Wangenheim
Bei C&A im Einkaufszentrum Widumer Platz dagegen wird eine junge Frau abgewiesen, die gerne rein möchte. Termine werden nur online vereinbart, wird sie informiert. Eine Frau fragt, ob sie zu zweit kommen können. Dann müssen zwei Termine ausgemacht werden, so die Antwort. Ältere Kunden allerdings, so sagt es Filialleiterin Tatjana Di Scipio dann aber auch noch, können auch ausnahmsweise vor Ort einen Termin vereinbaren. 29 Kunden dürfen gleichzeitig in den Laden.

Street-One-Filialleiterin Halida Duratovic sucht Ware für eine Kundin heraus. © Ronny von Wangenheim
Das sieht in den vielen kleinen Länden in der Altstadt meist anders aus. Zwei oder drei Kunden gleichzeitig, das ist in der Regel das Maximum. Am Montag ist die Lage mehr als entspannt. Bei Street One kauft am Mittag Christa Hirschhausen ein. Sie hat spontan im Schaufenster einen Pullover entdeckt und wurde von Filialleiterin Halida Duratovic eingelassen.
Kunden haben Sorge, dass sie sich zum Kauf verpflichtet fühlen müssen
Sie erklärt, zeigt Ware, bringt noch mal einen Pullover in einer anderen Größe in die Kabine. Sichtbar mit Freude an ihrer Arbeit. Aber ohne Druck. Bei den Anrufen für eine Terminvergabe wurde schon mal die Sorge geäußert, man sei dann irgendwie zum Kauf verpflichtet. Das sei auf keinen Fall so, heißt es durchgehend in den Läden.

Jens Reiter beobachtet eine allgemeine Verunsicherung bei den Menschen. Das mache sich auch beim Neustart des Einzelhandels bemerkbar. © Ronny von Wangenheim
„Wir haben extra mehr Ware als sonst ausgestellt“, sagt Jens Reiter, „Jeder kann ruhig alleine gucken.“ „Schauen Sie sich um wie immer“, sagt Heike Stemmer zu einer Kundin.
Die Filialleiterin erzählt, dass sie viele Stammkunden hat, die in „normalen Zeiten“ auch einfach mal vorbeischauen. „Da macht man sich Sorgen, wenn man die mal nicht sieht. So ist das hier in Castrop“, sagt sie. Und so soll das auch sein, auch wenn man für den zwanglosen Besuch einen Termin vereinbaren muss.
Anprobieren ist nicht überall möglich
Anprobieren: Auch das ist noch ein Thema. Bei vielen geht das. Bei Ernsting’s Family nicht. „Aus hygienischen Gründen“, sagt Agnes Wolff. Auch so erklärt es sich, dass hier nur 15-Minuten-Termine vergeben werden. Vom ersten Verkaufstag ist sie positiv überrascht. Sie setzt aber auch darauf, dass die Mundpropaganda noch mehr Kunden bringt. Viele der Einzelhändler setzen auf die Markttage, die potenzielle Kunden in die Altstadt ziehen.
An diesem ersten Verkaufstag am Montag dagegen wird es mittags deutlich ruhiger. Auch der Polizei-Bezirksdienstbeamte Andreas Krause, der wie an vielen Tagen seine Runde durch die Altstadt dreht, hat keine großen Veränderungen zu anderen Tagen festgestellt. Da hätten die warmen Tage auch schon viele in die Fußgängerzone gelockt. Generell sei es lebendiger geworden. Einschreiten müsse er selten. Andreas Krause: „Der Castroper ist diszipliniert.“