Das Grab der pilzvergifteten Kinder auf dem Friedhof St. Lambertus ist heute auch eine Gedenkstätte für Sternenkinder und verstorbene Babys. © Tobias Weckenbrock

Stadtgeschichte

Über 30 Tote: Roman erzählt die Geschichte der Castroper Pilzkinder

Septembersonntag: Das ist der Titel eines neuen Buches. Andreas Pietsch (58) hat es geschrieben und es handelt von der Katastrophe für Castrop-Rauxel im Jahre 1918, die bis heute unvergessen ist.

Castrop-Rauxel

, 29.10.2021 / Lesedauer: 3 min

Andreas Pietsch wurde auf Schwerin groß. Er ist bis heute im Herzen Castrop-Rauxeler, auch wenn er nicht mehr hier wohnt. Der 58-Jährige hat in den vergangenen Jahren eine Leidenschaft verfolgt: Er hat Fakten recherchiert und die vielleicht größte Tragödie der Castrop-Rauxeler Stadtgeschichte, die der 31 verstorbenen Pilzkinder im Jahre 1918, in eine fiktive Geschichte eingebettet. Sein Erstlingswerk, der Roman „Septembersonntag“, ist nun zu kaufen.

„Wir freuen uns, dass jemand auf diese Weise die Erinnerung an das furchtbare Ereignis aus dem Jahre 1918 hochhält“, sagt Thomas Jasper, Leiter des Castrop-Rauxeler Stadtarchivs.

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Zum RomanDie gedruckte Ausgabe kostet 12 Euro und ist unter der ISBN 978-3-7543-7276-0 erschienen.Das E-Book kostet 5,99 Euro.

Für die Leser in seiner Heimatstadt kann Pietsch das Ende des Romans „Septembersonntag“ vorwegnehmen: „Denn in Castrop-Rauxel ist der tragische Ausgang einer Landverschickung zum Ende des Ersten Weltkrieges bekannt“, sagt er. Von 40 Kindern, die für den Sommer 1918 in die Provinz Posen nach Bierschlin (heute Bierzglin) geschickt wurden, starben 31 an einer Vergiftung durch Knollenblätterpilze. Ein Gedenkstein auf dem Friedhof an der Wittener Straße erinnert bis heute an die Katastrophe.

Er gibt eine Antwort: Wie konnte das passieren?

Nun hat er das Geschehen in eine Geschichte eingebettet und eine Antwort auf die Wie-konnte-das-passieren-Frage gegeben. Was ihm das Stadtarchiv an historischen Fakten zur Verfügung gestellt hat, hat Pietsch in seine fiktive Erzählung als roten Faden eingewoben: die Namen der Toten, ein paar wenige Details zum Aufenthalt in Bierschlin und die Folgen des Pilzgerichtes.

In seinem Buch erweckt der Autor die Opfer zu Kindern mit Wünschen und Träumen. Da ist Heinrich von der Cottenburgschlucht, den alle wegen seiner imposanten Katzengoldsammlung nur Katze nennen. Oder die Brüder Alfred und Rudi von der Marienstraße, die keine Steckrüben mehr essen wollen und sich auf Posen freuen.

Da ist das Buch "Septembersonntag" über die Katastrophe im Jahre 1918, als 31 Kindern an Giftpilzen starben. © Pietsch

Der Roman rückt die Menschen in den Vordergrund: etwa die Mutter, die an der Front den Mann verloren hat. Nun lässt sie ihren hungernden Sohn für mehrere Monate in die preußische Provinz ziehen, wo die Ernährungslage angeblich besser ist. Oder die Lehrerin Agnes, die die Kinder begleitet und nach Kräften dafür sorgt, dass ihre Schützlinge einigermaßen durch die Zeit kommen. Das ist eine geradezu unmenschlich große Herausforderung in der seit mehr als 100 Jahren von Preußen besetzten Provinz, wo sich Deutsche und Polen feindlich begegnen.

Schließlich ist da noch der fiese Gutsherr Lothar, bei dem die Kinder untergebracht sind und den die Polen nur Łotr nennen: Schuft. Hat er etwas mit dem tödlichen Ausgang der Geschichte zu tun?

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Auch wenn der Roman mit historischen Fakten gespickt ist: Die Haupthandlung ist Fiktion. „Allerdings ist das gut erfunden“, urteilt Thomas Jasper, Leiter des Stadtarchivs. „Wir freuen uns, dass jemand die Erinnerung an die Pilzkinder in Roman-Form hochhält. Der konstruierte Ausgang der Geschichte schildert das Geschehen in einer Weise, dass man zumindest sagen kann: So könnte es vielleicht gewesen sein.“

Je mehr ich mich mit der Tragödie beschäftigt habe, umso weniger mochte ich mich damit abfinden, dass womöglich die Köchin in übler Absicht die Castroper Kinder vergiftet hat.“

Andreas Pietsch (58), Buch-Autor © Pietsch

Der Autor hat seine Kindheit auf Schwerin verbracht und 1982 am ASG Abitur gemacht. Nach dem Zivildienst bei der Arbeiterwohlfahrt ging er zum Germanistik- und Philosophiestudium nach Bonn. Seit 30 Jahren lebt er in Oberfranken bei Coburg.

„Die Geschichte von den Pilzkindern kenne ich seit meiner Kindheit“, sagt Pietsch. „Je mehr ich mich mit der Tragödie beschäftigt habe, umso weniger mochte ich mich damit abfinden, dass womöglich die Köchin in übler Absicht die Castroper Kinder vergiftet hat.“ Aber wie war es dann? Eine mögliche Antwort gibt „Septembersonntag“.

So sieht es am Grab der pilzvergifteten Kinder aus: rn.de/castrop

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