Irgendwann konnte es auch Edin Terzic nicht mehr leugnen. „Das ist schon ein Thema“, gab der BVB-Trainer zu. Schließlich gebe es schon eine Korrelation, „dass Mannschaften, die oben stehen, meistens viele Stürmertore erzielen.“ Bei Borussia Dortmund stand zu diesem Zeitpunkt noch immer die Null. Vier Bundesliga-Spiele waren da schon absolviert, noch keiner der BVB-Angreifer (die zwei Treffer von Sebastien Haller im DFB-Pokal gegen Schott Mainz mal rausgerechnet) hatte bis dato getroffen.
Füllkrug erzielt erstes BVB-Stürmertor
Zwei Tage später war die Stürmerflaute dann aber endlich gebrochen. Niclas Füllkrug traf in Hoffenheim, auch eine Woche später gegen Union Berlin war der 30-Jährige erfolgreich. Und trotzdem: In den Statistiken der BVB-Offensive dominiert noch immer die Zahl Null. Karim Adeyemi, Youssoufa Moukoko und Haller waren in der Bundesliga noch an keinem einzigen Treffer der Dortmunder beteiligt - weder als Torschütze noch als Vorlagengeber. Während die Nullnummer bei Moukoko mit den extrem geringen Einsatzzeiten (47 Liga-Minuten) zu erklären ist, offenbart die Statistik bei Adeyemi und Haller schonungslos, welch großes sportliche Tief sie gerade durchlaufen.
Hallers Körper zeigt ihm derzeit gnadenlos auf, welche Strapazen er bei der Bekämpfung der Krebs-Erkrankung durchmachen musste. Leistungsschwankungen des Ivorers waren trotz oder vielleicht sogar genau wegen des märchenhaften Comebacks intern eingeplant, wie ausgeprägt sie aber sein würden, darüber konnten sie beim BVB nur spekulieren. Die Reaktionen auf Belastung seien laut Sportdirektor Sebastian Kehl für niemanden nachvollziehbar. „Wir haben keine Möglichkeit, das zu bemessen.“ Fakt ist: Haller ist nicht fit. Die Folge: Der 28-Jährige hat seinen Stammplatz erst einmal an Niclas Füllkrug verloren.
Während Haller gegen Union zumindest noch zu einem Kurzeinsatz kam, schmollte Adeyemi über 90 Minuten auf der Bank. „Es fällt ihm aktuell nicht ganz so leicht“, hatte Terzic es kurz und knapp zusammengefasst, ohne genauer ins Detail zu gehen. Um es auszuführen: „Nicht so leicht“ fallen ihm die Eins-gegen-Eins-Situationen, er sucht sie aber auch kaum. Er ist erst fünf Mal in dieser Saison ins Dribbling gegangen. Zum Vergleich: Malen sucht die Duelle dreimal so oft. Generell ist Adeyemi deutlich seltener ins Spiel eingebunden als in der Rückrunde (im Schnitt nur 41,2 Ballbesitzphasen pro Partie) und bei den erfolgreichen Pässen belegt der 15-fache Scorer der vergangenen Saison den drittletzten Platz im internen Ranking. Nur 75 Prozent seiner Bälle kommen auch an.

Noch schlechter sind da nur Haller und Füllkrug. Letzterer findet nach anfänglichen Anpassungsproblemen aber immer besser ins BVB-System. Dass er weiß, wo das Tor steht, und auch, wie man den Ball dort reinhaut, daran gab es nie Zweifel. Doch vieles ist anders als in Bremen. In Dortmund steht er aufgrund der langen Ballbesitzphasen deutlich häufiger mit dem Rücken zum Tor, bei Klatsch-Aktionen bleibt ihm kaum Zeit. „Die Gegner lassen mich selten in eine Eins-gegen-Eins-Situation kommen“, erklärte der Nationalstürmer zuletzt. Und auch die internen Abläufe sind andere. „Ob er (Jamie Bynoe-Gittens, Anm. d. Red.) abkappt, flankt oder abspielt, ist auch für mich als Mitspieler manchmal schwer zu erkennen, weil er wahnsinnige Bewegungen macht. Darum, dafür ein Gefühl zu bekommen, wird es in den kommenden Wochen gehen.“
BVB-Connection zwischen Niclas Füllkrug und Marco Reus
Bei Marco Reus hat er dieses Gefühl bereits entwickelt. Füllkrug spricht sogar schon von einer „Connection“. So ausgeprägt ist das Grundverständnis mit Donyell Malen noch nicht, doch die beiden gefährlichsten BVB-Angreifer nähern sich auch immer weiter an. Malens Flanken fanden zuletzt immer häufiger den Kopf von Füllkrug, die Ablagen von Füllkrug hingegen verschafften dem Niederländer entsprechende Sekunden für die Tiefenläufe. Beim 4:2 in Freiburg funktionierte auch die direkte Zusammenarbeit: Der Ex-Bremer legte den Ball perfekt in den Lauf des sprintstarken Außenspielers.
Malen war bis zum ersten Stürmertor sowas wie die BVB-Lebensrettung. Siegtreffer gegen Köln, Ausgleich in Bochum, wichtiges Tor in Freiburg. Und auch, wenn er in den vergangenen fünf Pflichtspielen ohne Scorerpunkt blieb - er ist durch die Vielzahl seiner Dribblings (Platz acht im ligaweiten Vergleich) und Sprint-Aktionen das belebende Element im Offensivspiel der Borussia, sorgt immer wieder für Gefahr. Jamie Bynoe-Gittens, das hat sich zuletzt gezeigt, verfügt über ähnliche Ansätze, Malen ist in seiner Aktionen jedoch deutlich zielstrebiger und durchsetzungsstärker. Bestes Beispiel: Seine Standhaftigkeit im Zweikampf vor der Hereingabe zum 2:1 in Hoffenheim. Dazu kommt: Seine Entscheidungsfindung ist deutlich besser geworden. Er hat ein Gespür dafür entwickelt, wann welche Aktion die richtige ist.
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