Steffen Tigges kehrt mit Köln erstmals zum BVB zurück „Da war ich meilenweit entfernt“

Steffen Tigges kehrt mit Köln erstmals zum BVB zurück: „Da war ich meilenweit entfernt“
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Die erste Frage muss natürlich lauten, wie der Norddeutsche Steffen Tigges Karneval in Köln erlebt hat …
(lacht) Bei uns in Osnabrück war früher nicht so viel mit Karneval, das stimmt. Die Kölner sind ohnehin offen und positiv verrückt, Karneval ist dann noch einmal ganz was anderes. Die ganze Stadt war für eine Woche im Ausnahmezustand, alle waren gut drauf. Da habe ich mich gerne mitziehen lassen.


In welcher Verkleidung waren Sie unterwegs?

Einmal als Arzt, und dann noch als Walter aus dem Wimmelbuch „Wo ist Walter“.


In den vier Spielen seit der heißen Karnevalsphase hat der FC nicht mehr getroffen. Gibt es da einen Zusammenhang?

(lacht) Im Ernst, den sehe ich nicht. Wir sind in den Spielen nicht ganz an unsere 100 Prozent herangekommen im Vergleich zu vielen Partien der Hinrunde oder bei unseren Heimsiegen gegen Bremen und Frankfurt. Die Leistungen waren aber auch nicht schlecht. Es waren aus meiner Sicht Kleinigkeiten, die uns gefehlt haben. Mal die Boxbesetzung, mal die Positionierung, und wenn die stimmte, kamen die Flanken nicht. Uns fallen die Dinge, die wir gerade nicht so gut machen, voll auf die Füße. Und wir werden nicht im gleichen Maße belohnt für die Sachen, die weiterhin gut sind.

Steffen Tigges mit seiner Freundin Sara bei der Karnevalsfeier des 1. FC Köln.
Ungewohntes Outfit: Dr. Steffen Tigges (l.) mit seiner Freundin Sara bei der Karnevalsfeier des 1. FC Köln. © imago / Herbert Bucco


Sie haben nach Ihrem Wechsel aus Osnabrück zum BVB rasante Fortschritte gemacht, die U23 im zweiten Jahr zurück in die 3. Liga geschossen und standen im Herbst 2020 dann erstmals im Profi-Kader. Eine logische Konsequenz aus Ihrer Entwicklung?

Nicht unbedingt. Ich war im Winter 2019/20 unter Lucien Favre mit im Trainingslager. Da war ich ehrlich gesagt meilenweit entfernt von den anderen, gerade, was die Handlungsschnelligkeit und das taktische Verständnis betraf. Danach war ich wieder bei der U23. Unsere Saison wurde dann wegen Corona abgebrochen. In dieser Phase habe ich sehr viel im Kraftraum gearbeitet und auch an stürmerspezifischen Dingen. Und ich hatte einfach auch Glück: Youssoufa Moukoko und Erling Haaland fielen für das Pokalspiel in Braunschweig verletzt aus. Edin Terzic, der gerade von Favre übernommen hatte, wollte mich für den Fußball, den er spielen lassen wollte. Plötzlich war ich dabei.


Und ab dann immer regelmäßiger. Im Januar 2021 das Bundesliga-Debüt gegen Wolfsburg, ein Heimspiel im leeren Stadion. Süß und bitter zugleich …

Es war dennoch ein toller Moment. Und ich habe ja später immerhin mal vor 66.000 Fans gespielt und da, übrigens gegen den FC, auch mein erstes Bundesliga-Tor geschossen. Im ausverkauften Signal Iduna Park habe ich allerdings bislang noch nie gespielt.


Das wird sich am Samstag ändern. Noch einmal ein besonderer Moment?
Na klar. Ich habe zwar schon die FC-Heimspiele mit der besonderen Stimmung bei uns erlebt, habe schon auf Schalke gespielt, aber Fußballspiele in den großen Stadien sind für mich keinesfalls schon Routine. Und der Signal Iduna Park ist eine spezielle Adresse. Wenn das Spiel läuft, kann ich das aber ganz gut ausblenden. Dann konzentriere ich mich nur auf meine Aufgabe.


Sie hatten unter Terzic meistens Kurzeinsätze, unter Marco Rose waren Sie schon deutlich näher dran. Wie beurteilen Sie diese Phase?
In dieser Zeit habe ich das Gefühl entwickelt, dass ich mich wirklich in der Bundesliga festbeißen kann. Ich konnte im Training mithalten und habe auch gemerkt, dass mir die Mitspieler mehr vertrauen, ich mehr Bälle bekomme. Und ich hatte das Glück, dass ich immer Trainer hatte, die an mich geglaubt haben.

Edin Terzic umarmt Steffen Tigges.
Unter BVB-Trainer Edin Terzic (r.) sammelte Steffen Tigges erste Erfahrungen im Profi-Fußball. © imago / Witters


Die Weiterentwicklung wurde dann jäh gestoppt. Ein folgenschwerer Trainingszweikampf …

Das Sprunggelenk war gebrochen. Das kam natürlich zur Unzeit, wobei es ja keinen passenden Zeitpunkt dafür gibt. Es war meine erste richtig schwere Verletzung. In den ersten Wochen wusste ich nicht, wie ich damit umgehen soll. Sechs Wochen lang durfte ich gar nichts machen. Ich habe dann aber relativ schnell wieder positiv gedacht. Weil ich auch gemerkt habe, dass es Fortschritte gab, als ich mit der Reha beginnen durfte.


Das war im Frühjahr 2022, eine Zeit, in der Sie sich schon Gedanken über ihre Zukunft gemacht haben …
Es war klar, dass der BVB nach Erling Haalands Wechsel einen Stürmer verpflichten würde. Also überlegt man, was das Beste für einen ist. Als die Verletzung noch frisch war, habe ich gedacht, dass es vielleicht schwieriger werden würde, etwas Neues zu machen. Es gab dann aber den Kontakt zum FC. Sie wollten mich im Sommer vorher schon ausleihen, das Thema hat sich damals aber nicht entwickelt. Dann kam die neue Anfrage, und es hat eigentlich nur ein längeres Gespräch mit Trainer Steffen Baumgart, Geschäftsführer Christian Keller, meinem Berater und mir gegeben. Ich hatte sofort ein sehr gutes Gefühl, danach ging es sehr schnell.

Steffen Baumgart im Gespräch mit Steffen Tigges.
Fördert und fordert: Köln-Trainer Steffen Baumgart. © imago / Beautiful Sports


Baumgart scheint als Trainer und Typ perfekt zum FC zu passen. Wie erleben Sie ihn in der täglichen Arbeit abseits der Fernsehkameras?
Genauso, wie Sie ihn an der Seitenlinie erleben. Das ist keine Masche von ihm. Er ist unglaublich engagiert, akribisch, offen und ehrlich. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg. Das hilft mir als jungem Spieler unglaublich. Er kritisiert und zeigt jedem seine Fehler auf. Aber er lobt auch viel.


Sie haben in 28 Pflichtspielen auf dem Platz gestanden, das sind Werte eines Stammspielers …

Es ist bislang gut gelaufen, ich fühle mich sehr wohl im Verein und in der Stadt und habe mehr gespielt als erhofft. Als Anthony Modeste den Verein verlassen hatte, habt sich meine Chance auf Einsatzzeit verbessert. Dann habe ich gute Spiele gemacht, hatte aber auch ein kleines Tief nach den vielen Englischen Wochen mit den Spielen in der Conference League. Insgesamt bin ich zufrieden.


Im Tabellenkeller wird aktuell kräftig gepunktet. Wie sehr muss der FC aufpassen?

Wir sind nicht blauäugig und wollen voll fokussiert in die letzte Phase der Saison gehen. Es kann schnell gehen, dass die Abstände geringer werden, dann wächst automatisch der Druck. Aber es ist ja nicht so, dass wir in den Spielen zuletzt als Team auseinandergefallen sind. Wir müssen die kleinen Fehler abstellen. Ein Erfolgserlebnis würde uns guttun, am besten schon am Samstag. Wir haben im Hinspiel gezeigt, dass wir auch gegen einen Verein wie den BVB unsere Möglichkeiten bekommen.


Sie dürfen Ihren Gegenspieler wählen. Am liebsten gegen Süle, Hummels oder Schlotterbeck?

(lacht) Ich fürchte, da wird der BVB keine Rücksicht auf meine Meinung nehmen. Es wird gegen jeden Einzelnen sehr schwer. In der Innenverteidigung hat Dortmund enorm an Qualität zugelegt.

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