Die Nachwuchsabteilung von Borussia Dortmund blickt auf eine Saison mit einer außergewöhnlichen Ansammlung von Erfolgen und Titeln zurück. An der Entwicklung nicht unwesentlich beteiligt ist Edwin Boekamp (57), der 2013 an die Seite von Nachwuchskoordinator Lars Ricken zum BVB zurückkehrte. Im Gespräch mit Peter Ludewig lässt der Sportliche Leiter Nachwuchs die Saison Revue passieren und gibt einen Ausblick in die Zukunft.
Im Nachwuchsbereich des BVB wurde in dieser Spielzeit viel gefeiert. Die U19 ist neuer Deutscher Meister (o.l.). Die U17 gewann die Bundesliga West und scheiterte erst im DM-Finale (o.r.). Die U15 endete in der Regionalliga auf Platz eins (u.l.). Die U14 marschierte nur so durch den Nachwuchscup (u.r.).
Das Erfolgs-Final-Jackett hat nach zuvor drei Siegen am Sonntag seine Wirkung verfehlt. Wird es jetzt ausgemustert?
Nein. Ich habe ja nur das Eine. Sonst müsste ich mir eins leihen.
Das i-Tüpfelchen auf eine herausragende Saison der U17 und der ganzen Abteilung hat gefehlt. Wie groß ist die Enttäuschung?
Natürlich ist das im ersten Moment ärgerlich. Aber Leverkusen war vor dem Saisonstart der haushohe Favorit und hat Sonntag letztlich verdient gewonnen. Klar war, dass es wie in der Meisterschaft bei unseren zwei 1:0-Siegen ein enges Spiel geben würde. Fakt ist: Wir bewegen uns mittlerweile auf vergleichbar hohem Niveau. Mir wären die Wolfsburger als Finalgegner lieber gewesen.
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U17, Finale: BVB - Bayer Leverkusen 0:2 (0:0)
Bilder des U17-Spiels zwischen Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen.
Warum hat es für die Jungs von Trainer Benjamin Hoffmann diesmal nicht gelangt?
Unsere Mannschaft war die ersten 30 Minuten besser und hat es in dieser Phase versäumt, ihre Chancen zu nutzen. Mit einer Führung im Rücken hätte sich die Sache vermutlich anders entwickelt. Nach dem 0:1 und dem verletzungsbedingten Ausscheiden von Dominik Wanner hat sich dann aber mehr und mehr Kopflosigkeit breit gemacht.
Trotzdem hat das Team ja eine Topsaison abgeliefert. Wie ist diese nicht unbedingt zu erwarten gewesene Entwicklung zu erklären?
Die große Stärke war sicherlich die mannschaftliche Geschlossenheit und der neidlose Zusammenhalt aller. Parallel wurde vom Trainer die Qualität behutsam weiterentwickelt. Er hat Teamspirit gefördert und Leistung gefordert. Dabei hat sich Benjamin Hoffmann auch selbst weiterentwickelt.
Der Vizetitel hat die Saison, die es so wohl noch nie gegeben hat, für die Abteilung abgerundet. War die Anhäufung von Erfolgen und Titeln in dieser Form zu erwarten?
So in diesem Maße natürlich nicht. Dass wir uns auf westdeutscher Ebene ab der U 14 praktisch flächendeckend durchgesetzt haben, ist schon außergewöhnlich und kann nicht zur Regel werden. Wir müssen nun insgesamt hellwach bleiben – die Trainer, die Scouts, alle.
Es ist augenscheinlich, dass die Arbeit nach einem Hänger ab 2009 wieder deutlich an Fahrt aufgenommen hat. Wie ist das zu begründen?
Da kommen viele Dinge zusammen. Das neue Jugendhaus, die Reaktivierung der U 16. Vielfach musste aber auch nur an kleinen Stellschrauben gedreht werden. Über allem steht aber das sensationelle Engagement aller Mitarbeiter, die die Vorgaben verinnerlicht haben.
Ist damit das Optimum erreicht?
Nein, wir wollen gemeinsam noch besser werden. Dazu muss das derzeitige Niveau aber auch als Grundvoraussetzung gehalten werden. Wir dürfen nicht die familiäre Stimmung und Herzlichkeit getreu dem Credo „Echte Liebe“ verlieren, wofür auch die Familie Kleinsteiber als Leitung des Jugendhauses verantwortlich zeichnet.
RB Leipzig gibt unheimlich Gas. Das wird man kommende Saison an der U 17 sehen, die sie personell kaum schlagbar aufgestellt haben. Dazu zählt wohl weiter Wolfsburg. Hoffenheim könnte aus meiner Sicht etwas nachlassen. Und der große Einstieg von Bayern München mit der Fertigstellung des Jugendzentrums 2017 steht bevor. Dann wird wohl keines unserer Talente mehr unangesprochen bleiben.
Die aktuelle U 19 sticht qualitativ zweifelsfrei ein wenig heraus. Wird es zeitnah einen vergleichbar außergewöhnlichen Jahrgang geben?
Die 98er haben ja noch ein zweites A-Junioren-Jahr vor der Brust. Da darf man sich, ob mit oder ohne Felix Passlack und Christian Pulisic, schon jetzt freuen. Sorgen bereitet etwas der Jahrgang 2000. Der ist aber auch insgesamt national nicht so hoch einzustufen. Darunter sind wir in jeder Beziehung gut aufgestellt. In welche leistungsmäßigen Dimensionen sich das entwickelt, muss man abwarten.
Passlack und Pulisic haben den Sprung nach oben schon geschafft. Können sie sich dort etablieren und besitzen noch weitere Talente diese Fähigkeiten?
Die Zwei verfügen neben ihren fußballerischen Möglichkeiten auch über den erforderlichen Charakter und die nötige Einstellung. In jedem Fall werden sie das packen.da bin ich mir sicher. Und es gibt eine ganze Reihe weiterer Jungs, die mit der entsprechenden Geduld und einem individuellen Plan das Ziel erreichen können.
Zusammengefasst heißt das also: der BVB sieht definitiv weiter rosigen Zeiten entgegen?
Ja. Die muss und darf man aber nicht an Titeln aufhängen. Derzeit sind alle Beteiligten absolut fixiert und müssen es auch bleiben.