So entwickelte sich die BVB-Taktik unter Jürgen Klopp
Fehlender Sauerstoff
Nach sieben Jahren ist Dortmunds Entwicklung unter Jürgen Klopp an ihr Ende gelangt. Es war eine Ära des permanenten Wandels, der jedoch stets unter dem Motto der "Vollgasveranstaltung" stand, das Klopp zu Amtsantritt ausgerufen hatte.

Beim BVB gab es unter Jürgen Klopp eine Ära des permanenten Wandels.
Der erste Schritt auf dem Weg dorthin war ein aktiveres, dominanteres Spiel im 4-3-1-2. Die Raute brachte Dominanz im Mittelfeldzentrum und erlaubte erste Ansätze von hohem Pressing und kontrolliertem Angriffsspiel durch die Mitte. Getragen von den Routiniers Leonardo Dede, Sebastian Kehl und Alex Frei gab es gegen Saisonende 2008/09 eine beeindruckende Siegesserie.
Das prägendste Element
Mit dem Abgang Freis wurde die Raute bald gegen das 4-2-3-1 getauscht, welches Dortmunds Spiel bis heute prägt. Dieses System begann allerdings eher als 4-4-1-1, das weit weniger kompakt war als die heutige Form. Auf den Flügeln wurde zuweilen manngedeckt und die Doppelsechs hatte daher große Räume abzusichern. Sven Bender wurde in dieser Phase zum Schlüsselspieler.
Auf dieser Basis wurde die Meistermannschaft von 2011 entwickelt. Mit Mario Götze und Shinji Kagawa wurden zwei wendige Kombinationsspieler integriert. Fortan agierten die Flügelspieler des 4-2-3-1 deutlich zentraler. Gegen den Ball wurde man kompakter und dominierte wieder das Zentrum, mit dem Ball wurde man kleinräumiger und dominanter. Das brachte nicht nur mehr Kreativität, sondern festigte das fortan prägendste Element des schwarzgelben Spiels: das Gegenpressing.
Positionstreues System
Dortmund agierte bei Ballbesitz so engmaschig, dass sich der Gegner nach Balleroberungen nicht aus der Umklammerung lösen konnte. Im sofortigen Nachsetzen holten sich die Borussen die Bälle zurück und zum Saisonende den Meistertitel.
In der Folgesaison sollte nach Nuri Sahins Abgang ein noch dominanteres, geduldigeres Ballbesitzspiel aufgezogen werden. Ilkay Gündogan ersetzte Sahin in einer wesentlich höheren, kombinativeren Rolle – die ganze Mannschaft bewegte sich enorm frei und variabel. Sebastian Kehls Rückkehr nach Verletzung und ein positionstreueres System sorgten für entsprechende Ergebnisse.
Pokalfinale als Höhepunkt
Ins Jahr 2012 startete der BVB dann mit ungekannter Pressingintensität und konsequentem Umschaltspiel, woraus viele knappe Siege entstanden. Als Gündogan dann im Frühling in die Mannschaft zurückkehrte, wurden die Ansätze des Ballbesitzspiels in strukturierterer Form reaktiviert. Das führte zum Leistungs-Höhepunkt der Ära Klopp, der im 5:2-Sieg im Pokalfinale gegen Bayern München gipfelte.
Mit Kagawas Abgang wurde das Pressing schwächer, worunter die Liga-Ergebnisse litten. Dafür brachte Marco Reus mehr Durchschlagskraft in das Umschaltspiel und das Abwehrpressing wurde verbessert, was zu einer erfolgreichen Champions-League-Saison beitrug, die erst im Finale endete.
Großer Irrtum
In der Folge wurden die Edeltechniker nach und nach durch schnellere, aber weniger feinfüßige Akteure ersetzt. So sollte die Stabilität wiederhergestellt und das Umschaltspiel noch durchschlagender werden. Vielleicht war diese Ausrichtung Klopps großer Irrtum. Nach dem guten Saisonstart 2013 wurden die Probleme im Ballbesitzspiel immer größer und verhinderten seitdem konstant gute Ergebnisse. Den Dortmunder Vollgasveranstaltungen fehlte zum Schluss der Sauerstoff.