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Rose mit BVB-Einstand nach Maß - doch der Optimalzustand ist noch weit entfernt
Meinung
Routiniert bringt der BVB das Pokalspiel beim SV Wehen Wiesbaden hinter sich. Beim Rose-Puzzle passen schon einige Teile zusammen, der Optimalzustand liegt aber noch in weiter Ferne.
Der VfL Bochum, Arminia Bielefeld, der FC Augsburg - einige der Bundesliga-Konkurrenten der Dortmunder Borussia mussten zittern in dieser ersten Pokalrunde. Es macht den Reiz dieses Wettbewerbs aus, dass David Goliath ein Bein stellen kann, es gibt kaum ein Jahr, in dem das dann nicht auch passiert. Siehe Werder Bremen. Auf den BVB traf das in der hessischen Landeshauptstadt nicht zu. Der amtierende Pokalsieger hat seine Pflichtaufgabe mit großer Souveränität und tadelloser Einstellung hinter sich gebracht. Das ist per se erst einmal positiv zu bewerten und macht Mut für den Start in der Bundesliga.
BVB mit mehr Prominenz auf der Bank als auf dem Platz
Mehr Prominenz auf der Bank als auf dem Platz - das war ein Bild, das sich abgezeichnet hatte am Ende einer Vorbereitung, die für den neuen Trainer Marco Rose eine große Herausforderung darstellte. Erst am Montag der Woche, in der mit dem Pokalspiel in Wehen-Wiesbaden die Saison offiziell startete, hatte Rose seine Mannschaft endlich komplett. Was dann aber gleich nicht einmal ganz richtig war, denn diverse Rückkehrer aus dem EM-Urlaub kamen auch noch verletzt in Dortmund an, etliche andere sind noch verletzt. Und dann ja obendrauf noch die beiden positiven Corona-Fälle.
Rose blieb konsequent, er haderte nicht, vertraute am Ende einem Großteil derjenigen Spieler, die die Vorbereitung komplett durchgezogen hatten und warf in Manuel Akanji und Jude Bellingham nur zwei sofort ins Feuer, die erst eine Woche Training in den Beinen hatten. Am Ende der 90 Minuten konnte er zufrieden konstatieren, dass sein Plan und alle taktischen Überlegungen voll aufgegangen waren.
Borussia Dortmund lässt in Wiesbaden keine Zweifel aufkommen
Nicht wer auf dem Platz stand, war am Ende entscheidend beim souveränen 3:0 gegen einen Drittligisten, der sich angesichts der permanenten Hiobsbotschaften aus dem Dortmunder Lager sicher deutlich mehr versprochen hatte. Es war das „wie“, das darüber entschied, dass die Stolpergefahr eigentlich von der ersten Minute an nicht existent war.
Große Laufbereitschaft, große Ernsthaftigkeit - Rose durfte an der Seitenlinie dem Verlauf mit großer Genugtuung zuschauen, auch wenn er nach dem Spiel natürlich einige Dinge aufzählen konnte, die es zu verbessern gelte. Aber dass der BVB sich voll auf dieses Spiel und diesen Gegner einließ, war nach nur drei Minuten erkennbar. Da hätte Dortmund das Spiel eigentlich schon vorentscheiden können.
Akanji und Kobel strahlen beim BVB viel Ruhe aus
Viele Puzzleteile saßen schon an der richtigen Stelle. Marco Reus scheint seine Vorbereitungsform konservieren zu können, er profitiert deutlich davon, nicht eine Einheit verpasst zu haben. Giovanni Reyna genießt die Möglichkeiten, die ihm das 4-4-2 mit Raute bietet, er wirkt gut erholt, auch im Kopf, und hat zudem erkannt, woran er noch arbeiten muss, damit aus ihm ein kompletter Spieler werden kann. Manuel Akanji strahlte Ruhe und Präsenz aus, ebenso wie die neue Nummer eins Gregor Kobel. Die Partien, in denen er dann auch zeigen kann, welch guter Torwart er ist, werden sicher kommen. Und Erling Haaland? Über den Norweger muss man eigentlich keine großen Worte mehr verlieren. Seine Gier ist hoffentlich weiter ansteckend.

Strahlt Ruhe und Präsenz aus: BVB-Torhüter Gregor Kobel. © imago / Jan Huebner
„Wir müssen diese Spiele richtig einordnen“, hat Rose in der Vorbereitung nach der Niederlage gegen Athletic Bilbao gesagt. Der Satz gilt weiterhin. Man tut daher sicher gut daran, dieses 3:0 nicht überzubewerten. Es war „nur“ ein Drittligist, der der Borussia da gegenübertand. Jeder einzelne Spieler in Schwarzgelb hat persönlich den Anspruch, besser, viel besser zu sein.
BVB-Neuzugang Donyell Malen benötigt noch Zeit
Und für Rose gibt es weiterhin eine Menge zu tun. Wenn die Gegner stärker werden, was bereits am kommenden Samstag der Fall sein dürfte, braucht es eine weitere Steigerung dieser Mannschaft. Ein Donyell Malen hat unübersehbar noch mit der Anpassung an Tempo und Intensität zu kämpfen, andere wie Emre Can, Raphael Guerreiro oder Mats Hummels müssen so schnell wie möglich und behutsam wie nötig herangeführt werden. Das gilt auch für Thorgan Hazard und Axel Witsel, die weiter sind als dieses Trio, aber auch noch weit entfernt von 100 Prozent.
Von einem Optimalzustand ist Roses Kader immer noch himmelweit entfernt, ein mögliches Holpern im ersten Saisonviertel hat Rose vorsichtshalber schon mal thematisiert. Auf der Rückfahrt nach Dortmund aber durfte er erst einmal froh sein, dass seine Premiere ohne größere Stottermomente abgelaufen ist.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
