Kadercheck Mittelfeld: Plätze im BVB-Mittelfeld werden frei – ein Kandidat steht fest

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Kadercheck Mittelfeld: Plätze im BVB-Mittelfeld werden frei – ein Kandidat steht fest

rnBorussia Dortmund

Im dritten Teil des RN-Kaderchecks steht das Mittelfeld von Borussia Dortmund auf dem Prüfstand. Zwei Kaderplätze werden im Sommer beim BVB frei - ein Kandidat ist ausgemacht.

Dortmund

, 10.03.2022, 06:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Wo ist Borussia Dortmund gut aufgestellt, wo könnte der Klub im Sommer sein Aufgebot verbessern? In der RN-Kaderanalyse durchleuchten wir die BVB-Mannschaft auf Status quo und Perspektive. Im dritten Teil geht es um das Mittelfeld:

In England nennen sie die Mittelfeld-Raute „diamond“, in Dortmund einen ambitionierten Versuch. Wie will Borussia Dortmund unter Trainer Marco Rose Fußball spielen im Zentrum des Feldes? Ein oder zwei Sechser? Drei oder vier Mann im Mittelfeld? Welche Typen sind dabei unerlässlich, wie muss das Personal in Zukunft dafür aussehen?

BVB-Mittelfeld hat klares Anforderungsprofil

Rose hat in seinen ersten Monaten gerne und aufschlussreich über die Art von Fußball gesprochen, die ihm vorschwebt. Als essenzielle Zutat gehört hohes Pressing dazu, volle Attacke nach Ballverlusten, konzertiertes Anlaufen. Ziel ist es, Bälle zu erobern, schnell umzuschalten und direkt nach vorne zu spielen. Dazu muss im Mittelfeld viel Kilometerarbeit verrichtet werden, mit klugen Laufwegen, taktischer Disziplin, hohem Durchsetzungsvermögen und mutigem Passspiel. Umsetzen konnte Borussia Dortmunds Kader das bisher in einigen Ansätzen, in Spielphasen, aber nicht konstant. Ein Grund: Die Spieler im Zentrum harmonieren mit ihren individuellen Fertigkeiten nicht mit den taktischen Anforderungen.

Gefragt sind gerade international Hochgeschwindigkeits-Fußballer, mit knackigem Antritt, durchsetzungsstarker Zweikampfführung und der Fähigkeit, auch gescheite Pässe über kurz oder lang in die Offensivabteilung zu adressieren. Ein Gespür für Räume vor und hinter sich, taktische Disziplin und kreativer Freigeist inklusive.

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Erster Anwärter auf den Posten der Nummer sechs ist beim BVB Mahmoud Dahoud (26, Vertrag bis 2023). Ein edler Techniker und Passgeber mit genialen Momenten, der manchmal auch ein listiger Bälledieb ist. Für einen klassischen Abräumer allerdings fehlen ihm Statur, Antritt und Zweikampfhärte. Als eher intuitiv veranlagter Spieler gab es Momente, in denen er im defensiven Mittelfeld schwer herausgefordert wurde, wenn er auf sich allein gestellt war, häufig im 4-3-3 mit zwei vorwärts denkenden Achtern vor ihm. Generell ist die Wertschätzung für Dahoud beim BVB im vergangenen Jahr massiv gestiegen.

Bei BVB-Profi Axel Witsel stehen die Zeichen auf Trennung

Eine gegenteilige Entwicklung hat Axel Witsel (33, Vertrag läuft aus) erlebt. In seinen ersten Spielzeiten verkörperte der Belgier den Inbegriff des ballsicheren Abfangjägers und Chefstrategen in der Schaltzentrale, dazu war er kopfball- und zweikampfstark. Seine Passquoten sind extraordinär, die Zuspiele gehören jedoch mehrheitlich in die Kategorie Sicherheitsball. Mit dem nachlassenden Tempo bekommt Witsel spätestens seit seinem Achillessehnenriss im Januar 2021 große Probleme. Die abflauende Nachfrage nach eleganten und ballfertigen Verteilern wie ihm mag man als Fußballästhet bedauern, doch je aggressiver und athletischer der Fußball wird, desto weniger finden Typen wie er einen Platz. Nach dieser Saison wird Schluss sein für Witsel in Dortmund.

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Dem Anforderungsprofil eines „Staubsaugers“ kommt Emre Can (28, Vertrag bis 2024) nahe. Robust und griffig in direkten Duellen, wenig zimperlich, technisch für diesen Bereich überdurchschnittlich gut aufgestellt. In der Mehrzahl seiner Einsätze für den BVB musste der Nationalspieler jedoch eine Reihe weiter hinten Lücken stopfen wegen der vielen Verletzungen, sofern er nicht selbst von einer Blessur betroffen war. Vor zwei Jahren als der fehlende Mentalitätsspieler mit Führungspotenzial verpflichtet, blieb er zu oft ein Scheinkrieger. Den vielseitigen Can in die Spur zu bekommen, dürfte für Marco Rose und den BVB ein echtes Anliegen sein.

Julian Brandt ist viertbester BVB-Scorer - und trotzdem umstritten

Das galt und gilt auf lange Strecke auch für Julian Brandt. Im Pendelverkehr zwischen einem offensiv orientierten Achter und einem verkappten Flügelspieler überzeugte der 25-Jährige (Vertrag bis 2024) im Zentrum zu selten für einen Mann seiner Klasse. 14 Torbeteiligungen bei 30 Einsätzen belegen einen klaren Anstieg bei der Effizienz, vor allem auch bei Standards, eine Handvoll krasser und folgenschwerer Fehler wiederum eine ausbaufähige Konstanz und Konzentrationsfähigkeit.

Mit Brandt ist es wie mit den zwei Seiten einer Medaille: Einer hochwertigen Güteklasse im Spiel mit dem Ball (unterbrochen von unforced errors) stehen seine Defizite im Spiel gegen den Ball entgegen. Dynamik und Draufgängertum gehören nicht zu seinen Stärken. Dennoch: Sein drittes BVB-Jahr ist sein bis dato bestes. Ob es auch sein letztes ist, bleibt offen.

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Viel öfter als für sein Alter erwartbar gehört Jude Bellingham (18, Vertrag bis 2025) zu den formstärksten Borussen. Der junge Engländer ist ein Überflieger, der unabhängig von seiner Position mit unbändigem Tatendrang durchs Mittelfeld fegt. Im Zweikampf unerbittlich und dem Mut zu giftigen Grätschen gesegnet, hat er zu seinem schonungslosen Stil im Tackling auch noch eine vehemente Portion Torgefahr addiert. An 18 BVB-Treffern (sechs Tore, zwölf Vorlagen) war der Publikumsliebling beteiligt, nur die Offensiv-Asse Erling Haaland (23/6) und Marco Reus (13/13) arbeiteten hier produktiver. Bellingham bildet bereits jetzt eine Herzkammer des Dortmunder Spiels, er pumpt „box-to-box“ das Blut ins System und soll das so lange tun, wie er noch für die Borussia zu halten ist.

BVB-Youngster Reyna gehört die Zukunft

Bei seinem englischsprachigen Spielkameraden Giovanni Reyna (19, Vertrag bis 2025) lässt sich für diese Saison aufgrund der langwierigen Verletzungsproblematik keine belastbare Einordnung vornehmen. Dass die Zukunft in Dortmund auch ihm gehören soll, egal ob als Achter, Zehner oder auf dem Flügel, daran bestehen grundsätzlich keine Zweifel.

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Ein Mann für die Zukunft ist auch Abdoulaye Kamara (17), der bislang überwiegend in der U23 und U19 zum Einsatz kommt. Leihspieler Reinier (20) wird den BVB nach zwei wenig fruchtbaren Jahren wieder verlassen.

Boubacar Kamara passt ins BVB-Profil

Mindestens zwei Kaderplätze (Witsel, Reinier) werden also frei. Mit Hochdruck arbeitet der BVB an der Verpflichtung eines zentralen Mittelfeldspielers, der ins gesuchte Profil passt und bei dem fußballerische Qualität, Überzeugung und der Preis stimmen. Intensiv beschäftigt hat sich der Klub zum Beispiel mit Boubacar Kamara (22, Marktwert 25 Millionen Euro), der Olympique Marseille im Sommer ablösefrei verlassen dürfte. Sein Gesamtpaket (defensivstark, guter Balleroberer, vertikaler Spielaufbau) haben allerdings auch andere Klubs für höchst attraktiv befunden. Beim BVB gilt er nicht als erster Anwärter auf den Job.