
Nach dem 4:1-Sieg in Sevilla hat der BVB beste Chancen aufs Achtelfinale der Champions League. © dpa
Nur ein kurzer Köln-Moment: BVB verschafft sich komfortable Situation
Champions League
Der BVB erlebt in Sevilla ein Spiel mit vielen verschiedenen Phasen. Da die Tore zum richtigen Zeitpunkt fallen, sind die Aussichten in der Champions League nun exzellent.
Inniger kann eine Umarmung wohl kaum ausfallen. 60 Meter legte Jude Bellingham fast im Vollsprint hin, um Edin Terzic in die Arme zu fallen. Der 19-Jährige hatte soeben noch kurz Nemanja Gudelj wie einen F-Jugendspieler aussehen lassen und dann ganz locker zum 2:0 für Borussia Dortmund eingeschoben. Es wirkte fast so, als wolle Bellingham Terzic mit der Umarmung sagen: „Guck, wir können es. Entspann dich.“ Etwas beruhigt haben wird ihn das. Doch die komplette Anspannung löste sich erst, als nach 90 Minuten auf der Anzeigetafel ein 4:1 für Borussia Dortmund zu lesen war.
Jude Bellingham führt den BVB zum Sieg in Sevilla
Terzic hatte man eine gewisse Nervosität vor diesem richtungsweisenden Gruppenspiel beim FC Sevilla deutlich angemerkt. Nach der desolaten Leistung im zweiten Durchgang beim 1. FC Köln war der BVB wieder einmal gefordert, eine Reaktion zu zeigen.
Dass die elf Borussen auf dem Platz, zu denen Youssoufa Moukoko und auch Emre Can zählten, dazu gewillt waren, war von Beginn an zu spüren. Die vergangenen Tage mit massiver Kritik von innen und außen hatten ihnen kaum gefallen. Allen voran Jude Bellingham, der im Gegenpressing aggressiv blieb, sich das verlorengegangene Leder umgehend zurückeroberte und dann den perfekt getimten Flugball auf die andere Seite des Platzes zauberte, wo Raphael Guerreiro bereits eingelaufen war. Der technisch nicht minder begabte Portugiese pflückte ihn mit einem Kontakt aus der Luft, mit dem nächsten legte er den Ball in die lange Ecke (6.). Die frühe Führung für Borussia Dortmund.
Gudelj bringt Özcan zu Fall – doch die Rote Karte wird zurückgenommen
Und ab der 21. Minute auch noch ein Mann mehr? Zumindest war das kurzzeitig der Stand. Doch Schiedsrichter Maurizio Mariani nahm die Rote Karte gegen Gudelj, der Özcan bei einem Konter als letzter Mann zu Fall gebracht hatte in Zusammenarbeit mit Video-Assistent Marco di Bello zurecht wieder zurück. Dem da schon totgeglaubten FC Sevilla, bei dem das Aus von Trainer Julen Lopetegui unabhängig vom Ergebnis bereits feststehen soll, hauchte diese Entscheidung neues Leben ein. Youssef En-Nesyri (36.) und Jose Angel Carmona (37.) hatten den Ausgleich auf dem Fuß beziehungsweise Kopf.
Doch dann kam Jude Bellingham, der von Salih Özcan in die Tiefe geschickt wurde und die Führung ausbaute (41.). Plötzlich lief alles wie am Schnürchen. Der Ball lief zügig, das Kurzpassspiel funktionierte, und selbst die ganz schwere Fußballschule war auf einmal kein Problem. Youssoufa Moukoko legte sich den Ball mit der Fußspitze über Gudelj und schloss trocken ab. Yassine Bounou konnte den Schuss zwar noch abwehren, allerdings genau vor die Füße von Karim Adeyemi (43.). Das 3:0 noch vor der Halbzeit.
Der BVB wirkt in Sevilla zu Beginn des zweiten Durchgangs nervös
Die Frage aller Fragen: Wie würde der BVB, der in Köln die 20 Minuten nach der Pause völlig verschlafen und das Spiel aus der Hand gegeben hatte, aus der Kabine kommen? Man hatte das Gefühl, dass genau diese Frage auch in den Köpfen der Spieler steckte. Dortmund wirkte verunsichert. Sevilla nutzte das. Nach einem Eckball verweigerte Nico Schlotterbeck das Kopfballduell gegen En-Nesyri, der zum 1:3 traf. Plötzlich waren die Zuschauer im Estadio Ramon Sanchez Pizjuan, die ihre Mannschaft mit einem gellenden Pfeifkonzert in die Kabine begleitet hatten, wieder da.
Und auch die Spieler auf dem Rasen, vermutlich bestens informiert über den Dortmunder Leistungsabfall in Köln, witterten ihre Chance. Doch der BVB blieb halbwegs stabil – und setzte durch Julian Brandt, der den Ball nach einer Moukoko-Flanke in die lange Ecke nickte, den endgültigen Schlussstrich unter diese Partie (75). Der Sieg bringt Borussia Dortmund in die komfortable Situation, schon in der kommenden Woche beim zweiten Aufeinandertreffen mit dem FC Sevilla das Ticket für das Champions-League-Achtelfinale zu lösen. Eine ähnlich gute Leistung vorausgesetzt.
Jahrgang 1991, tritt seitdem er Vier ist selbst gegen den Ball, hat mit 14 das erste Mal darüber berichtet, wenn es andere tun. Wollte seitdem nichts anderes machen und hat nach Studium und ein paar Jahren Lokaljournalismus seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Seit 2021 BVB-Reporter.
