BVB-Stadionsprecher Norbert Dickel betritt heute erstmals seit Langem wieder das Spielfeld - beim DFB-Pokalspiel gegen Bremen. Eine Reise 30 Jahre zurück, als „Nobby“ zum Helden wurde.

Dortmund

, 05.02.2019, 15:39 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ein einziges Fußballspiel kann ein ganzes Leben verändern. Das Leben eines einzigen Spielers und das eines ganzen Klubs. Wie das Spiel am 24. Juni 1989. Im DFB-Pokalfinale trifft der BVB auf Werder Bremen. Es ist das Spiel, das Norbert Dickel zur Legende werden lässt. Woran Dickel im Rückblick auf das Spiel als erstes denkt? „Dass meine Karriere ohne das Spiel ganz anders verlaufen wäre.“ Und es ist das Spiel, das den BVB wieder aufleben lässt.

Danach sah es vor dem Anstoß nicht aus. Also so gar nicht. Dortmund ist nach einer langen Durststrecke erstmals seit 1965 wieder in einem Pokalfinale dabei. Die international erfahrenen Bremer sind mit Stars wie Frank Neubarth, Rune Bratseth und Kalle Riedle haushoher Favorit.

Dickels Knie bereitet Probleme

Norbert Dickel kann von einem Einsatz bei dem wichtigen Spiel nur träumen. Sein verletztes Knie scheint ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen. Knorpel- und Meniskusschaden. Dickel hat einen wochenlangen Reha-Marathon hinter sich. Doch das Knie wird immer wieder dick, Wasser und Blut sickern ein. Nach dem Abschlusstraining in Berlin wird die Flüssigkeit aus Dickels Knie mit einer großen Spritze rausgesaugt.

„In meinen Augen war ich nur ein bisschen verletzt, nicht dramatisch. Ich konnte spielen.“
Nobby Dickel

Ein Startelfeinsatz: mehr als fraglich. Nobby Dickel muss bangen, ist angespannt: „Ich war sowieso vor jedem Spiel super nervös und musste ständig auf Toilette.“

Erst eine halbe Stunde vor Anstoß schreibt der damalige Trainer Horst Köppel Dickels Namen auf den Spielberichtsbogen. „Der Trainer wollte eigentlich defensiver beginnen“, erinnert sich Dickel: „Ohne mich im Sturm.“ BVB-Präsident Gerd Niebaum und Mittelfeldspieler Michael Zorc hätten daraufhin versucht, den Trainer umzustimmen. „In meinen Augen war ich nur ein bisschen verletzt, nicht dramatisch“, sagt Dickel und lacht. „Ich konnte spielen.“

Dickel schießt das Tor zum 1:1

40.000 Dortmunder sind mitgereist und bilden in dem Berliner Stadion eine schwarzgelbe Wand. Strahlendes Sommer-Sonnen-Wetter. Doch wie erwartet geht Werder Bremen in der 15. Minute mit 1:0 durch Riedle in Führung. Nur sieben Minuten später können die schwarzgelben Fans aufatmen: 1:1. Und das durch - wie sollte es anders sein - Norbert Dickel. Dickel breitet jubelnd seine Arme aus und macht den Flieger. Das Spiel ist wieder offen.

Nobby Dickel jubelt über seinen Treffer zum 1:1.

Nobby Dickel jubelt über seinen Treffer zum 1:1. © imago

Nach der Pause erzielt Frank Mill per Kopfball das 2:1 für den BVB. Die Dortmunder Abwehr hält den hartnäckigen Angriffen der Bremer stand. 73. Spielminute. Bei einem Konter sprintet Mill Richtung Bremer Tor, Norbert Dickel lauert im Bremer Strafraum. Mill spitzelt den Ball zu Dickel, der nimmt ihn Vollspann – ein Schuss mit der Innenseite hätte Schmerzen verursacht – und schlägt ihn ins Tor. Das zweite Tor von Dickel. Michael Lusch erhöht noch auf 4:1 – Endstand. Die Dortmunder strecken den Pokal in den Abendhimmel und feiern mit ihren schwarzgelben Fans.

Der BVB blüht nach dem besonderen Spiel wieder auf

„Das war ein ganz besonderes Spiel, ein Startschuss für eine bessere Zukunft. Es wurde eine riesige Euphorie entfacht“, erinnert sich Michael Zorc, der damals selbst auf dem Platz stand. „Nobby Dickel hat sein Knie für den Sieg geopfert – das betont er immer.“

Pokal-Hekld Nobby Dickel streckt jubelnd die Trophäe in die Luft.

Pokal-Hekld Nobby Dickel streckt jubelnd die Trophäe in die Luft. © imago

Dickel konnte nach dem Spiel nie wieder Fuß in der Bundesliga fassen. Sein letztes Spiel bestritt er am 15. Dezember 1989 gegen Düsseldorf. In der 90. Minute schoss Dickel in seinem 90. Spiel für Borussia Dortmund sein 40. und letztes Pflichtspiel-Tor zum 1:1. Danach beendete er seine Karriere als Sportinvalide.

BVB-Fans feiern Norbert Dickel als Helden

Bis heute feiern die Dortmunder Fans ihren Nobby Dickel. Wenn er als Stadionsprecher bei den Heimspielen vor die schwarzgelbe Wand tritt, erklingen 25.000 Kehlen: „Wir singen Norbert, Norbert, Norbert Dickel, jeder kennt ihn, den Held von Berlin.“

Norbert Dickel, ein gefeierter Held. Doch ob es das große Opfer Wert war? Norbert Dickels Antwort steht seit Jahren in schwarz auf gelb an einer Tribünenwand im Stadion: „Ich würde es wieder tun!“

Dickel betritt nach seiner Knie-OP zum ersten Mal das Spielfeld

Am Dienstagabend spielt der BVB im DFB-Pokal erneut gegen Werder Bremen. Und Norbert Dickel wird zum ersten Mal wieder das Spielfeld betreten - mit einem künstlichen Knie, das er am 6. Dezember bekommen hat. „Ich fühle mich jetzt fit genug, um die langen Wege bis aufs Spielfeld zu gehen“, erzählt Dickel. Acht schmerzvolle Wochen liegen hinter ihm: „Ich konnte bis letzte Woche kaum schlafen, aber so langsam wird es beser.“

Noch immer ist Dickel im BVB-Dress im Einsatz. Mittlerweile freut er sich als Stadionsprecher über die BVB-Siege und Erfolge.

Noch immer ist Dickel im BVB-Dress im Einsatz. Mittlerweile freut er sich als Stadionsprecher über die BVB-Siege und Erfolge. © dpa

Heute Abend kann „Nobby“ Dickel sein „Wohnzimmer“ also endlich wieder betreten und sich von der Gelben Wand feiern lassen. Dass der Sieger heute Abend wie vor 30 Jahren schwarzgelb sein wird, steht für Dickel außer Frage: „Wir wollen nach Berlin. Wir gewinnen 3:1!“

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