Neuer Anlauf: BVB buhlt um Bundesliga-Linksverteidiger

Neuer Anlauf: BVB buhlt um Bundesliga-Linksverteidiger
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Das Dilemma nahm schon am Sonntag konkrete Züge an. Raphael Guerreiro meldete sich nach der Partie gegen den VfB Stuttgart (5:0) mit muskulären Problemen im Oberschenkel bei der medizinischen Abteilung von Borussia Dortmund. Tags drauf stand fest, dass der Portugiese gegen Manchester City nicht würde spielen können.

Die Notlösung, die sich Edin Terzic erdachte, funktionierte gegen Pep Guardiolas Team überraschend gut. Thorgan Hazard spielte bei seiner Premiere als linker Außenbahnspieler in einer Viererkette eine grundsolide Partie. Eine Dauerlösung ist da aus Zufall allerdings nicht erwachsen, die größte Problemstelle im Kader will der BVB auch mit personellen Veränderungen angehen – daher intensiviert der Klub aktuell seine Bemühungen um Verstärkungen. Erneut ins Visier gerückt ist dabei einer, den Dortmund schon vor längerer Zeit auf dem Zettel hatte: Ramy Bensebaini von Borussia Mönchengladbach.

BVB hatte schon im Sommer Kontakt zu Bensebaini

Mit dem Algerier gab es schon im Frühjahr einen Austausch über einen Sommer-Wechsel ins Ruhrgebiet. Bensebaini (27) kokettierte daraufhin am Niederrhein offen mit einem Abschied, ein Wechsel schien auch ein logischer Gedanke aus Vereinssicht, denn Bensebainis Vertrag läuft am Ende der aktuellen Saison aus. Zustande kam der Transfer am Ende nicht. Das Dortmunder Interesse erkaltete, weil die Rahmenbedingungen schwierig waren und auch, weil in Marco Rose ein extremer Fürsprecher des Algeriers plötzlich nicht mehr Trainer der Dortmunder Borussia war.

Dass sich auch die BVB-Wunschlösung David Raum nicht verwirklichen ließ, verbuchte der neue Sportdirektor Sebastian Kehl als eine der mit diesem Geschäft einhergehenden Unberechenbarkeiten und Wirrungen. Raum war sich einig mit dem BVB, der aber dann die finanziellen Mittel umlenken und einen Stürmer verpflichten musste, als bei Sebastien Haller ein Hodenkrebs festgestellt wurde. Modeste statt Raum hieß es in Dortmund, der Hoffenheimer wechselte zu RB Leipzig – und der BVB ging mit einem Vakuum auf links in die neue Saison, das sich Stand heute am Ende der Spielzeit noch verschärfen könnte, weil der Vertrag von Guerreiro ausläuft.

BVB intensiviert das Werben um Bensebaini

Nach Informationen der Ruhr Nachrichten hat Borussia Dortmund daher das Werben um Bensebaini wieder intensiviert. In Gladbach spielt der 27-Jährige aktuell in der Form seines Lebens – dass sich sein Wechselwunsch nicht realisieren ließ, hat an seiner Einstellung auf dem Rasen nichts geändert. 16 der 28 Gladbacher Pflichtspieltreffer gehen auf das Konto von Bensebaini und Marcus Thuram, fünf davon hat der Linksverteidiger mit großem Offensivdrang erzielt.

Ramy Bensebaini jubelt nach einem Tor.
Torgefährlicher Linksverteidiger: Gladbachs Ramy Bensebaini traf schon fünf Mal in dieser Saison. © IMAGO/Laci Perenyi

Das Duo ist so etwas wie die Lebensversicherung der von Verletzungen gebeutelten Gladbacher. Beide eint, dass ihre Verträge am Saisonende auslaufen und die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass sie auch im kommenden Spieljahr das Fohlen-Trikot tragen werden. Den Willen dazu hat der Klub bekundet, wie Sportdirektor Roland Virkus unlängst der „Rheinischen Post“ bestätigte. „Wir haben beiden im Rahmen unserer Möglichkeiten sehr, sehr gute Angebote gemacht und uns an die Decke gestreckt. Jetzt müssen die Spieler entscheiden.“

BVB: Kommt Bensebaini schon im Winter?

Diese Entscheidung könnte schneller fallen, als man das in anderen Fällen schon erlebt hat. Denn Gladbach muss sich aus finanziellen Erwägungen heraus auch mit dem vorzeitigen Abschied von einem oder sogar beiden Spielern im Winter befassen. „Wir müssen abwägen“, hat Virkus der RP gesagt. „Wie groß ist der sportliche Verlust, wie steht er im Verhältnis zu dem, was wir einnehmen?“ Die Rechnung ist einfach wie kompliziert: Garantiert ein Spieler das Erreichen des internationalen Geschäfts, könnten die zusätzlichen Einnahmen den Wegfall seiner Ablöse kompensieren. Sie basiert allerdings auf Wahrscheinlichkeiten, die wenig planbar sind.

Dass Borussia Dortmund vorgesehene Transfers des kommenden Sommers auf den Winter vorzog, hat in der Vergangenheit oftmals erkannte Lücken im Kader geschlossen und den Vorteil, einen Spieler schon vorab an die neue Umgebung gewöhnen zu können. Erling Haaland ist das Paradebeispiel, er stieß im Januar 2020 zum BVB, ähnlich verhielt es sich vor ihm mit Manuel Akanji. Der finanzielle Aufwand für den BVB wäre im Fall Bensebaini nicht deutlich höher, denn bei einem Sommer-Wechsel eines ablösefreien Spielers würde automatisch ein üppiges Handgeld fällig, das locker im Bereich eines Jahresgehalts liegen kann.

Lässt Gladbach Bensebaini zum BVB ziehen?

Sportlich erfüllt Bensebaini alle Anforderungen: Er kann in einem System mit Dreier- und Viererkette spielen, hat sogar schon auf der Sechs ausgeholfen und gilt fußballerisch als kompletter Spieler mit enormem Vorwärtsdrang, einem guten Kopfballspiel und einem gefährlichen Distanzschuss. Im Gladbacher Umfeld wird er als Mentalitätsspieler mit einer „positiven Verrücktheit“ geschätzt.

Der finanzielle Aspekt könnte den Transfer um einige Monate beschleunigen, wenn Borussia Dortmund wirklich ernst macht. Ab einer Größenordnung von zwölf Millionen Euro Ablöse sollen die Gladbacher gesprächsbereit sein. Als Bensebaini im Sommer 2019 von Stade Rennes an den Niederrhein wechselte, zahlte Gladbach acht Millionen Euro. Den Afrika-Cup-Sieger von 2019 lockt auch die Aussicht auf Hochglanz-Spiele in der Champions League.