Selbst der Milliardär aus den USA zückte sein Handy. Todd Boehly, spendabler Eigentümer des FC Chelsea, wollte diese Momente unbedingt festhalten, als in Dortmunds Arena ungezählte schwarzgelbe Schals in die Luft gestreckt wurden, als die Südtribüne mit ihrer Choreografie einmal mehr Fußballeuropa beeindruckte, als dieses Fußball-Kraftwerk an der Strobelallee Energie in Gigawatt-Mengen produzierte. Der BVB hat sich mit Donnerhall in Europa zurückgemeldet und den Ruf unterfüttert, eine ganz spezielle Adresse zu sein. Das Beste daran: Nach dem 1:0 im Hinspiel gegen den FC Chelsea muss die Runde der letzten 16 noch lange nicht Endstation sein in der Champions League.
Leichter Vorteil für den BVB
Halbzeit im Achtelfinal-Duell bedeutet aber nicht, die halbe Miete eingefahren zu haben. Galt das Duell vor dem ersten Schlagabtausch als völlig offen, hat diese Einschätzung auch nach dem Hinspiel Bestand. Denn Chelsea war nach Dortmunds fußballerisch guter erster Spielhälfte im zweiten Durchgang die bessere Mannschaft, hatte mehr und klarere Chancen. „Wir können mit einem leichten Vorteil nach London fahren. Aber wir müssen nicht nur die Leidenschaft mitnehmen, sondern auch die Leistung steigern, um die Chance zu erhöhen, in die nächste Runde einzuziehen“, sagte Trainer Edin Terzic relativierend. „Wie wir uns gewehrt haben, wie wir unbedingt das Gegentor verhindern wollten, das war richtig gut.“
Und wie das honoriert wurde auf den Rängen, das war nicht minder eindrucksvoll. 81.000 Fans auf den Füßen mit geballten Fäusten, als Emre Can auf der eigenen Torlinie den Ball grätschte. „Unsere Jungs und Mädels haben heute Vollgas gegeben“, sagte Terzic. Die außergewöhnliche Stimmung hatte alle Borussen angefixt.
In der energisch geführten, umkämpften, tempo- und abwechslungsreichen Partie mit dem Traumtor von Karim Adeyemi nach seinem 70-Meter-Solo (63.) steckte alles, was Europapokalpartien zu denkwürdigen Abenden werden lässt.
Kehl lobt BVB-Auftritt
„Es war nicht die beste Performance“, erkannte Can selbstkritisch, „aber einer war für den anderen da.“ Er lieferte seine Erklärung dafür, dass das Momentum in engen Spielen seit Jahresbeginn immer wieder zugunsten der stets siegreichen Borussen ausschlägt, gleich mit: „Dass es aktuell so gut läuft, ist kein Glück, das kommt von harter Arbeit. Wir reden extrem viel und sind füreinander da. Am Ende“, so seine Überzeugung, „zahlt sich das immer aus.“
Weniger Ego, mehr Energie fürs Team. Weniger zaudern, mehr zupacken. Weniger künsteln, mehr kämpfen. Terzic hat seine Borussen nach seiner Fasson eingenordet. Es kommt überraschend, aber nicht von ungefähr, dass aktuell andere Protagonisten im Vordergrund stehen als gewohnt. Can und Julian Brandt oder Karim Adeyemi. Jude Bellingham und immer wieder Gregor Kobel. Mit dem Duo Niklas Süle/Nico Schlotterbeck im Abwehrzentrum hat der BVB in vier Partien nur ein Gegentor kassiert. „Die kämpferische Einstellung, der Zusammenhalt, das war herausragend“, lobte Sportdirektor Sebastian Kehl.
Hochrangige BVB-Bank
Die illustre Reservebank besetzten am Mittwoch die Kapitäne Mats Hummels und Marco Reus. Alle Spieler werden gebraucht, aber alle müssen sich auch dem Leistungsprinzip unterordnen. Angesprochen auf Reus sagte Terzic: „Es tut mir natürlich brutal leid. Aber es geht nicht nur um Marco. Wir hatten noch andere Jungs, die nicht eingewechselt wurden.“ Im Erfolg hat der Trainer immer Recht. Nach dem freien Donnerstag vergibt er täglich neue Bewährungsmöglichkeiten.
BVB-Rakete Karim Adeyemi: Das ist das Geheimnis seines plötzlichen Erfolgs
Sperre nach Champions-League-Debüt gegen Chelsea: Darum fehlt BVB-Profi Ryerson im Rückspiel
BVB-Podcast 361: Dortmund setzt auch Chelsea schachmatt – Terzic-Plan geht auf