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Moukoko, Reyna, Knauff, Pherai - WG-Party beim Trainingsauftakt des BVB
Borussia Dortmund
Für die BVB-Jungspunde Moukoko, Reyna, Knauff und Pherai hat der Vorbereitungsauftakt ein bisschen was von einer WG-Party - mit unterschiedlichen Voraussetzungen.
Wenn beim BVB am Donnerstagmorgen die ersten Corona-Tests der neuen Saison auf dem Tagesplan stehen, dann sind auch Giovanni Reyna, Youssoufa Moukoko, Ansgar Knauff und Immanuel Pherai dabei. Die vier Teenager haben sich bis vor gar nicht allzu langer Zeit eine Etage im BVB-Jugendhaus auf dem Trainingsgelände in Brackel geteilt. Gemeinsam spülen, gemeinsam abhängen, gemeinsam vom Profifußball träumen: eine Fußballer-Wohngemeinschaft voller Hochbegabter. Dann kam Corona.
Reyna peilt beim BVB den Sprung zum Stammspieler an
Reyna zog nach seinem Sprung zu den Profis flugs aus in seine erste eigene Wohnung - gemeinsam mit Pherai. Für Moukoko und Knauff ging es vorübergehend zurück zur Familie. Nun gibt’s das große und oft herbeigesehnte Wiedersehen bei den Profis, aber die Vorzeichen der ehemaligen WG-Bewohner sind völlig unterschiedlich.
Reyna, der schon gezeigt hat, dass er „bei denen da oben“ mithalten kann, peilt den Schritt zum BVB-Stammspieler an. Der 17-jährige US-Amerikaner hat sein großes Potenzial in der vergangenen Saison mehr als nur angedeutet. 18 Mal hat Trainer Lucien Favre ihn bei den Profis bereits eingesetzt, zweimal durfte Reyna von Beginn an ran, in der Champions League und in der Bundesliga legte er jeweils ein Tor auf, im DFB-Pokal hat er sogar selbst schon getroffen. Wenn Favre über Reyna spricht, gerät er ins Schwärmen. „Er versteht Fußball“, sagt der Schweizer dann, „er ist sehr, sehr clever. Er läuft richtig, er verteidigt richtig. Was er mit 17 macht, ist schon fantastisch.“
Moukoko erzielt in 84 Spielen in der BVB-Jugend 128 Tore
Moukoko ist noch zwei Jahre jünger als Reyna - und zumindest seine Torquote im Nachwuchsbereich des BVB ist mindestens ebenso fantastisch. Der 15 Jahre alte Stürmer hat für Borussia Dortmunds U17 und U19 in insgesamt 84 Spielen 128 Treffer erzielt. Nun darf er sich bei den Profis im Training auf höchstem Niveau gegen Verteidiger wie Mats Hummels oder Dan-Axel Zagadou beweisen.
Frühestens ab seinem 16. Geburtstag, am 20. November 2020, dürfte Moukoko für die erste Mannschaft in der Bundesliga auflaufen. Bis dahin wird bei den Profis trainiert und in der U19 gespielt. Mike Tullberg, seit diesem Sommer Trainer des Dortmunder Nachwuchses, sagt im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten: „Youssoufa ist jetzt erst einmal komplett oben mit dabei, aber wir müssen die Entwicklung abwarten. Ich traue ihm diesen Schritt auf jeden Fall zu, die Frage ist nur, wann er es packt. Grundsätzlich spricht es erst einmal absolut für Youssoufa, dass er in diesem Alter überhaupt schon die Qualität hat, um sich bei den Profis präsentieren zu dürfen.“
U19-Trainer Tullberg: „Beide Spieler freuen sich natürlich brutal“
Auch Knauff erhält dieses Privileg. Zumindest in der Vorbereitung nimmt Favre den 18-jährigen Flügelspieler unter die Lupe. Tullberg meint: „Ich wünsche dem Jungen, dass er es so gut macht, dass ich ihn nicht so oft wiedersehe. Je seltener ich ihn in der U19 habe, desto besser ist es für den Verein.“ Natürlich sei die U19 mit Moukoko und Knauff stärker, aber darum gehe es nicht, sagt der 34-jährige Däne, „sondern es geht um die Entwicklung des einzelnen Spielers“. Die Jungs sollten nun einfach Gas geben und die Zeit bei der ersten Mannschaft genießen. „Die beiden freuen sich natürlich brutal auf die nächsten Wochen - und das muss und soll auch so sein.“

U19-Trainer Mike Tullberg sagt über Youssoufa Moukoko und Ansgar Knauff: „Die beiden freuen sich natürlich brutal auf die nächsten Wochen - und das muss und soll auch so sein.“ © Groeger
Glaubt man Sebastian Kehl, dem Leiter der BVB-Lizenzspielerabteilung, beruht die Vorfreude auf Gegenseitigkeit. „Wir freuen uns auf die beiden“, sagt Borussia Dortmunds ehemaliger Kapitän im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. „Wir wissen, dass sie großes Potenzial haben und hoffen, dass sie die Möglichkeit nutzen, sich zu zeigen.“
Wie geht es beim BVB mit Immanuel Pherai weiter?
Und dann ist da noch Pherai, der Älteste unter den vier Jungen, der von niemand Geringerem als Mino Raiola beraten wird, der auch für Spieler wie Zlatan Ibrahimovic, Paul Pogba oder Erling Haaland die Verträge aushandelt. 19 Jahre ist Pherai mittlerweile alt. Auch der Niederländer wird Donnerstagmorgen am BVB-Trainingsgelände aufschlagen - und auch er galt in Dortmund lange als eines der hoffnungsvollsten Talente im eigenen Stall, als einer, der es schaffen kann bei den Profis.
Doch der große Durchbruch ist dem offensiven Mittelfeldspieler beim BVB nicht geglückt, auch wenn es an Trainingseinheiten bei den Profis nicht gemangelt hat. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr - und noch ist nicht wirklich klar, wie es ab diesem Sommer für Pherai weitergeht. Die Chance auf Spielzeit in der ersten Mannschaft erscheint verschwindend gering, für die U19 ist er in der kommenden Saison zu alt, für die U23 in der Regionalliga West nach eigenem Dafürhalten zu gut und nach Informationen der Ruhr Nachrichten auch nicht eingeplant.
Finale Entscheidung über Pherais Zukunft steht noch aus
Für den BVB steht in der Personalie Pherai also eine Grundsatzentscheidung an. Glaubt man im Klub weiter an Pherais außergewöhnliches Talent, das ihm intern durchaus attestiert wird? Verlängert man also vielleicht noch einmal um ein Jahr mit Pherai und verleiht ihn anschließend, um ihm die Chance auf Spielpraxis zu verschaffen. Hilft ihm womöglich ein reines Trainingsjahr bei den Profis? Oder beendet man das Kapitel vorzeitig und verkauft ihn bereits in dieser Transferperiode? An Interessenten aus den Niederlanden soll es angeblich nicht mangeln.
Die finale Entscheidung über Pherais Zukunft steht nach Informationen der Ruhr Nachrichten noch aus, aber es könnte unter Umständen eine kurze Wiedersehens-Party mit den Jungs aus der alten WG werden - denn eins ist klar: So viele Chancen wie Giovanni Reyna, Youssoufa Moukoko und Ansgar Knauff wird Immanuel Pherai bei Borussia Dortmund nicht mehr bekommen.
Tobias Jöhren, Jahrgang 1986, hat an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert. Seit 2013 ist er Mitglied der Sportredaktion von Lensing Media – und findet trotz seines Berufes, dass Fußball nur die schönste Nebensache der Welt ist.
