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Mehr Haltung, bitte: Was sich BVB-Trainer Rose für die Rückrunde wünscht
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund hat in der Hinrunde phasenweise schlecht auf Rückschläge reagiert. Nun appellieren die BVB-Bosse an die Spieler, mehr Haltung anzunehmen. Marco Rose verrät, wie das aussehen soll.
Die 2:3-Niederlage bei Hertha BSC kurz vor Weihnachten sorgte bei Borussia Dortmund nicht nur in sportlicher Hinsicht für Irritationen und einen ungemütlichen Jahreswechsel. Beunruhigend waren auch die Signale, die die Spieler im Olympiastadion während der 90 Minuten aussendeten. Als Beobachter konnte man sich abermals des Eindrucks nicht erwehren, dass hier eine Elf auf dem Rasen steht, die in guten Phasen zwar ihre (zweifellos vorhandene) Klasse ausspielt, in schlechten aber in puncto Resilienz nicht zu übersehende Schwächen aufweist.
BVB-Gemütszustand anhand der Körpersprache zu oft sichtbar
Mimik und Gestik sprachen Bände. Besonders sichtbar wurde das an Erling Haaland. Der Norweger, der seine Teamkollegen sonst mit seiner positiven Art mitreißt, haderte, zeterte, winkte genervt ab und verlor damit den Fokus fürs Wesentliche. Es war nicht das erste Mal, dass der BVB in dieser Hinsicht Schwächen offenbarte. Auch bei der verheerenden 0:4-Pleite in der Champions League bei Ajax Amsterdam war er nicht willens oder zumindest nicht in der Lage, angemessen auf Rückschläge zu reagieren.
Das ist auch den Verantwortlichen nicht verborgen geblieben. Zur Rückrunde soll die Mannschaft - so wünschen es sich die BVB-Bosse – (eine andere) Haltung annehmen. „Im Fußball spielt neben der Physis auch der Kopf eine große Rolle“, sagte Marco Rose vor dem Jahresauftakt bei Eintracht Frankfurt. Die Erkenntnis ist nicht neu, bei den Schwarzgelben aber von besonderer Bedeutung. Von ihr hängt maßgeblich mit ab, wie der BVB die zweite Saisonhälfte gestaltet und welches Gefühl Ende Mai das vorherrschende ist. Überwiegt der Eindruck einer Saison der verpassten Möglichkeiten? Oder steht am Ende eine Spielzeit, in der die Borussia sich allen Widerständen zum Trotz spürbar weiterentwickelt hat?
BVB-Lizenzspielleiter Sebastian Kehl fordert mehr Haltung
Gemessen wird der BVB in dieser Hinsicht in erster Linie an Ergebnissen und im besten Fall auch Erfolgen. Lizenzspielleiter Sebastian Kehl hat jüngst im Rahmen einer Medienrunde die Ambitionen in allen drei Wettbewerben - Bundesliga, DFB-Pokal und Europa League - unterstrichen. „Wir wollen natürlich diese Ziele erreichen, sportlich erfolgreich sein und das am besten mit einer guten Haltung und der richtigen Herangehensweise. Da müssen wir zulegen.“
Intern habe Marco Rose daher zuletzt einige Dinge angeprangert und eingefordert. Nun ging der BVB-Trainer diesbezüglich ins Detail. „Wir haben kein Problem mit dem Thema Einstellung“, versicherte er nochmals nachdrücklich. Vielmehr gehe es um den Umgang von kleineren Rückschlägen und mit kniffligen Situationen innerhalb eines Spiels. „Wie sehr bin ich bereit, mein eigenes Tor zu verteidigen? Wie gehe ich mit Misserfolgen in einem Spiel um, mit nicht gelungenen Aktionen? Wie reagiere ich als Mannschaft darauf? Bin ich frustriert oder stachelt mich das an und ich mache noch mehr? Das sind Dinge, die wir besprochen haben und die ich einfordere“, zählte Rose exemplarisch auf.
BVB-Trainer Marco Rose wünscht sich Nachhaltigkeit
Punktuell habe sein Team dies in der Hinrunde auch schon gemacht. Für die Rückserie aber verlangt der BVB-Trainer mehr: „Ich möchte, dass wir da konstanter und klarer werden, damit wir die nächsten Schritte gehen können.“ In den vergangenen Monaten hat Marco Rose immer wieder betont, die Mannschaft nachhaltig weiterentwickeln zu wollen. Auch hierfür dürfte die passende Haltung ein Schlüsselfaktor sein. „Nachhaltigkeit beinhaltet vor allem das Wort Hartnäckigkeit. Es geht darum, dranzubleiben und nicht in irgendwelchen Bereichen einen Schritt zurück zu machen. Borussia Dortmund sollte für einen Fußball stehen, der etwas ausstrahlt, der Energie hat - nicht nur gegen den Ball, sondern auch mit dem Ball.“ Am ehesten hat bislang Jude Bellingham diese Attribute verkörpert.
Es ist sein Auftrag und der der gesamten Mannschaft, sich diesem Ideal in der Rückrunde so weit wie möglich anzunähern. Phasenweise ist das den Schwarzgelben schon in der Hinserie gelungen - etwa beim 5:2 gegen Frankfurt, dem 4:3 in Leverkusen und dem 3:1 in Wolfsburg. Zum Schluss allerdings konnte der BVB zu selten Anspruch und Wirklichkeit in Einklang bringen.
BVB strebt in der Rückrunde eine bessere Balance an
Marco Rose fasst das so zusammen: „Wir haben am Anfang relativ schnell Spiele gezeigt, die viel Spektakel geboten haben, in denen wir mit viel Umschalten und viel Wucht gespielt haben. In den letzten Spielen waren wir vor allen Dingen mit unserer spielerischen Darbietung sehr unzufrieden.“ Die sportliche Führung der Borussia dürfte der Belegschaft ihr Missfallen darüber in der kurzen Winterpause deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Nun soll der Blick nach vorne gerichtet werden. Die Begegnung am Samstag (18.30 Uhr, live bei Sky) bei Eintracht Frankfurt soll den Anfang einer neuen Haltung markieren.
Nach und nach sollen sich Roses Ideen auch auf dem Rasen wiederfinden. „Wir haben jetzt ein paar Sachen angeschoben. Wenn man daran arbeitet, aktiver zu verteidigen und höher zu pressen, braucht das Zeit, aber es ist auch klar, dass möglicherweise in anderen Bereichen etwas verloren geht. Für uns ist es wichtig, eine gute Balance zu finden, dabei auch Ergebnisse zu holen“, so Rose. Wenn das regelmäßig funktioniert, sei es irgendwann auch eine nachhaltige Entwicklung.
Eine Prise mehr Jude Bellingham für alle BVB-Spieler
Rose möchte das als Auftrag ans Kollektiv verstanden wissen, der ganz oben auf der Agenda steht. „Ich möchte, dass wir draufpacken - miteinander und gemeinsam, auf eine gute und positive Art und Weise.“ Das bedeutet aber gerade nicht, dass jeder in Watte gepackt wird. Im Gegenteil: „Dazu gehört manchmal, dass man auch untereinander unangenehm ist.“ Deutlich mehr konstruktives Rüffeln und eine Prise mehr Jude Bellingham für alle Borussen dürfen es also ab sofort sein.
Cedric Gebhardt, Jahrgang 1985, hat Germanistik und Politikwissenschaft an der Ruhr-Uni Bochum studiert. Lebt aber lieber nach dem Motto: „Probieren geht über Studieren.“ Interessiert sich für Sport – und insbesondere die Menschen, die ihn betreiben. Liebt Wortspiele über alles und kann mit Worten definitiv besser jonglieren als mit dem Ball. Schickt deshalb gerne humorige Steilpässe in die Spitze.
