In Szenen wie dieser in der 54. Minute im Spiel gegen Union Berlin könnte es für Edin Terzic, den Trainer von Borussia Dortmund, gar nicht besser laufen, als wenn Marco Reus den Ball nach vorne treibt. Weit in der eigenen Hälfte, nach einem Befreiungsschlag von Julian Brandt, nahm der Mittelfeldspieler die Kugel auf und initiierte einen Konter, der den BVB unverhofft in eine Überzahlsituation brachte. Kurz vor dem Strafraum der Köpenicker hatte Reus, der sich mit seinem Laufweg lange Richtung linke Seite orientiert hatte, dann dank der Hinweise von Niclas Füllkrug und Donyell Malen das Auge für den rechts mitlaufenden Julian Brandt. Perfekter Pass, perfekter Abschluss von Brandt, das 3:2 für die Borussia und die endgültige Wende in einer Partie, die mit einer schwierigen ersten Hälfte gar nicht nach Plan begonnen hatte.
Brandt beim BVB ein Reus-“Opfer“
Während Terzics Trainerkollege Urs Fischer nach dem Spiel mit der „ungenügenden“ Restverteidigung seiner als eigentlich defensiv sehr stabil stehenden Mannschaft in dieser Szene haderte, durfte Terzic auch darüber sprechen, dass Reus‘ Beteiligung an diesem Tor kein Zufall gewesen sei. Nach einer schwierigen Startphase in dieses Saison hat sich Reus seinen Platz im Mittelfeldzentrum zurückerobert. Dass Terzic dafür Brandt oft auf die Seite verschiebt, ist der offensichtliche Beleg für den deutlichen Formaufschwung bei Marco Reus.
Als der BVB Anfang Juli in die Saisonvorbereitung startete, war der ehemalige Kapitän von Tag eins an mit dabei. Ausgeruht und auch von der Verantwortung der Kapitänsbinde befreit, wollte Reus sein vielleicht letztes Karrierejahr bewusster erleben, wenn möglich auch genießen – und er wollte natürlich seinen Beitrag leisten, den letzten Schritt zu gehen in Richtung Titel.
Reus‘ zerplatzter Lebenstraum
Wie groß bei ihm auch der Frust nach dem 27. Mai gewesen war, konnte man in den Minuten nach dem Abpfiff der Partie gegen Mainz direkt erkennen. Ein Lebenstraum war in diesem Moment für Marco Reus zerplatzt, ein weiterer Tiefschlag in einer Karriere, deren Weg von diversen Rückschlägen geprägt wurde. So oft war Reus schwer verletzt und musste sich mühsam wieder herankämpfen. Er jagte bis 2017, als Dortmund den DFB-Pokal gewann, lange vergeblich einem Titel hinterher. 2021 folgte erneut der Pokalgewinn, doch die Meisterschaft bleibt bis heute ein unerfüllter Traum.
Dass nicht alle Spieler diesen schwarzen Samstag im Mai schnell verarbeiten konnten, war ein Thema in den ersten Saisonwochen. Wie Reus das Scheitern weggesteckt hatte, dazu hat er sich nicht geäußert. Die Vorbereitung verlief jedenfalls nicht ohne Probleme, und nach dem ersten Saisonspiel gegen Köln setzte Terzic einen der verdientesten Spieler im Kader auf die Bank.
Das war dem geltenden Leistungsprinzip folgend nachzuvollziehen, dennoch eine schwierige Entscheidung, wie der Trainer nach dem Union-Spiel zugab. „Nicht einfach“ sei das gewesen, „aber ich stand mit Marco dazu immer in einem ehrlichen und engen Austausch.“
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Und Reus habe die richtigen Schlüsse gezogen. Zwei Bundesliga-Partien saß er komplett auf der Bank, über Kurzeinsätze in Paris und in Freiburg kehrte er in die Startelf zurück. Die Partie im Breisgau drehte der BVB auch dank der starken Performance von Reus nach seiner Einwechslung. Er bereitete das 3:2 durch Mats Hummels vor und erzielte das 4:2 selbst.
Seither ist es fast so, wie es immer war. Marco Reus wurde schon einige Male abgeschrieben, aber seine Spielintelligenz und Ruhe am Ball in Situationen wie beim Konter zum 3:2 gegen Union machen ihn immer noch zu einem wichtigen Bestandteil dieses Kaders. Nach fünf Bundesliga-Spielen hat Marco Reus schon wieder sechs Torbeteiligungen gesammelt, erfolgreicher ist nur Brandt mit zwei Toren und fünf Assists.
Sonderlob vom BVB-Trainer für Reus
Fast noch mehr als über Reus‘ verlässliche Quote als Scorer beeindruckt Terzic allerdings ein anderer Punkt. Nicht nur über Reus‘ Offensivleistung freue er sich, meinte der 40-Jährige, auch in der Arbeit gegen den Ball beim Schließen von Räumen stelle sich Reus in den Dienst der Mannschaft.
Das alles für das große Ziel, das weiterhin lebt: Nicht immer glanzvoll, aber mit stetigem Liefern von Ergebnissen hat sich Borussia Dortmund wieder in eine gute Ausgangsposition gespielt und sich in der Spitzengruppe festgesetzt. Nach der Länderspiel-Pause kommen die Partien gegen die direkten Konkurrenten. Bayern, Leverkusen, Leipzig, auch der VfB Stuttgart sind dann die Gegner. Über den Anteil von Mats Hummels an der jüngsten Dortmunder Siegesserie wurde viel geschrieben. Doch auch Reus hat dazu beigetragen, das die Ergebnisse stimmen und der Fußball deutlich besser geworden ist.
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