Malen wird zum großen Rätsel - BVB bewegt sich in eine kritische Phase

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Malen wird zum großen Rätsel - BVB bewegt sich in eine kritische Phase

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Donyell Malen ist mit enormen Erwartungen zu Borussia Dortmund gewechselt - und hat sich zum großen Rätsel entwickelt. Die Kritik nimmt zu. Der BVB bewegt sich in eine kritische Phase.

Leipzig

, 07.11.2021, 11:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Schon in der ersten Hälfte verriet die Mimik der BVB-Führung auf der Tribüne einiges über das Geschehen auf dem Rasen. Mit Leichenbittermiene saß Hans-Joachim Watzke da, das hätte man noch als erwartbar abtun können, denn für Watzke ist bei Spielen seines BVB das Glas ja immer halbleer. Doch neben ihm blickte auch der Technische Direktor Edin Terzic, der in der Leipziger Arena im Januar noch einen glanzvollen Sieg gefeiert hatte, ziemlich skeptisch drein. Die dunklen Vorahnungen, erwachsen aus der fortwährenden und dramatischen Personalsituation und dem unübersehbaren Kräfteverschleiß bei den noch gesunden Spielern, sollten sich in der Leipziger Arena bestätigen.

War der BVB am Mittwoch gegen Ajax bis zum Platzverweis noch ein ebenbürtiger Gegner, wenn nicht sogar die bessere von zwei guten Mannschaften, gab es in der Leipziger Arena keine Zweifel daran, dass Dortmund mit dem 1:2 noch gut bedient war. Leipzig war griffiger, aktiver, durchschlagskräftiger, RB war die Mannschaft mit der besseren Struktur, größeren Aggressivität und einem funktionierenden Matchplan. Mal wieder ergriff Marco Rose nicht die Chance, eine der naheliegenden Erklärungen anzuführen. Verschleiß, Personalnot – auch am Samstag nicht Roses Thema. Das lasse er als Entschuldigung nicht gelten.

Schon 17 Gegentore: BVB läuft eigenen Ansprüchen hinterher

Vielleicht ja deshalb, weil das den Blick auf unangenehme Realitäten nur verschleiern würde. Da wäre zum Beispiel die Tatsache, dass das gemeinsame Verteidigen weiter nur sporadisch funktioniert. 17 Gegentore sind einfach zu viel, nur sechs Teams haben mehr Gegentreffer kassiert. Und Leipzig hätte weit mehr als nur die zwei Tore erzielen können.

Verteidigen, sagt Rose gern, fängt ganz vorne an. Womit man unweigerlich bei Donyell Malen landet. Wie wenig der Neuzugang nach vier Monaten verinnerlicht hat, was sein Trainer in puncto Arbeit gegen den Ball von den Offensivkräften erwartet, das darf dann schon verwundern. Wie wenig Malen eingebunden ist und wie ein Fremdkörper wirkt, ist viel mehr ein Alarmzeichen als die „0“ bei der Anzahl der Treffer, die er bislang in der Bundesliga beigesteuert hat.

BVB-Neuzugang Donyell Malen muss sich selbst hinterfragen

Malen ist zum großen Rätsel geworden, vielleicht ja auch sich selbst. Rose hat lange schützend seine Hand über den flinken Stürmer gehalten, auch in Leipzig wiederholte er, dass man ihm Zeit geben wolle und auf dem Weg unterstützen werde. Doch die Kritik artikuliert sich mittlerweile auch beim Trainer immer deutlicher. Es lässt sich leicht aus Roses Worten heraushören, dass sein Geduldsfaden arg gespannt ist. Malen müsse an seinem „Mindset“ arbeiten, hat Rose gesagt, was nichts anderes heißt, als dass der Niederländer endlich verstehen sollte, wie wichtig für eine funktionierende Arbeit gegen den Ball die Mitarbeit aller ist. Und Rose führte an, dass bei aller Geduld mit Malen natürlich auch für ihn der Leistungsgedanke nicht außer Kraft gesetzt werde.

Nicht zuletzt muss Donyell Malen sich selbst hinterfragen. Unabhängig von der immensen Ablöse, für die er nichts kann, muss man von einem Spieler, der mit so vielen Vorschusslorbeeren bedacht worden war und dessen Potenzial ja auch sporadisch durchschimmert, mehr erwarten dürfen. Selbst wenn er aus einer Liga kommt, in der lange nicht so physisch gespielt wird wie in der Bundesliga. Das Stirnrunzeln beim BVB über Malen nimmt von Woche zu Woche zu, es setzte eigentlich schon ein, als Malen im Sommer erkennbar unaustrainiert seinen Dienst in Dortmund antrat.

Ajax Amsterdam und RB Leipzig zeigen dem BVB die Grenzen auf

Das Problematische für Rose: Er hat gar keine Zeit, sich dieses Themas intensiv anzunehmen, geschweige denn an der Weiterentwicklung der Mannschaft zu arbeiten und gemeinsam mit ihr seine Vorstellungen von Fußball zu konkretisieren. Dafür fehlen aktuell schlicht zu viele wichtige Spieler. So hat der bis zu dieser Woche gnädige Spielplan der Borussia im Oktober wohl auch verschleiert, dass zwischen der Spitze der Liga und dem BVB weitaus mehr Luft ist als nur der vor diesem Spieltag eine Zähler Rückstand auf die Bayern. Erst jetzt in Leipzig (und am Mittwoch gegen Ajax) erfuhr Dortmund Gegenwehr auf qualitativ sehr hohem Niveau und zog prompt zweimal den Kürzeren.

Die Länderspiel-Phase kommt daher zur rechten Zeit, auch Rose hat sie regelrecht herbeigesehnt. Einige Spieler werden zurückerwartet, ob sie eine Sofort-Hilfe sein können nach zum Teil wochenlanger Pause, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Es ist durchaus eine kritische Phase, denn wenn es in knapp zwei Wochen weitergeht, werden Weichen gestellt. In der Liga, vor allem in der Champions League. Und auch dann wird eErling Haaland noch fehlen, Giovanni Reyna ebenso.