Klopp über den BVB-Titel 2011: „Hat unser aller Leben verändert“

Borussia Dortmund

09 Jahre nach der emotionalen BVB-Meisterschaft 2010/11 blickt Jürgen Klopp zurück auf eine für seine Karriere prägende Saison und sagt: „Ich habe jede Sekunde in Dortmund genossen.“

Dortmund

, 30.04.2020, 21:24 Uhr / Lesedauer: 4 min
Jürgen Klopp sagt über seine Zeit beim BVB: „Ich habe jede Sekunde in Dortmund genossen, ich gucke nur mit einem Lächeln zurück.“

Jürgen Klopp sagt über seine Zeit beim BVB: „Ich habe jede Sekunde in Dortmund genossen, ich gucke nur mit einem Lächeln zurück.“ © dpa

Im BVB-Podcast sprach Jürgen Klopp über …


… die Auswirkungen der Coronakrise für seine Mannschaft: „Es gab natürlich einiges zu organisieren, aber die Jungs werden weiter top betreut. Sie bekommen Essen vom Trainingsgelände aus geliefert, wir hatten etliche Zoom-Sessions, in denen wir mit ihnen Trainingsschritte besprochen haben. Es ist sogar ziemlich intensiv für die Jungs, wir haben eine WhatsApp-Gruppe, wo jeder Spieler Videos von seinen Einheiten reinstellen muss. Man wird aber natürlich auch ein bisschen neidisch, wenn man mitkriegt, dass man in Deutschland schon wieder auf dem Platz steht und wie weit man dort schon ist.“


… Rituale, die er aus Dortmund mit nach Liverpool genommen hat: „Vor allem das Singen, wenn ein Spieler Geburtstag hat. Da wird dann in allen Sprachen gesungen, die in der Mannschaft vertreten sind. Das sind hier einige und ist richtig cool.“

Jürgen Klopp (r.) und Hans-Joachim Watzke präsentieren die Meisterschale.

Jürgen Klopp (r.) und Hans-Joachim Watzke präsentieren die Meisterschale. © dpa

… den 30. April 2011, als er die erste Meisterschaft mit dem BVB feiern durfte: „Es sind seither ja ein paar Dinge passiert in meinem Leben, aber es ist nicht so, dass ich so viel gewonnen hätte, dass ich da durcheinander kommen würde. Also hat dieser Tag bei mir eine ganz große Bedeutung, und ich erinnere mich zwar nicht täglich daran, aber immer wieder und sehr gerne. Nicht einfach ist manchmal, zwischen 2011 und 2012 zu unterscheiden. Die Mannschaft hatte sich ja nicht groß verändert. Wenn ich da an bestimmte Spiele zurückdenke, kann man schon mal was durcheinander bringen. Aber es sind ausschließlich positive Erinnerungen.“


… den Einfluss dieses Titels auf seine Karriere und sein Leben: „Ich habe immer gesagt, dass dieser Titel den größten Einfluss auf meine Trainertätigkeit hatte. Mit Mainz aufzusteigen, damit hatte niemand gerechnet, das war schon groß. Aber mit einer gefühlten U19 Deutscher Meister zu werden, ist außergewöhnlich. Das hat unser aller Leben bereichert.“


… die enge Bindung zur Mannschaft: „Was mir beim Durchgehen der Aufstellungen auffällt: Ich habe fast zu allen immer noch Kontakt. Und einige, wie Marcel Stiepermann, treffe ich hier in England sogar wieder. Wenn Daniel Ginczek sich verletzt, verletze ich mich mit. Kuba ist jetzt in Polen Klubbesitzer, zu ihm habe ich sehr viel Kontakt. Das, was damals passiert ist, hat unser aller Leben in einer Art und Weise verändert, wie wir es vorher nicht vermutet hätten.“


… Dinge, die ihm spontan zu diesem 30. April einfallen: „Mach mich hoch, mach mich hoch, als Nobby Dickel im Stadion die Kölner Führung verkünden wollte. Dann der sensationelle Haarschnitt von Kevin Großkreutz, den ihm Felipe Santana glaube ich verpasst hat. Und das grandiose Interview von Roman Weidenfeller (lacht). Es gab natürlich noch viel mehr. Ich hab die Bilder von Neven im Kopf, wie er halbnackt auf einem Auto tanzt. Man hat heute das Gefühl, so etwas wäre jetzt nicht mehr möglich. Aber wir haben es damals möglich gemacht. Wenn man drüber nachdenkt, kommen einem noch viel mehr Bilder in den Kopf.“

… den Morgen des 30. April: „Es ging für alle Mannschaften noch um sehr viel. Nürnberg musste gewinnen, Köln und Leverkusen auch. Wir haben uns tatsächlich nur auf uns konzentriert, weil wir wussten, ein Sieg gegen Nürnberg würde uns sehr viel näher an den Titel heranbringen.“


… den Kader in dieser Saison: „Wir hatten keinen allzu großen Kader. Da waren auch sehr viele richtig junge Burschen. Dazu kam Verletzungspech. Kehli hat nicht allzu oft spielen können, dann hatte sich Shinji den Mittelfuß gebrochen. Ich weiß noch sehr genau, wo genau ich draußen vor meinem Haus in Herdecke gestanden habe, als ich den Anruf bekommen habe.“


… die überragende Mentalität: „Wir haben viel Glück gehabt in der Rückrunde, wir haben allen Problemen getrotzt. Es war so einfach mit dieser Mannschaft. Überragende Typen, vor allem Kuba. Wobei ich mal mit ihm Stress hatte …“


… ein Interview in Polen: „Er hatte während einer Nationalmannschafts-Reise ein Interview gegeben, in dem er sich beschwert hatte, weil er vor dieser Reise zwei Mal bei uns nicht von Anfang an gespielt hatte. Damals kam Mario Götze hoch, der auch rechts spielen konnte. Ich habe ihn dann in der Kabine vor allen anderen darauf angesprochen, das fand er nicht so gut (lacht). Ich habe ihm nur gesagt, er habe ja einen Vogel, wenn er glauben würde, ein 18-jähriger Götze würde jetzt immer spielen. Er müsse halt besser trainieren. Das hat er dann auch gemacht“ (lacht).

Jürgen Klopp sagt über den BVB-Kader der Saison 2010/11: „Wir waren eine Klasse mit lauter Hochintelligenten.“

Jürgen Klopp sagt über den BVB-Kader der Saison 2010/11: „Wir waren eine Klasse mit lauter Hochintelligenten.“ © dpa

… das Thema seiner Halbzeitansprache in dem Spiel gegen Nürnberg: „Es stand noch 0:0 in Köln, also gab es nichts zu feiern. Wir führten 2:0, das ist das dreckigste Ergebnis, das du zur Pause haben kannst. Bei 1:0 machen alle weiter, bei 2:0 besteht immer Gefahr, den Faden zu verlieren. Also war das das Thema. Nicht die mögliche Meisterschaft.“


… den Moment, als Dickel das 1:0 in Köln verkündete: „Du weißt, es ist noch nichts entschieden. Aber dein Herz sagt was ganz anderes, das klopft bis oben hin. Ich war nicht sauer, dass er es übers Mikro gesagt hat, eher war ich erleichtert, weil mein Gefühl sagte, jetzt sind wir Meister. Es war sensationell im Stadion, wir haben vier Tore bejubelt, obwohl wir nur zwei geschossen haben.“


… den Moment des Abpfiffs und die Minuten danach: „Davon weiß ich nicht mehr viel. Ich hoffe, ich bin zu Dieter Hecking, dem Nürnberger Trainer. Ich hoffe, dass ich auf dem Platz danach mit jedem Spieler den verdienten persönlichen Moment gehabt habe. Ich weiß, dass wir viele sehr persönliche Momente auf dem Rasen hatten danach. Dann kamen die Frauen hinzu, das war wirklich schön.“


… den Moment in der Saison, als er erstmals an den Titel glaubte: „Das kann ich nicht mehr sagen, wir sind mit einem 0:2 gegen Leverkusen in die Saison gestartet, die waren damals richtig gut. Aber dann haben wir irgendwann eine Serie hingelegt. Den „Klick-Moment“, den gab es bestimmt, aber den haben wir nicht zum Thema gemacht, weil wir uns da selber nicht vertraut haben, um ehrlich zu sein. Wir wollten das Naive, Ehrliche in uns nicht kaputt machen, wir wollten einfach sehen, wohin es uns führt.“

Die BVB-Spieler lassen Jürgen Klopp hochleben.

Die BVB-Spieler lassen Jürgen Klopp hochleben. © dpa

… die spielerische Entwicklung in der Saison: „Wir waren eine Klasse mit lauter Hochintelligenten. Wir waren zwar jung, aber wir hatten taktisch tatsächlich gegenüber anderen einen minimalen Vorteil. Wir waren in der Lage, einen kleinen Raum innerhalb einer Sekunde riesengroß werden zu lassen. Nuri Sahin hat in diesem Jahr eine überragende Saison gespielt.“


… Erinnerungsstücke aus dieser Zeit: „Man konnte sich Repliken der Schale machen lassen, das habe ich bei beiden Titeln irgendwie verpennt. Dann war das irgendwann mal in der Familie ein Thema, und vor drei Jahren hat mir meine Frau zum Geburtstag eine Replik der Schalen und des DFB-Pokals machen lassen. Dazu noch zwei Original-Trikots aus den beiden Meisterjahren. Die füllen jetzt hier in England in meinem Haus, das ja Steven Gerrard gebaut hat, einen Trophäen-Schrank, der sonst leer war. Jetzt ist alles da.“


… die heutige Beziehung zum BVB: „Ich habe jede Sekunde in Dortmund genossen, ich gucke nur mit einem Lächeln zurück. Der BVB interessiert mich immer noch, ich freue mich bei guten Nachrichten, ich leide wie ein Hund bei schlechten. Diese sieben Jahre waren speziell, die kann mir auch niemand nehmen.“

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