Julian Weigl zeigt beim 1:2 in Berlin viele Facetten
Lenker des BVB-Spiels
Viel Leerlauf nach einem guten Start in dieses Spiel, das entscheidende Gegentor dann in einer Phase, als Borussia Dortmund eigentlich auf dem besten Wege war, die Partie komplett zu drehen: Für den BVB lief es in Berlin nicht nach Plan. Der Schlüssel zum Sieg: Die Hertha arbeitete beim 2:1 beeindruckend gegen den Ball.
Erlebte in Berlin einen schwierigen Nachmittag: Julian Weigl (l.).
Julian Weigl konnte einem schon leidtun. Die Herthaner machten dem jungen Mittelfeldstrategen des BVB das Leben schwer, immer wieder stellten sie die Passwege zu, statt steil in die Spitze ging es für den 21-Jährigen oftmals nur quer.
Ein Zeichen setzen
So zu sehen in der 30. Minute. Wieder einmal blieb Weigl nichts anderes übrig, als einen Pass zur Seite zu spielen. Wild gestikulierend - zumindest für das sonst ruhige Gemüt des Bayern - richtete er sich an Shinji Kagawa, der in dieser Szene den aus seiner Sicht falschen Laufweg gewählt hatte und so unerreichbar hinter den Herthaner Beinen verschwunden war.
Nur zwei Minuten nach dieser Szene probierte es Weigl dann einfach mal selbst. In Außenstürmer-Manier suchte er das Eins-gegen-Eins gegen Marvin Plattenhardt und konnte zumindest einen Einwurf erzwingen. Es schien fast so, als ob Weigl ein Zeichen setzen wollte in einer Phase, in der auf Dortmunder Seite Lethargie herrschte und Salomon Kalou drauf und dran war, sein zweites Tor nachzulegen.
Heft des Handelns in die Hand genommen
Statt zu warten, dass seine Mitspieler, deren Räume zugegebenermaßen auch geschickt zugestellt wurden, sich ihm anboten, nahm er selbst das Heft des Handelns in die Hand und stieß in Gegenden auf dem Feld vor, wo seine Pässe normalerweise landen.
Und auch wenn er sich festlief - Weigl bewahrte die Geduld. Dafür wurde er belohnt, denn in der zweiten Hälfte lief das Spiel dann so, wie es Julian Weigl liebt. Da konnte er wieder Bindeglied spielen zwischen Defensive und Offensive. Durch das deutlich druckvollere Offensivspiel des BVB gelang es den Berlinern nicht mehr so gut, die Räume zu verdichten, der BVB hatte mehr Platz, und das galt dann auch für Weigl.
Lehrreich für beide Seiten
Nach einer von ihm ausgehenden Pass-Stafette konnte Gonzalo Castro einmal nur per taktischem Foul gestoppt werden. Ein anderes Mal lief Castro allein auf Hertha-Torwart Rune Jarstein zu und verzog nur knapp.
Dass Thomas Tuchel trotz der, gemessen an den vergangenen Wochen, großen Rotation an seinem Dirigenten Weigl festhielt, war bemerkenswert. Und lehrreich für beide Seiten. Denn in der Schlussphase, als die Borussia auf den Ausgleich drängte, zeigte Julian Weigl gleich seine dritte Facette binnen 90 Minuten. Nach dem Antreiber Weigl und dem gewohnten Lenker des Umschaltspiels war der 21-Jährige gegen Ende auch als verkappter Libero gefordert.
Luft verschafft
Von hinten heraus verteilte er die Bälle auf die eingewechselten Christian Pulisic und Ousmane Dembele. Und er brachte die "Rebounds" - die Hertha in Fülle verursachte, um sich Luft zu verschafften - zurück in den Strafraum. Sonderlich viel nutzte es nicht, da die Bälle vorne anschließend zu leicht verloren wurden und es dann doch einen Weg an Weigl vorbei gab - über außen.
Und so stand Julian Weigl doch - wie seine Kameraden - am Ende mit hängenden Köpfen auf dem Platz, um nur wenige Minuten später mit einem Lächeln in der Mixed Zone zu stehen. Ja, und auch das ist Julian Weigl, fast schon seine vierte Facette. Ein Mann, der niemals aufgibt, der immer "hungrig" ist. Ein Wort, das Thomas Tuchel geprägt hat, das aber genauso gut in den Wortschatz des Jungen aus Bad Aibling passt.
Vergeblich gekämpft
Der Junge, der noch vor zwei Jahren als 19-Jähriger in der 2. Liga gegen den Abstieg kämpfte. Der Junge, der Hunger auf Titel hat, da er noch keinen gewonnen hat. Der Junge, von dem auch gestandene Spieler in Sachen Einsatz noch lernen können. Am Samstag hat er vergeblich gekämpft.