Borussia Dortmund blickt auf eine denkwürdige Spielzeit zurück. Nach einer extrem enttäuschenden ersten Saisonphase legte der BVB im Jahr 2023 eine kaum für möglich gehaltene Aufholjagd hin, setzte sich mehrfach an die Tabellenspitze – und verzockte die große Titelchance in einem dramatischen Showdown am 34. Spieltag gegen Mainz.
BVB-Spielerzeugnis für Jude Bellingham
In der Champions League wurde das Soll mit der Qualifikation fürs Achtelfinale erfüllt, im DFB-Pokal war nach einem desolaten Auftritt bei RB Leipzig bereits im Viertelfinale Endstation. In unserem Spielerzeugnis nehmen wir die Leistungen der Schwarzgelben unter die Lupe. Heute im Fokus: Jude Bellingham.
So lief die Saison für Jude Bellingham:
Die in der Spielergewerkschaft VdV registrierten Fußballprofis wählten Jude Bellingham ebenso zum Spieler der Saison wie die Fans in einer Abstimmung der DFL. Viel mehr muss man zur individuellen Leistung und zur Bedeutung des 19-Jährigen für seinen Klub Borussia Dortmund und die Bundesliga kaum noch sagen. Vor allem im ersten Saisonabschnitt trug der Teenager den schwächelnden BVB auf seinen Schultern. In den ersten vier Champions-League-Spielen traf er jeweils einmal, dazu in beiden DFB-Pokalspielen vor der WM-Pause, hinzu kamen sieben Scorerpunkte in der Liga.
Mit seiner intensiven, athletischen und aggressiven Spielweise schwang sich Bellingham zur takt- und tonangebenden Figur im Dortmunder Mittelfeld auf. Seine leidenschaftlichen Auftritte hatten ihn auch in den beiden Spielzeiten zuvor zum Publikumsliebling werden lassen. Vor der Saison 2022/23 wurde er zum dritten Kapitän hinter den Urgesteinen Marco Reus und Mats Hummels ernannt. Auf dem Platz erfüllte er seine Rolle als Anführer (meist) durch beispielhaften Einsatz.
Das sagt die Statistik:
21 Scorerpunkte in 42 Spielen sind für einen zentralen Mittelfeldspieler ein herausragender Wert. Bellingham liegt klubintern vorne bei den gespielten Minuten, den Sprints und der gesamten Laufdistanz, weit vorne bei den geführten und – für seine Position – auch bei den gewonnenen Zweikämpfen. Kurzum: Borussia Dortmunds Nummer 22 hat sich im Laufe der Saison von einem wichtigen zu einem unverzichtbaren Spieler entwickelt. Ohne Bellingham mochte Trainer Edin Terzic unter keinen Umständen auskommen.
Das änderte sich auch nicht, als Knieprobleme seine Arbeit beeinträchtigten und die Rückrunde – auf sehr hohem Niveau – gegenüber der Hinrunde abfiel. Zum Saisonende musste Bellingham verletzt passen. Ein Abschied mit der Meisterschale wäre auch für ihn der größtmögliche Genuss gewesen. Auch das hätte sich in seinen Statistiken niedergeschlagen.
Das sind die Stärken und Schwächen:
Seine Schärfe, die Dynamik im Spiel und die Verantwortung für das Kollektiv prägen Jude Bellinghams Stil. Körperlich nimmt der frühreife Engländer keine Rücksicht auf sich und die Gegner, ohne dabei unfair zu spielen. Auffällig ist auch seine permanente Anspielbereitschaft. Er nimmt nicht nur am Spiel teil, er will es in jeder Sekunde bestimmen. Das gilt offensiv wie defensiv. Sein ausgeprägtes Durchsetzungsvermögen, eine reife Technik und eine absurd gute Körperbeherrschung ermöglichen ihm eine zwar kraftraubende, aber auch dominante Spielweise. In seinen jungen Jahren gehört er bereits zu den herausragenden Mittelfeldakteuren. Er bringt alles mit, um einer der nächsten Superstars der Fußballszene zu werden.
Weil sein immerwährender Impuls zur Attacke noch zu oft mit ihm durchgeht, gehört Bellingham nicht zu den taktisch diszipliniertesten Spielern. Manchmal frustrieren ihn Nachlässigkeiten oder Schwächen seiner Mitspieler, das muss er noch kaschieren lernen und, bei aller Hochachtung für die übernommene Verantwortung, weniger für die eigene Karte zocken.
Ausblick und Perspektive:
103 Millionen Euro Sockelablöse, rund 25 Millionen Euro sichere Variablen und insgesamt bis zu 135,5 Millionen Euro kann der BVB durch den Verkauf von Jude Bellingham an Real Madrid erzielen. Er gehört damit trotz seiner erst 19 Jahre zu den teuersten Fußballern überhaupt. Die rund 25 Millionen Euro, die der BVB im Sommer 2020 an Birmingham City überwiesen hat, sind bei Weitem wieder eingetütet. Es ist ein Dilemma für Borussia Dortmund, die allerbesten Spieler im Konkurrenzkampf mit der finanzkräftigeren Konkurrenz nicht länger im Klub halten zu können. Die Einnahmen aus der schwarzgelben Talentveredelungsmaschine gehören allerdings zum Geschäftsmodell.
Bellingham wird seinen Weg gehen. Er ist mit 19 Jahren schon zu groß geworden für Borussia Dortmund. Von der kurzen, intensiven gemeinsamen Zeit haben beide Seiten extrem profitiert.
RN-Note für Jude Bellingham: 2,0
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