Jan Zimmermann will die BVB-U23 auf Kurs bringen Das sind die fünf wichtigsten Aspekte

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Als Jan Zimmermann nach dem Abpfiff die Katakomben des Signal Iduna Parks erreicht, führt ihn sein erster Weg zu Otto Addo. Gemeinsam mit dem Toptalente-Coach des BVB tauscht sich der neue U23-Trainer über das zuvor Gesehene aus. Die 1:2-Niederlage gegen den 1. FC Saarbrücken hat dem 43-Jährigen erste Aufschlüsse darüber gegeben, wo Stärken und Schwächen seiner neuen Mannschaft liegen. Er habe zwar bereits viele Videosequenzen und Spiele seiner Elf gesehen. So richtig werde er sie jedoch erst in den kommenden Wochen in der täglichen Trainingsarbeit kennenlernen, bekannte Zimmermann. Die 90 Minuten gegen Saarbrücken aber dienen allemal als wichtiger Indikator für das, was bereits funktioniert und woran er mit seinem Team noch arbeiten muss. Das sind die fünf wichtigsten Aspekte.


01.) Robustheit:
Die ersten 20 Minuten gegen Saarbrücken zeigte die BVB-U23, dass sie auch gegen ein Topteam der 3. Liga den Ton angeben kann. Schwarzgelb fand spielerische Lösungen, setzte auf ein beherztes Pressing und arbeitete gegen den Ball äußerst robust. Auch nach der Pause überzeugte Dortmund in diesem Bereich. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Jungs kein Selbstvertrauen hatten. Wir haben uns richtig gewehrt. Die Jungs zeigen Charakter auf dem Platz“, sagte Zimmermann. Allerdings gelte es, die Robustheit, die seine Spieler gegen den Ball zeigen, auch bei der Arbeit mit dem Spielgerät zu demonstrieren. Wichtig und unerlässlich: „Die Mannschaft ist motiviert, gewillt und bereit, hart zu arbeiten und alles zu investieren“, betont Zimmermann.


02.) Standardstärke:
Einfache Tore nach ruhenden Bällen schienen bei der Borussia über Monate auf dem Index zu stehen. Was immer sie auch probierte, der Erfolg blieb aus. Das aber hat sich inzwischen geändert. Sowohl beim 2:1-Sieg beim FC Ingolstadt als auch jetzt beim 1:2 gegen Saarbrücken traf die Borussia jeweils nach einem Eckball (Ole Pohlmann) per Kopf (Niklas Dams). Zudem gab es weitere gefährliche Situationen nach Ecken und Freistößen.

Ole Pohlmann führt einen Zweikampf.
Die Standards von Ole Pohlmann (l.) sind für die BVB-U23 ein wichtiges Mittel, um Tore zu erzielen. © Bielefeld

Schon Ex-Trainer Christian Preußer hatte zuletzt die Fortschritte der Mannschaft in dieser Hinsicht und die Arbeit seines Assistenten Julian Koch, der auf Standardsituationen viel Wert legt, explizit gelobt. „Es ist nicht so, dass wir vorher nicht daran gearbeitet haben, aber jetzt stimmt wirklich der Mix aus dem gut getretenen Eckball oder Freistoß und der Positionierung im Strafraum. Dass wir nach Ecken und Freistößen gefährlich sind, ist jetzt offensichtlich und daran haben wir in der Vorbereitung auch sehr hart gearbeitet“, konstatiert Dams. Damit haben die Dortmunder ein wichtiges Mittel zur Hand – vor allem dann, wenn aus dem Spiel heraus nicht viel geht.


03.) Zielstrebigkeit:
Das Herausspielen von Torchancen bleibt die offensichtlichste Baustelle und wird die größte Herausforderung der kommenden Wochen. Wird der BVB gefährlich, liegt das bislang meist an gelungenen Einzelaktionen und weniger an einem planvollen, gemeinsamen Kreieren von Chancen. 90 Minuten gegen Saarbrücken haben Zimmermann für eine erste Bestandsaufnahme genügt. „Wir haben Probleme, uns vorne durchzusetzen und Bälle zu behaupten. Die Stürmer müssen mehr Bälle bekommen, mit denen sie auch etwas machen können“, moniert der BVB-Trainer. Zielspieler Cyrill Akono hängt daher weitgehend in der Luft.

Justin Njinmah führt einen Zweikampf.
Das Tempo von Justin Njinmah nutzt die BVB-U23 viel zu selten. © imago / Jan Huebner

Darüber hinaus gelingt es dem BVB noch zu selten, die eigenen Stärken effektiv einzusetzen. Die enorme Geschwindigkeit, über die Justin Njinmah und Moses Otuali verfügen, kommt kaum zum Tragen, weil die Spieler entweder das Momentum verpassen oder aber die Zuspiele zu ungenau kommen. Dadurch versanden viele Angriffe im Nichts, bevor sie überhaupt entstehen können. In einem ersten Schritt gehe es daher darum, den Spielern ihre korrekte Positionierung auf dem Feld zu vermitteln. „Mit Sicherheit können wir noch nicht da sein, wo wir sein wollen. Ich hätte mir aber schon gewünscht, dass wir ein paar Sachen einen Tick besser machen, zum Beispiel Läufe in die Tiefe oder das Tempo zu nutzen. Da müssen die Jungs ein anderes Verständnis entwickeln, wo ihre Waffen sind und wie wir sie nutzen können“, unterstreicht Zimmermmann.


04.) Bewusstsein:
Die Misserfolge und Rückschläge der vergangenen Monate sind der Mannschaft anzumerken. „Natürlich ist ein Trainerwechsel immer auch ein schlechtes Zeugnis für die Mannschaft. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Auch, dass jeder mehr machen muss als vorher“, sagt Niklas Dams selbstkritisch. Erst nach der 1:3-Niederlage in Bayreuth zu Jahresbeginn habe die Mannschaft überhaupt begriffen, dass sie im Abstiegskampf stecke, bekannte der Sportliche Leiter Ingo Preuß kürzlich. Für die BVB-U23 geht es demnach darum, die eigene Lage schonungslos ehrlich und vollumfänglich zu reflektieren. Das schließt Defizite ebenso wie Vorzüge ein. Jan Zimmermann hat sich vorgenommen, die Stärken seiner Spieler besser zum Vorschein zu bringen.

Niklas Dams im Zweikampf.
Sieht die Mannschaft in der Pflicht: BVB-Routinier Niklas Dams (M.). © imago / Jan Huebner

„Vom Kopf her müssen wir das Verständnis entwickeln, dass wir spielen, um Tore zu schießen und dass wir nicht bloß spielen, um den Ball zu haben. Es geht darum, zielstrebiger zu sein.“ Dem neuen Trainer geht es um eine andere Haltung. „Wir möchten die Jungs sensibel dafür machen, dass es Situationen gibt, in denen wir dem Gegner richtig weh tun können, weil wir das Tempo haben, das er nicht hat. Am Ende geht es darum zu erkennen, was wir für Möglichkeiten haben und wie wir sie am besten nutzen können. Daran müssen wir arbeiten“, betont Zimmermann.


05.) Veränderung:
Auch wenn die Gegentore gegen Saarbrücken für seinen Geschmack zu leicht gefallen seien, hält Jan Zimmermann fest: „Verteidigen können wir schon mal.“ Das ist die Grundlage für ein Offensivspiel, das künftig andere Züge tragen soll. „Es geht um eine Adaption von neuen Situationen, eine andere Zielstrebigkeit und eine andere Spielrichtung. Es geht nicht darum, den Ball zu haben und ihn zu sichern, sondern darum, mehr Risiko in die Vorwärtsbewegung zu bringen und auch zu akzeptieren, dass dann auch der eine oder andere Ball nicht ankommt“, erläutert der BVB-Trainer. Der Weg hin zu mehr (kalkulierter) Risikobereitschaft soll jedoch mit Bedacht eingeschlagen werden.

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„Große Umstellungen brauchen ein bisschen Zeit. Wir wollen die Dinge erst nach und nach verändern. Es wird mit Sicherheit noch Anpassungen geben. Aber das müssen wir behutsam machen. Denn wir wollen die Mannschaft auch so auf dem Platz schicken, dass sie in ihren Abläufen Sicherheit hat“, betont Zimmermann. Gegen Saarbrücken behielt er die bisherige Grundordnung (3-4-1-2) bei. Er selbst bevorzugte in der Vergangenheit bei Hannover 96 und beim TSV Havelse ein 4-2-3-1-System. Streng dogmatisch sieht der 43-Jährige das aber keinesfalls. „Wir müssen die Spieler, die wir haben, in die Formation bekommen, in der sie ihre Stärken am besten ausspielen können“, sagt Zimmermann. Die kommenden Wochen wird er dazu nutzen, herauszufinden, wie sie aussehen könnte. Die Mission beim BVB, sie beginnt jetzt erst richtig.

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