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Die zwei Gesichter des BVB: Erst kapitale Fehler, dann große Emotionen
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund bleibt sich auch im Jahr 2022 treu. Beim emotionalen 3:2-Sieg in Frankfurt begeht der BVB zunächst altbekannte Fehler, zeigt dann aber die von Marco Rose eingeforderte Haltung.
Stark angefangen, stark nachgelassen, stark zurückgekommen. 21 Tage nach dem desaströsen 2:3 zum Jahresabschluss bei Hertha BSC dreht Borussia Dortmund zum Rückrundenauftakt einen 0:2-Rückstand gegen Eintracht Frankfurt, rückt nach dem 3:2-Auswärtssieg auf sechs Punkte an die Bayern ran und baut den Vorsprung auf die hinteren Plätze aus. Die Analyse:
Zwei Minuten waren gerade gespielt, als Mats Hummels einen wunderbaren Ball aus dem Fußgelenk schraubte und Thomas Meunier auf die Reise schickte. Dessen Schuss flog schnurstracks Richtung Winkel, doch Eintracht-Keeper Kevin Trapp lenkte den Ball mit einer Weltklasse-Parade noch an den Pfosten.
BVB mit überzeugender Anfangsphase - bis zum Gegentreffer
Der BVB lief die Frankfurter Dreierkette äußerst früh an, zwang sie so zu unkontrollierten Bällen. Auch nach eigenen Ballverlusten sah das Gegenpressing gut aus. Es war eine starke Anfangsphase der Dortmunder, die SGE bekam kaum Luft zum Atmen. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis das erste Tor fallen würde.
Das fiel dann auch. Allerdings für die Gastgeber. Nach einem unnötigen Ballverlust von Julian Brandt verursachte Emre Can einen mindestens genauso unnötigen Freistoß. Filip Kostic hob den Ball aus dem linken Halbfeld in den Sechzehner, Rafael Borre drückte die Hereingabe gegen schlecht gestaffelte Borussen über die Linie (15.). Gregor Kobel war zwar noch dran, konnte ihn aber nicht um den Pfosten lenken.
In Frankfurt lässt der BVB die geforderte Haltung zunächst vermissen
Wie geht man mit einem Gegentreffer um, wie mit einem Rückschlag, hatte Marco Rose unter der Woche mit Blick auf die eigene Haltung gefragt. In Frankfurt lautete die Antwort: schlecht. Die Köpfe gingen nach unten, das Vertrauen in die eigenen Aktionen und das zuvor gute Gegenpressing schwand. Es schien, als hätte jemand den Stecker gezogen.
Die Folge: das 2:0. Meunier spielte einen Pass völlig unbedrängt in des Gegners Füße. Die BVB-Abwehr war daraufhin komplett ungeordnet, die Flanke von Kostic bekam sie nicht verhindert. Den Pass von Daichi Kamada konnte Marco Reus zwar noch ablaufen, doch der Kapitän vertändelte das Leder im eigenen Strafraum erneut. Borre war der Nutznießer (24.)
Hummels und Malen verpassen den Anschluss für den BVB
Offensiv ging bei den Schwarzgelben fast gar nichts mehr. Eine Überzahlaktion spielte der generell sehr blasse Erling Haaland schlecht aus, viel mehr Nennenswertes gab es nicht. Bis kurz vor dem Pausenpfiff, als Trapp wieder einmal den Spielverderber gab. Hummels’ Kopfball kratzte er erneut von der Linie, der etwas überraschte Donyell Malen setzte den Nachschuss an den Pfosten. Einige Minuten vorher hatte der schon einmal gewackelt, allerdings auf der anderen Seite. Nach einer wieder mal scharfen Flanke setzte Evan Ndicka den Ball ebenfalls ans Aluminium, Kobel wäre machtlos gewesen, ein 3:0 sicherlich der endgültige K.o. für den BVB.
So lebte zumindest noch die Hoffnung bei Borussia Dortmund. Jesper Lindström hätte sie nach Wiederanpfiff recht schnell zerstören können, als der Däne sich gegen Can durchsetzte und frei vor Kobel auftauchte. Doch auch er ließ die vermeintliche Entscheidung liegen. Zwar dauerte es, bis der BVB durch den für Brandt eingewechselten Thorgan Hazard tatsächlich den Anschluss erzielte. Doch schon die Minuten vor dem Treffer sahen deutlich gefälliger aus. Mehrere Halbchancen reihten sich aneinander, bis Reus sich nach einem schwachen Klärungsversuch von dem bis dato starken Martin Hinteregger den Ball schnappte, auf Haaland legte und Hazard in Szene setzte. Durch die Beine von Trapp traf der Belgier zum 1:2 (72.).
Dahoud dreht das Spiel für Borussia Dortmund in Frankfurt
Die Minuten auf dem großen Video-Würfel über dem Mittelkreis im Deutsche Bank Park, sie verstrichen. Die Schwarzgelben erhöhten noch einmal den Druck, um mindestens einen Punkt aus der Finanzmetropole mitzunehmen. 86 Minuten waren gespielt, als dem BVB tatsächlich der Ausgleich gelang. Die Frankfurter Defensive konnte den Ball nur unzureichend klären, Meunier mit einer scharfen Flanke in den Sechzehner, wo Jude Bellingham angeflogen kam.
Und plötzlich war sie wieder da, diese Haltung, die Mentalität, die unter der Woche alle gefordert hatten. Die Köpfe gingen wieder hoch, der Glaube war plötzlich da. Auch an noch mehr, an einen Sieg, an drei Punkte. Der Krimi in Frankfurt war tatsächlich noch nicht zu Ende geschrieben. In der 89. Minute schnappte sich Mahmoud Dahoud die Kugel und schlenzte sie wunderschön zum 3:2 in den rechten Winkel. Was folgte, war Ekstase pur.
Jahrgang 1991, tritt seitdem er Vier ist selbst gegen den Ball, hat mit 14 das erste Mal darüber berichtet, wenn es andere tun. Wollte seitdem nichts anderes machen und hat nach Studium und ein paar Jahren Lokaljournalismus seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Seit 2021 BVB-Reporter.
