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Hakimi spielt wie entfesselt - BVB-Boss Watzke gibt die Hoffnung nicht auf
Borussia Dortmund
Achraf Hakimi überzeugt gegen Prag auf der offensiven Außenbahn und trifft doppelt. BVB-Boss Watzke hofft noch, die Leihgabe von Real Madrid über den Sommer hinaus in Dortmund halten zu können.
Der Jubel erklärte sich am Tag danach. Achraf Hakimi wird Papa - und plötzlich ergab der Daumen im Mund Sinn, den der Marokkaner am Mittwochabend den knapp 20.000 Zuschauern im Sinobo Stadium zu Prag präsentiert hatte. Er habe seiner schwangeren Freundin versprochen, ein Tor für den Nachwuchs zu erzielen, erklärte Hakimi am Donnerstag auf Instagram. Am Ende seien es sogar zwei geworden.
Entsprechend glücklich verließ der 20-Jährige am späten Mittwochabend seinen Arbeitsplatz. Hakimi schlenderte als letzter Borusse durch die Interviewzone Richtung Mannschaftsbus, den Kulturbeutel in der einen, den Pizzakarton in der anderen Hand. Nach diesem wichtigen 2:0 beim großen Außenseiter der Gruppe F durfte sich auch mal ein bisschen was gegönnt werden. Für Hakimi, Doppel-Torschütze und Matchwinner auf Seiten des BVB, traf das in besonderem Maße zu.
Hakimi erinnert sich zurück an seine Jugendzeit
Er habe sich ein bisschen gewundert, sagte Hakimi, dass BVB-Trainer Lucien Favre ihn auf der offensiven Außenbahn und nicht als Außenverteidiger aufgestellt habe, aber „ich weiß um die Möglichkeit, auch weiter vorne spielen zu können“. Er könne diese Position spielen. „Den Rest muss der Trainer entscheiden. Aber er weiß, dass er diese Option hat.“ Das letzte Mal zwei Tore in einem Spiel habe er jedenfalls geschossen, „als ich noch ein kleiner Junge war“.
Gegen Slavia war Favres Plan mit Hakimi voll aufgegangen. Die Leihgabe von Real Madrid stellte die Prager Defensive immer wieder vor unlösbare Aufgaben. Seine Geschwindigkeit, sein Zug zum Tor - die Mannschaft von Trainer Jindrich Trpisovsky bekam Hakimi nicht unter Kontrolle. Nicht vor dem ersten Tor, als die Dortmunder Flügelrakete über die rechte Bahn zündete und einen 60-Meter-Sprint mit dem 1:0 veredelte, nicht vor dem entscheidenden 2:0, als ihn Julian Brandt wie schon beim ersten Treffer gekonnt auf die Reise geschickt hatte. Großes Lob gab’s von Kapitän Marco Reus: „Achraf hat das mit seiner Schnelligkeit überragend gemacht. Er ist eine absolute Waffe gewesen heute. Großes Kompliment.“
Entscheidung über Hakimis Zukunft muss bald fallen
Gut möglich also, dass Hakimi auch am Samstag beim SC Freiburg (15.30 Uhr) wieder in der Abteilung Attacke beginnen darf. Bereits in der Sommervorbereitung hatte Favre diese Option in den Testspielen ein ums andere Mal ausgelotet, sich in den Pflichtspielen dann allerdings doch immer dazu entschlossen, Hakimi als Außenverteidiger auf den Rasen zu schicken. In den ersten vier Pflichtspielen der Saison saß er nur auf der Bank, auch weil er wegen des Afrika-Cups im Sommer sehr spät in die Vorbereitung eingestiegen war, ab dem dritten Spieltag in der Bundesliga spielte Hakimi dann immer von Beginn an.
Wie lange er insgesamt noch in Dortmund spielen wird, darüber wird bald eine Entscheidung fallen müssen. Die Faktenlage ist klar: Seine Leihe zu Borussia Dortmund endet im kommenden Sommer, Real Madrid hält alle Trümpfe in der Hand. Trotzdem erklärte Hans-Joachim Watzke am Mittwoch im Interview mit der „Süddeutsche Zeitung“, dass er die Hoffnung noch nicht aufgegeben habe, Hakimi über den Sommer 2020 hinaus an den BVB binden zu können.
Der BVB-Boss bekräftigte damit seine Aussagen von vor einem Jahr, als er auf der Mitgliederversammlung angekündigt hatte, bei Hakimi denselben Plan zu verfolgen wie bei Paco Alcacer, nämlich ihn fest zu verpflichten. „Real ist auf Achrafs Positionen sehr gut besetzt. Ich höre von ihm nicht, dass er sofort wieder in seine Heimatstadt will. Mein Eindruck ist: Er fühlt sich in Dortmund wohl. Wir werden alles daran setzen, ihn weiter zu verpflichten. Wir würden ihn gerne behalten“, sagte Watzke am Mittwoch.
Hakimi: „Ich bin ein Madridista“
Ob sich Hakimi wirklich so wohl in Dortmund fühlt, wie Watzke es glaubt, muss zumindest bezweifelt werden. Noch im April erklärte Hakimi, der in Spanien aufgewachsen und bei Real Madrid ausgebildet worden ist, im spanischen Fernsehen: „Es wäre ein Traum, so schnell wie möglich nach Madrid zurückzukehren. Ich würde lügen, wenn ich etwas anderes sagen würde.“ Real sei nun mal der größte Klub der Welt. „Und ich bin ein Madridista.“

Hakimi war von der Slavia-Abwehr am Mittwochabend kaum zu stoppen. © Christopher Neundorf
Einer vorzeitigen Hakimi-Rückkehr nach Madrid konnte der BVB aufgrund der Vertragssituation im Sommer einen Riegel vorschieben, im kommenden Sommer besteht diese Möglichkeit nicht. Und ob der dann frischgebackene Papa Hakimi seinen Nachwuchs lieber in Dortmund als in Madrid aufwachsen sehen möchte? Auch das muss wohl angezweifelt werden.
Tobias Jöhren, Jahrgang 1986, hat an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert. Seit 2013 ist er Mitglied der Sportredaktion von Lensing Media – und findet trotz seines Berufes, dass Fußball nur die schönste Nebensache der Welt ist.
