Viel war nach dem bemerkenswerten 3:1 gegen Barcelona über die Entwicklung der Dortmunder Mannschaft unter Niko Kovac diskutiert worden. Fünf Tage nach dem spektakulären Aus benötigte sein Team nur acht Minuten, um die Theorie auch mit praktischen Beispielen zu unterfüttern. 0:1 hieß es im „Europa-Endspiel“ gegen Borussia Mönchengladbach nach 24 Minuten, das Gegentor nach überlegen geführter BVB-Anfangsphase (69 Prozent Ballbesitz) beschäftigte die Heimmannschaft für rund 15 Minuten erkennbar.
Acht gute BVB-Minuten gegen Gladbach
In dem Zustand, in dem Kovac Anfang Februar seine Mannschaft übernommen hatte, wäre die Partie nach dem Gladbacher Tor wohl so verlaufen wie die Premiere des 53-Jährigen beim 1:2 gegen Stuttgart. Rückstand aus dem Nichts, danach zwar ein erkennbares Bemühen ohne große Ideen, am Ende ein zweites Gegentor und eine Niederlage.
Mitte April aber zeigten die acht Minuten vor der Halbzeit die Wandlung. Gutes Pressing, hohe Ballgewinne, schnörkelloses Spiel über Außen, Flanke und Tor – das war das Muster, das bei allen drei BVB-Toren erkennbar war. Beim 1:1 gewann der gerade erst eingewechselte Carney Chukwuemeka an der rechten Außenlinie den Ball, die Flanke kam von Pascal Groß, flach und in den Rücken der Gladbacher Abwehr. Und in der Mitte stand Serhou Guirassy da, wo ein Mittelstürmer stehen muss – 1:1 (41.).
Svensson erzielt sein erstes BVB-Tor
Beim 2:1 eroberte Groß den Ball, Pass auf Yan Couto, flache Flanke auf Felix Nmecha, Drehschuss ins lange Eck, Tor (44.). Dass die Gladbacher hier und auch beim dritten Dortmunder Tor gütige Mithilfe leisteten, erleichterte die Sache. Nach Kevin Stögers haarsträubendem Fehlpass ging es wieder schnell, Chukwuemeka bediente Guirassy, dessen Schuss Gladbach-Keeper Jonas Omlin noch parierte. Daniel Svensson setzte per Kopf entscheidend nach (45.+4).
Großer Applaus von den Rängen, trotz der 15 Minuten, in denen der BVB am Gegentor zu knabbern hatte und bei dem Torschütze Kou Itakura ohne viel Gegenwehr von Adeyemi und Groß durchs Mittelfeld spazierte. Den Doppelpass-Versuch mit Stöger lenkte in Ramy Bensebaini auch noch ein Dortmunder zum Torschützen (24.). Es war Gladbachs einzig konstruktiver Angriff des ersten Durchgangs, weil die Dortmunder Dreierkette um die zweikampfstarken Waldemar Anton und Niklas Süle, der zur Pause alle Mann-gegen-Mann-Duelle für sich entschieden hatte, nichts durchließ.
BVB-Aggressivität lässt spürbar nach
Der BVB wollte nachlegen, Adeyemi wurde in letzter Minute geblockt, doch dann entschied Schiedsrichter Daniel Siebert nach einem Beintreffer von Nmecha beim Abwehrversuch gegen Kleindienst und Ansicht der TV-Bilder auf Strafstoß. Eine korrekte Entscheidung. Guirassy sah Gelb, weil er die Ausführung verzögerte, in dem er in den Strafraum lief. Nach dem sicher verwandelten Strafstoß (57.) gestikulierte Gladbachs 2:3-Torschütze Stöger wild in Richtung Südtribüne, auch er sah dafür Gelb. Plötzlich war Feuer im Borussen-Duell.
Wie nach dem 0:1 arbeitete das Gegentor in den Köpfen der Dortmunder. Tempo und Aggressivität ließen spürbar nach. Dem BVB gelang es nicht mehr, wieder einen Gang hochzuschalten. Kovac reagierte nach 70 Minuten ohne weitere Chance für seine Elf mit einem Dreifach-Wechsel und schöpfte damit sein Kontingent nach der frühen verletzungsbedingten Auswechslung von Maximilian Beier und der Hereinnahme von Julian Ryerson bereits voll aus.
BVB holt 10 Punkte aus vier Spielen
Viel passierte danach nicht mehr – was nur deshalb eine gute Nachricht für Borussia Dortmund war, weil das für beide Seiten galt. Kampf und Krampf bestimmten auch die letzten Minuten. Gladbachs Schluss-Offensive ließ auf sich warten und fiel am Ende komplett aus. Als der große Regen einsetzte, pfiff Schiedsrichter Siebert ab. Der BVB feierte das vierte Liga-Spiel ohne Niederlage bei 10 Punkten – nach dem Glanzstück gegen Barcelona musste diesmal ein Arbeitssieg reichen. Und Europa ist nun nur noch zwei Zähler entfernt.